# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Brasilien: Ex-Militär gewinnt erste Runde | |
> Der rechte Kandidat Jair Bolsonaro liegt mit 46 Prozent der Stimmen | |
> deutlich seinem Konkurrenten. Nur knapp verfehlte er die absolute | |
> Mehrheit. | |
Bild: Der Ex-Militär Jair Bolsonaro | |
Rio de Janeiro taz | Der erwartete Rechtsruck ist eingetreten: Fast 50 | |
Millionen Brasilianer stimmten bei der Präsidentschaftswahl am Sonntag für | |
[1][den rechtsextremen Ex-Militär Jair Bolsonaro]. Mit 46 Prozent liegt er | |
deutlich vor Fernando Haddad von der Arbeiterpartei PT, der auf gut 29 | |
Prozent kam. Nur knapp verfehlte Bolsonaro sein erklärtes Ziel, bereits im | |
ersten Durchgang zu gewinnen. „Schuld waren die elektronischen Wahlurnen“, | |
wusste Bolsonaro bereits kurz nach Bekanntgabe des Ergebnisses. | |
Seine Popularität war in den letzten Tagen vor der Wahl noch erheblich | |
angestiegen. Bolsonaro gibt sich als Retter der Nation, der mit harter Hand | |
für Ordnung sorgen wird. In die Stichwahl Ende Oktober geht er als Favorit. | |
Umfragen sagten bisher ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus, da er zugleich die | |
höchsten Ablehnungswerte hat. Doch der 63-Jährige findet immer neue | |
Bündnispartner, die an der Macht teilhaben wollen und sich an seinen | |
frauenfeindlichen und rassistischen Sprüchen nicht stören: Allen voran | |
große evangelikale Kirchen, aber auch die Parlamentsfraktion der Agrarier | |
und zahlreiche Unternehmervertreter. | |
„Das Land steht am Rand des Chaos, wir dürfen den Linken keinen Raum mehr | |
bieten“, erklärte Bolsonaro in einer Videobotschaft. Die Kampagne für den | |
zweiten Wahlgang werde ein weiterer Schritt hin zu einer „großen Nation“ | |
sein. Bei einer Messerattacke eines offenbar verwirrten Einzeltäters wurde | |
er Anfang September verletzt und ist seitdem nicht mehr öffentlich | |
aufgetreten. Es kommt ihm gelegen, sich nicht einer direkten | |
Auseinandersetzung zu stellen. Statt dessen setzt er auf Fakenews und | |
zeigte ein Video einer Wahlurne, die beim Wählen automatisch auf die Nummer | |
der Arbeiterpartei spring. Lokale Medien stellten in Kürze fest, dass es | |
sich um eine Fälschung handelte. | |
## „Unsere einzige Waffe werden Argumente sein“ | |
Die Gegner Bolsonaros sind froh, dass es einen zweiten Durchgang geben | |
wird. Viele von ihnen sind keine Freunde der Arbeiterpartei, werden aber | |
für Haddad stimmen, um eine Regierung Bolsonaro zu verhindert. Der | |
ehemalige Bürgermeister von São Paulo setzt auf eine breite Allianz und | |
kündigte an, er werde „die Demokraten des Landes vereinen, um soziale | |
Gerechtigkeit und ein Brasilien für alle“ zu ermöglichen. „Unsere einzige | |
Waffe werden Argumente sein“, sagte Haddad mit Blick auf die Ankündigung | |
Bolsonaros, allen Brasilianern den Zugang zu Waffen zu ermöglichen. | |
Ciro Gomes, der mit 12,5 Prozent Drittplatzierter wurde, dürfte Teil dieser | |
Allianz sein. Der Mitte-links-Politiker wollte sich am Wahlabend nicht | |
festlegen, betonte aber „seinen steten Einsatz zur Verteidigung der | |
Demokratie und gegen den Faschismus“. | |
Für die traditionellen konservativen Parteien war der Wahlausgang eine | |
herbe Niederlage. Kein einziger Kandidat der Parteien, die den | |
konservativen Übergangspräsidenten Michel Temer unterstützen, erreichte die | |
Fünf-Prozent-Marke. Temer selbst trat nicht an. Er war 2016 nach der | |
Amtsenthebung von Dilma Rousseff von der Arbeiterpartei ins höchste | |
