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# taz.de -- Kommentar Wahl in Brasilien: Ungeschminkter Rechtskurs
> Die Klientel des rechten Kandidaten Bolsonaro ist die weiße
> Mittelschicht, die Angst vor jeder Veränderung hat. Offen ist, ob er noch
> gestoppt werden kann.
Bild: Jubelnde Anhänger von Jair Bolsonaro feiern in Rio de Janeiro
Noch besteht etwas Hoffnung in Brasilien. Nicht ausgeschlossen, dass der
Ex-Militär Jair Bolsonaro doch noch gestoppt wird. Nicht ausgeschlossen,
dass sein rechtsextremer Diskurs die Menschen stutzig macht und verhindert,
dass er weitere vier Prozent Stimmen hinzugewinnt und auch den zweiten
Durchgang der Präsidentschaftswahl gewinnt.
Doch es ist unwahrscheinlich. Nach der [1][Wahl am Sonntag, bei der
Bolsonaro 46 Prozent der Wählerstimmen bekam], ist zu befürchten, dass das
fünftgrößte Land der Welt sich demnächst in die Staatengruppe einreiht,
deren Regierungen den Rechtsstaat in Frage stellen und bestimmte
Menschengruppen für die Alltagsprobleme verantwortlich machen.
Dabei ist Bolsonaros Diskurs noch ungeschminkter als bei anderen Vertretern
des ultrarechten Lagers. Er werde dafür sorgen, dass alle Verbrecher
erschossen werden, sagte er im Wahlkampf. Und auch die Petistas, also die
Anhänger seines Gegners in der Stichwahl. Dazu die Pose mit angelegter
Waffe. Später ließ er mitteilen, er habe nur gescherzt.
Seine Wähler schreckt das alles nicht ab. Sie wählen ihn, weil er einen
Aufbruch nach der langen Krise verspricht. Weil er der Korruption den
Garaus machen will, obwohl er selbst fragwürdige Geldbeträge von
Unternehmen bekam. Weil die Pastoren in unzähligen evangelikalen Kirchen
predigten, er sei die richtige Option.
Seine Fans misstrauen der ganzen Politikerkaste und vergessen, dass
Bolsonaro seit über 20 Jahren Bundesabgeordneter ist. Einige sagen, er
vergreift sich nur im Ton, wenn er sagt, eine Kollegin sei zu hässlich, um
vergewaltigt zu werden. Er übertreibe nur, wenn er Schwarze als faul
bezeichnet. Andere stimmen schlicht zu, da sie selbst rassistische und
sexistische Einstellungen haben.
## Seine Klientel ist die weiße Mittelschicht
Bolsonaro, der bis vor kurzem auch in Brasilien nicht sonderlich bekannt
war, ist kein Außenseiter, dessen Popularität überrascht. Er ist Teil des
Establishment, und wurde zu einer politischen Option, als sich abzeichnete,
dass kein anderer konservativer Kandidat in den Wahlumfragen anstieg. Die
Massenmedien, Unternehmer und zahlreiche Parteien setzten ohne jede Scham
auf den Ex-Militär, weil dieser gegen links wetterte und ein liberales
Wirtschaftsprogramm in Aussicht stellte.
Anders als klassische Rechtspopulisten spricht er kaum zu denjenigen, die
am meisten unter Krise und Armut leiden. Seine Klientel ist die weiße
Mittelschicht, die Angst vor jeder Veränderung hat. Ihr bietet sich
Bolsonaro als Garant von Familienwerten an, ebenso wie der Elite als
Bollwerk gegen links – das heißt im heutigen Brasilien gegen die Erfahrung
von 14 Jahren sozialdemokratischer Reformpolitik der Arbeiterpartei.
Ein Präsident Bolsonaro ginge schlussendlich auf das Konto derjenigen, die
seit 2014 alles daran setzten, die Arbeiterpartei aus der Regierung zu
drängen und ihre althergebrachte Macht wiederzuerlangen.
8 Oct 2018
## LINKS
[1] /Praesidentschaftswahl-in-Brasilien/!5541947
## AUTOREN
Andreas Behn
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