# taz.de -- Interview mit Andreas Otto (Grüne): „Ein wichtiges Zeichen“ | |
> Dass das Land bei der Nachnutzung von Tegel auf Holzbauweise setzt, freut | |
> den grünen Baupolitiker Andreas Otto – genug ist es ihm noch lange nicht. | |
Bild: Auf einem guten Holzweg: Blick ins Treppenhaus der Sekundarschule Mahlsdo… | |
taz: Herr Otto, [1][Sie treiben das Thema Holzbau schon länger voran]. Im | |
März 2019 fasste Rot-Rot-Grün im Abgeordnetenhaus einen [2][Beschluss], der | |
den Senat als größten Bauherrn der Region aufforderte, hier voranzugehen. | |
Ende vergangener Woche hat Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher | |
(Linke) verkündet, dass das Land nach Schließung des Flughafens Tegel dort | |
5.000 bis 6.000 Wohnungen in Holzbauweise errichten will. Zufrieden? | |
Andreas Otto: Dem Klimaschützer reicht das natürlich noch lange nicht. Aber | |
für den Politiker, der weiß, wie zäh und langwierig solche Prozesse | |
ablaufen, ist es schon eine große Sache, wenn das Land Berlin beim | |
Wohnungsbau in dieser Größenordnung auf Holzbau setzt. Das ist ein | |
wichtiges Zeichen. | |
Der parlamentarische Beschluss forderte auch, dass beim Holzbau soziale und | |
ökologische Standards gewährleistet werden. Wie lässt sich das in Tegel | |
umsetzen? Indem nur Holz aus Brandenburg verbaut wird? | |
Ganz klar ist, dass bei solchen Bauvorhaben nur Holz aus nachhaltiger | |
Waldbewirtschaftung zum Einsatz kommen darf. Das lässt sich über | |
Zertifikate sicherstellen. Was die regionale Herkunft angeht, wird man sich | |
mit den Brandenburgern unterhalten müssen, inwieweit es dort schon | |
ausreichendes Potenzial gibt, seitens der Forstwirtschaft und der | |
holzverarbeitenden Firmen. Bei bisherigen Bauprojekten in unserer Region | |
kam bislang immer auch ein größerer Anteil der Holzelemente aus | |
Süddeutschland. | |
Ihnen schwebt ja ein sogenannter „Holzbau-Cluster“ vor – aus Forschung, | |
Produktion und Weiterverarbeitung. | |
Genau, und dazu ist es sehr wichtig, mit Brandenburg zusammenarbeiten. | |
Einen Landesbeirat Holz Berlin/Brandenburg gibt es bereits, aber die | |
Kooperation kann noch deutlich verstärkt werden. In erster Linie müssen | |
unsere Wirtschaftssenatorin Ramona Pop und ihr Kollege in Potsdam, Jörg | |
Steinbach, das voranbringen. Ich habe nach der Koalitionsbildung in | |
Brandenburg aber auch schon mit Axel Vogel, dem grünen Minister für | |
Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz über das Thema gesprochen, die | |
Aufgeschlossenheit in der Landesregierung ist groß. In den Parlamenten ist | |
zudem eine gemeinsame Kommission zur besseren Zusammenarbeit der beiden | |
Länder in Planung. Da kommt auch der Holzbau auf die Tagesordnung. Ich bin | |
sehr optimistisch. | |
Als die Berliner Mietskasernen noch aus Backsteinen errichtet wurden, war | |
das auch ein regionaler Rohstoff. Könnte man künftig ein hölzernes Berlin | |
allein aus Brandenburger Bäumen bauen? | |
Da wäre ich vorsichtig, denn es gibt ja durchaus eine Konkurrenz um das | |
regionale Holz. Für die Papierherstellung wird es ebenso nachgefragt wie | |
von der Pelletindustrie. Wobei es mir natürlich lieber wäre, alles würde | |
verbaut und nichts mehr verbrannt. | |
Weil? | |
Wenn wir Holz verbrennen, aber auch wenn es im Wald verrottet, wird wieder | |
das CO2 freigesetzt, das beim Wachstum gebunden wurde. Verbauen wir es, | |
wird das Gebäude zum Kohlenstoffspeicher, für 50, 100 oder noch viel mehr | |
Jahre. Klimaexperten sagen, dass man idealerweise heute schon zu 100 | |
Prozent aus Holz bauen müsste, denn auch die Herstellung von Zement setzt | |
große Mengen CO2 frei. | |
Der parlamentarische Beschluss vom März 2019 hat auch ein Förderprogramm | |
angeregt, um private Initiativen voranzubringen. Ist davon schon etwas zu | |
sehen? | |
Das ist noch in der Debatte. Ich denke, dass sich zumindest einzelne | |
innovative Projekte aus dem Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm BEK | |
werden fördern lassen. Ein ganz großes Förderprogramm haben wir tatsächlich | |
noch nicht in den Haushalt eingestellt. Wir gehen davon aus, dass sich das | |
auch so entwickelt. Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften gehen ja | |
nun schon in Vorleistung, bei den Genossenschaften gibt es herausragende | |
Projekte. Beispielsweise [3][errichtet die BeGeno16 in Weißensee ein | |
Quartier] für rund 250 Menschen und hat dafür das [4][Architekturbüro | |
Deimel Oelschläger] gewonnen, das in Holzbauweise plant. In den | |
Holzgebäuden werden knapp 5.000 Tonnen CO2 für viele Jahre eingelagert. | |
Wichtig ist, dass die GESOBAU und die anderen Landesgesellschaften jetzt | |
nicht warten, bis die Tegel-Nachnutzung realisiert wird, sondern bei | |
aktuellen Projekten den Holzbau schon mal üben. | |
Als im vergangenen Jahr der Bau von fast 30 Kitas in Holz-Modulbauweise | |
ausgeschrieben wurde, ist das gefloppt: Es kamen keine Angebote von | |
Bauunternehmen. | |
Das ist richtig, aber da wurde auch Ursachenforschung betrieben – mit dem | |
Ergebnis, dass die Anforderungen einfach sehr hoch gesteckt waren. Es waren | |
nicht kleine Lose ausgeschrieben worden, sondern Komplettpakete, und viele | |
kleine Holzbauunternehmen sind noch nicht soweit. In einer zweiten | |
Ausschreibung wurde das aufgesplittet, daraufhin gab es dann auch | |
Bewerbungen und Aufträge. | |
Bei modernem Holzbau gibt es kein höheres Brandrisiko mehr als bei anderen | |
Bauweisen. Gibt es trotzdem noch Vorbehalte gegenüber diesem Material in | |
der Großstadt? | |
In der Bevölkerung am wenigsten, am ehesten noch in Teilen der Verwaltung | |
und bei den Wohnungsbaugesellschaften. Die Grundhaltung „Wir haben das doch | |
immer schon so gemacht“ löst sich erst langsam auf. Da braucht man einen | |
langen Atem zum Umsteuern. Aber Fridays for Future mahnt uns dringend, dass | |
auch in Berlin etwas getan werden muss. Wenn es um den Klimaschutz geht, | |
können wir nicht allein über die Kohlekraftwerke in der Lausitz reden. | |
4 Feb 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Archiv-Suche/!5527997&s=andreas+otto/ | |
[2] http://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/DruckSachen/d18-… | |
[3] https://begeno16.de/unsere-projekte/weissensee/ | |
[4] http://demo.deo-berlin.de/projekte/holzbau.html | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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