# taz.de -- Bündnisse im Hambacher Forst: Gemeinsam zum Erfolg | |
> Für den Erhalt des Hambacher Forsts demonstriert ein breites | |
> AktivistInnen-Bündnis. NRW-Innenminister Reul kündigt den raschen Abzug | |
> der Polizei an. | |
Bild: Die Rodung ist gestoppt, die Polizei zieht ab. Jetzt wird erstmal gefeier… | |
KÖLN taz | Auf der Bühne steht Antje Grothus und ruft ins Mikrophon. „Nie | |
hätten wir Buirer für Buir uns in den letzten Jahren träumen lassen, dass | |
es für den Erhalt unseres Waldes solche Massenproteste geben würde!“ | |
Zehntausende Menschen jubeln und klatschen. “Ihr seid kritisch. Ihr seid | |
engagiert. Ihr seid hier, und ihr seid wunderbar!“ | |
Die Antwort der Menge schallt weit hinaus über den staubenden Acker eines | |
Landwirts, der seinen Boden der Demo zur Verfügung gestellt hat. Die Sonne | |
brennt an diesem Samstag in Nordrhein-Westfalen. Menschen halten ihre | |
Plakate als Sonnenschutz über den Kopf. Auch Fahnen, Ballons und Rasseln | |
schwenkt man zuhauf. Aber die spenden wenig Schatten. [1][„Wir wollen heute | |
feiern“], sagt eine Frau. „Auch wenn man noch nicht weiß, wie das genau | |
ausgeht: Heute ist es einfach nur toll.“ | |
Eigentlich wollte RWE den Hambacher Forst bald roden, um etwas mehr als die | |
Hälfte der verbliebenen Fläche. Eigentlich hatte die Polizei Aachen diese | |
Demo „Wald retten – Kohle stoppen“ verboten. Eigentlich: Dann kam alles | |
anders. Zunächst gab das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster am Freitag | |
bekannt, dass RWE nicht roden dürfe. Nicht, bis eine Klage des Bundes für | |
Natur und Umweltschutz Deutschland (BUND) entschieden sei. | |
Am Nachmittag hob dann das Verwaltungsgericht Aachen das Demoverbot auf. Am | |
Sonntag kündigte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul | |
(CDU) den Abzug der Polizei am Montagmorgen an. „Mit der [2][Entscheidung | |
des Oberverwaltungsgerichts Münster] ist die Rodung des Hambacher Forstes | |
mindestens für die kommenden zwei Jahre vom Tisch“, teilte er mit. | |
Laut Demo-Veranstaltern protestierten rund 50.000 Menschen am Samstag. Die | |
Polizei spricht von mehreren zehntausend. Aus Sicht von RWE ist das alles | |
wenig erfreulich. Nicht nur die Entscheidung des OVG Münster – nach deren | |
Bekanntgabe die Aktie zwischenzeitlich um 8,5 Prozent absackte und der | |
Konzern nach eigenen Angaben mit Einnahmeeinbußen in dreistelliger | |
Millionenhöhe rechnet. Auch die Demo: So viele Menschen kommen an die | |
Abbruchkante, dass man irgendwann sicherheitshalber einen der | |
Braunkohlebagger abschaltet. | |
## Die mit Abstand größte Demo | |
„Es ist mit Abstand die größte Demo, die das Rheinische Braunkohlerevier je | |
gesehen hat“, sagt Dirk Jansen, der Geschäftsführer des BUND NRW, dessen im | |
April eingereichte Klage das OVG jetzt bestätigt hat. Zur Demo aufgerufen | |
hatten die Organisationen Greenpeace, BUND, Campact, Naturfreunde und | |
Buirer für Buir. Andere Initiativen wie Ende Gelände, Aktion Unterholz und | |
Attac schlossen sich an. | |
BäuerInnen aus der Gegend fahren mit Traktoren vor, auf Schildern steht: | |
„Bauern gegen Kohle“. Auch Parteien sind vertreten, aufgezählt nach Menge | |
der Fahnen, die man sieht: die Grünen, die Linke, die Jusos (SPD), die ÖdP, | |
Die Partei. Auf der Bühne spielt Revolverheld „Spinner“. Und zwischendurch | |
und immer wieder ruft die Menge: „Ham-bi bleibt! Ham-bi bleibt!“ | |
Aus der ganzen Bundesrepublik sind Menschen gekommen, aus Polen, | |
Tschechien, Frankreich und den Niederlanden. Dabei geht es doch um einen | |
Wald in NRW. Was hat so viele Menschen hierherbewegt? „Natürlich ist der | |
alte Wald schützenswert“, sagt eine Demobesucherin. „Aber das hier ist auch | |
eine symbolische Veranstaltung: Dafür, dass viele Menschen auf die Straße | |
gehen, Demokratie leben, und ihren Mund aufmachen.“ | |
## „Kommt mit uns in den Wald!“ | |
Auch für Antje Grothus von der Initiative Buirer für Buir ist das Anliegen | |
greifbar. „Für uns AnwohnerInnen ist der Wald mehr als ein Symbol – er ist | |
unser letzter Schutz vor dem dahinterliegenden Tagebau Hambach“, sagt sie | |
auf der Bühne. Und sie kritisiert den zurückliegenden Großeinsatz. „Mit | |
freundlicher Unterstützung der NRW-Landesregierung hat RWE hier unter | |
Polizeischutz wochenlang Naturschutz, Artenschutz und Menschenrechte | |
verletzt.“ Enttäuscht sei sie auch von der Bundesregierung. Wer | |
Arbeitsplatzgarantien an Kohlebeschäftigte gebe, müsse Garantien auch an | |
diejenigen aussprechen, die für ein „lebenswertes Zuhause“ kämpfen. „Se… | |
Sie endlich das, wofür Sie gewählt wurden. Seien Sie die Lobby der | |
BürgerInnen und nicht die der Konzerne!“ | |
Sie meint damit auch Thomas Becker. Aus Essen ist er zur Demo gekommen. | |
„Wir sind zum ersten Mal hier. Wir wollten den Hambacher Forst sehen. | |
Deshalb gehen wir gleich hin.“ Die AktivistInnen von Ende Gelände und | |
Aktion Unterholz schreiten voran, in drei Gruppen – sogenannten Fingern. | |
„Wir sind Ende Gelände, wir sind Aktion Unterholz: Kommt mit uns in den | |
Wald!“, rufen sie. Tausende schließen sich an. Im Wald hängen viele | |
Hängematten auf, schaukeln ihre Kinder, legen sich für ein paar Minuten | |
rein. | |
Von den AktivistInnen wollen einige bleiben. Denn die Besetzung und der | |
Protest sollen weitergehen. An Seilen gesichert klettern sie die Bäume | |
hoch, andere tragen Paletten und tote Stämme herbei – unter dem Jubel der | |
Umstehenden und den kritischen Blicken auch einiger der PolizistInnen, die | |
in den letzten Wochen in Zwölf-Stunden-Schichten eingesetzt wurden, um | |
Menschen aus Baumhäusern zu räumen. Nach der Räumung soll ein neues Dorf | |
entstehen. Der Name: „Krähennest“ heißen. Die Wiederbesetzung hat begonne… | |
7 Oct 2018 | |
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## AUTOREN | |
Anett Selle | |
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