# taz.de -- Juristische Hintergründe zu Hambach: Wie es zum Rodungsstopp kam | |
> Das Oberverwaltungsgericht Münster will im Hambacher Forst bisher nur | |
> „vollendete Tatsachen“ verhindern. Was bedeutet das konkret? | |
Bild: Alle Räder stehen still, wenn der juristische Arm es will | |
Mit dem Baustopp, den das Oberverwaltungsgericht Münster [1][verhängt hat], | |
ist die Rodung des Hambacher Forsts nicht dauerhaft verboten. Die | |
Eil-Entscheidung stellt nur sicher, dass bis zum endgültigen Urteil keine | |
„vollendeten Tatsachen“ geschaffen werden. | |
Im Hauptsacheverfahren geht es um den Hauptbetriebsplan 2018–2020 der RWE | |
Power AG, in dem auch die fortgesetzte Rodung des Hambacher Forsts | |
vorgesehen ist. Der Plan wurde von der Bezirksregierung Arnsberg, die in | |
NRW für Bergbau zuständig ist, im März 2018 genehmigt. | |
Gegen diese Genehmigung hat der Umweltschutzverband BUND geklagt. Der | |
Umweltverband hält den Hambacher Forst für ökologisch wertvoll und will | |
erreichen, dass er nachträglich in das Naturschutz-Programm | |
Fauna-Flora-Habitat (FFH) aufgenommen wird. Dann könnte dort wohl nicht | |
gerodet werden. Der BUND argumentiert vor allem mit dem Schutz von | |
Bechsteinfledermäusen. | |
Eigentlich hat die Klage gegen einen Verwaltungsakt aufschiebendeWirkung. | |
Doch in diesem Fall hat die Bezirksregierung Arnsberg eine „sofortige | |
Vollziehung“ angeordnet. Damit entfällt zunächst die aufschiebende Wirkung | |
der Klage und muss vom Kläger im Eilverfahren gesondert beantragt werden. | |
Einen solchen Eilantrag stellte der BUND und argumentierte, dass ein Erfolg | |
vor Gericht wenig nütze, wenn der Forst bis dahin schon abgeholzt wäre. | |
In erster Instanz des Eilverfahrens scheiterte der Umweltverband BUND im | |
Juli 2018 beim Verwaltungsgericht Köln. Dieses sah keine großen | |
Erfolgsaussichten des BUND in der Hauptsache. Das Gericht unterstellte | |
zwar, dass der Forst die Bedingungen eines FFH-Gebiets erfüllt. Es sei aber | |
schon fraglich, ob eine Nachmeldung möglich sei, denn Deutschland habe | |
insgesamt genügend FFH-Flächen ausgewiesen. Jedenfalls dränge sich eine | |
Nachmeldung nicht auf, denn es gebe allein in NRW bereits rund 30 | |
FFH-Gebiete mit Bechsteinfledermäußen. Die Kölner Richter stützten sich | |
dabei auf ein eigenes Hauptsache-Urteil von November 2017. Damals war die | |
Klage des BUND gegen den Hauptbetriebsplan 2015-2017 und den 3. | |
Rahmenbetriebsplan abgelehnt worden. Dieses Urteil von 2017 ist allerdings | |
noch nicht rechtskräftig. | |
Das OVG Münster ordnete in zweiter Instanz des Eilverfahrens nun doch einen | |
vorläufigen Rodungsstopp an. Anders als die Kölner Richter hält das OVG die | |
Erfolgsaussichten der BUND-Klagen gegen die beiden Rahmenbetriebspläne für | |
„offen“. Es gehe auch um grundsätzliche Fragen, etwa ob überhaupt | |
FFH-Gebiete nachgemeldet werden können und, wenn ja, unter welchen | |
Voraussetzungen. Möglicherweise will das OVG in der Sache also nicht dem VG | |
Köln folgen. Jedenfalls sei alles sehr kompliziert, es gebe Kisten voller | |
Akten zu prüfen. | |
Den Rodungsstopp begründete das OVG dann mit einer Folgenabwägung: Wenn der | |
Wald jetzt gerodet werde, seien das „nicht rückgängig zu machende | |
Tatsachen“. Dies könnte nur dann in Kauf genommen werden, wenn die | |
sofortige Rodung „als unaufschiebbare Maßnahme im Interesse des | |
Gemeinwohls“ notwendig wäre, vor allem weil sonst die Energieversorgung | |
bundes- oder landesweit in Gefahr käme. Das hatte aber nicht einmal RWE mit | |
Substanz behauptet. Dieses Argument betrifft zunächst nur die | |
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage. | |
Gegen den jetzigen OVG-Beschluss sind keine Rechtsmittel mehr möglich. Er | |
dürfte gelten bis das OVG Münster über die FFH-Frage entschieden hat. | |
Zunächst wird sich das OVG mit dem Hauptbetriebsplan 2015–2017 und dem 3. | |
Rahmenbetriebsplan beschäftigen. Hier hat der BUND die Zulassung der | |
Berufung gegen das Kölner Urteil von 2017 beantragt. Wie das OVG darüber | |
entscheidet, dürfte bereits wichtige Hinweise auf den Ausgang der | |
Hauptsache geben. | |
7 Oct 2018 | |
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[1] /Urteil-zum-Verbot-des-Umweltprotests/!5541784 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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