Staatsamt aufgerückt und hat kaum Rückhalt in der Bevölkerung. Allerdings | |
haben viele Politiker aus diesem Spektrum bereits in Vorfeld ihre Sympathie | |
für Bolsonaro kundgetan, was auch nahe legt, dass der populistische | |
Rechtsaußen keine Alternative zum bisherigen politischen Status Quo sein | |
wird, sondern sich vielmehr darauf stützen wird. | |
Auch im zukünftigen Parlament sowie im Senat, der zu zwei Dritteln erneuert | |
wurde, zeichnete sich ein Zuwachs des rechten Lager ab. Mehrere | |
Abgeordneten-Kandidaten von Bolsonaros Sozialliberaler Partei (PSL) | |
erreichten Rekordergebnisse, darunter sein Sohn Eduardo. Nur im verarmten | |
Nordosten des Landes dominiert die Linke. In den meisten Bundesstaaten dort | |
gewannen die Gouverneurskandidaten der PT oder von verbündeten Parteien | |
bereits im ersten Wahlgang. | |
[2][Das Wahlergebnis vertieft die Spaltung Brasiliens] in zwei | |
entgegengesetzte politische Lager. Bolsonaro vertritt nicht nur | |
konservative Werte und eine liberale Wirtschaftspolitik. Mehrfach lobte er | |
die Zeit der Militärdiktatur (1964-1985) und die Anwendung von Folter. Der | |
Mitte-links-Politiker Haddad will die Sozialpolitik der Arbeiterpartei | |
fortsetzen, die in 14 Regierungsjahren (2003-2016) Millionen Bürger aus der | |
Armut holte. Der ehemalige Bürgermeister von São Paulo trat anstelle des | |
inhaftierten Ex-Präsidenten Luis Inácio Lula da Silva an, der aufgrund | |
einer Verurteilung wegen Korruption nicht kandidieren durfte. | |
8 Oct 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Debatte-Wahl-in-Brasilien/!5534810 | |
[2] /Vor-der-Wahl-in-Brasilien/!5536753 | |
## AUTOREN | |
Andreas Behn | |
## TAGS | |
Jair Bolsonaro | |
Präsidentschaftswahl | |
Brasilien | |
Brasilien | |
Präsidentschaftswahlen Brasilien 2018 | |
Präsidentschaftswahlen Brasilien 2018 | |
Brasilien | |
Präsidentschaftswahlen Brasilien 2018 | |
Jair Bolsonaro | |
Präsidentschaftswahlen Brasilien 2018 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wahl in Brasilien: Wenn Sportler für Hetzer trommeln | |
Prominente Sportler rufen in Brasilien zur Wahl des Rechtsextremen Jair | |
Bolsonaro bei der Wahl auf. Sollten Athleten sich in Politik einmischen? | |
Präsidentschaftswahlen in Brasilien: Nervosität wie sonst nur beim Fußball | |
Brasiliens Reizthema nach dem ersten Wahlgang? Jair Bolsonaro. Der | |
Rechtsextreme könnte in zwei Wochen zum Präsidenten gewählt werden. | |
Aus Le Monde diplomatique: Der große Verrat in Brasilien | |
Die politischen Eliten im Westen sind schockiert über den Wahlerfolg des | |
Rechten. Ein autoritäres Regime entsteht aber nicht zufällig. | |
Kommentar Wahl in Brasilien: Ungeschminkter Rechtskurs | |
Die Klientel des rechten Kandidaten Bolsonaro ist die weiße Mittelschicht, | |
die Angst vor jeder Veränderung hat. Offen ist, ob er noch gestoppt werden | |
kann. | |
Vor der Wahl in Brasilien: Verfeindete Lager | |
Die einen schwärmen für Jair Bolsonaro, der Ordnung verspricht. Die anderen | |
setzen auf die Arbeiterpartei. Die Präsidentenwahl spaltet Brasilien. | |
Debatte Wahl in Brasilien: Der Trump Brasiliens | |
Sehnsucht nach einem starken Mann: Im größten Land Lateinamerikas liegt der | |
Rechtspopulist Jair Bolsonaro im Präsidentschaftswahlkampf vorne. | |
Kampf um Lulas Mehrheit: Haddad soll die Stimmen holen | |
Ex-Präsident Lula da Silva hat seine Kandidatur für die Wahlen im Oktober | |
zurückgezogen. Fernando Haddad soll ihn nun ersetzen – kann er das? |