# taz.de -- Initiative gegen Fracking und CO2-Endlager: Wasserschutz statt Schi… | |
> Eine Volksinitiative sammelt in Schleswig-Holstein mehr als 40.000 | |
> Unterschriften für den Wasserschutz. Jurist*innen sehen das Anliegen | |
> skeptisch. | |
Bild: Viel Initiative im Norden: Ein Protestschild in der Nähe von Hattstedt | |
NEUMÜNSTER taz | Grundwasser bewahren, Fracking verbieten – rund 42.000 | |
Menschen in Schleswig-Holstein haben für dieses Anliegen auf den Listen der | |
„Volksinitiative zum Schutz des Wassers“ unterschrieben. Normalerweise | |
reichen 20.000 Unterschriften aus, damit sich der Landtag mit einer | |
Volksinitiative befassen muss, doch in diesem Fall könnte es anders | |
ausgehen. Am Mittwoch berät der Innen- und Rechtsausschuss des Parlaments | |
darüber, ob das Anliegen überhaupt rechtlich zulässig ist. Der | |
wissenschaftliche Dienst des Landtages meint: nein. Die Initiative will | |
jedoch notfalls vor das Landesverfassungsgericht ziehen. | |
Zahlreiche Änderungen am Wasserschutzgesetz schlägt die Initiative vor, die | |
unter anderem von Patrick Breyer, ehemaliger Landtagsabgeordneter der | |
Piraten, und Reinhard Knof, Sprecher der „Bürgerinitiative gegen | |
CO2-Endlager und Fracking“, vertreten wird. Geht es nach ihnen und ihren | |
MitstreiterInnen, sollen zukünftig unter anderem Anträge auf Probebohrungen | |
öffentlich gemacht werden. | |
Bisher gilt Geheimhaltung zugunsten der Energieunternehmen, die sich | |
potenzielle Claims sichern wollen. Firmen sollen für alle Veränderungen und | |
Schäden zur Rechenschaft gezogen werden können, inklusive einer | |
Wiederherstellung des Zustandes vor einer Bohrung – was schwierig ist, wenn | |
der Untergrund durch hohen Druck aufgebrochen wurde (siehe Kasten). Die | |
Initiative möchte zudem ein „Verbot von Fracking“ als eigenen Paragrafen | |
ins Landeswasserschutzgesetz aufnehmen. Dabei soll dieses Verbot nicht nur | |
für die Gewinnung von Erdgas, sondern bereits für Probebohrungen gelten. | |
Der wissenschaftliche Dienst des Landtages sieht aber ein grundsätzliches | |
Problem: Der Gesetzentwurf, der durch die Volksinitiative ins Parlament | |
geschickt würde, sei „kompetenziell unzulässig“, heißt es im schönsten | |
Juristendeutsch. Gemeint ist, dass das Land in eine Aufgabe des Bundes | |
hineinregieren und damit seine Kompetenzen überschreiten würde, wenn es dem | |
Antrag folgt. | |
Denn auf Bundesebene ist das umstrittene Frackingverfahren zwar weitgehend | |
verboten – Testbohrungen sind aber in einigen Erprobungsgebieten zu | |
Forschungszwecken erlaubt. Vor allem steht die Regelung, die 2017 in Kraft | |
trat, unter Vorbehalt: 2021 stimmt der Bundestag erneut ab. Aktuell gibt es | |
laut Medienberichten deutschlandweit keine Anträge auf Fracking, aber falls | |
sich die Gesetzeslage ändert, mag das anders aussehen. | |
Die Entscheidung ist unsicher. Grüne und Linke wollen ein komplettes Verbot | |
der Technik, während SPD und CDU Unterschiede zwischen dem konventionellen | |
und dem unkonventionellen Fracking machen. Die FDP hat sich vor Kurzem auch | |
für unkonventionelles Fracking ausgesprochen, damit Deutschland seine | |
CO2-Ziele erreicht. Die AfD will Fracking weiter erproben. | |
Im Kieler Parlament will aktuell niemand die Technik. Allerdings ist | |
Schleswig-Holstein mehrfach mit Versuchen gescheitert, Fracking in den | |
eigenen Landesgrenzen dauerhaft zu verbieten. Auch zum Vorstoß der | |
Volksinitiative teilt das vom Grünen Jan Philipp Albrecht geführte | |
Unweltministerium bedauernd mit: „Das Land darf den vorgeschlagenen Weg | |
nicht gehen.“ Denn der Bund habe das Thema Fracking im | |
Bundes-Wasserhaushaltsgesetz geregelt. Darauf mit Verboten im | |
Landeswassergesetz zu antworten, sei „nicht rechtskonform“. | |
Initiativen-Sprecher Patrick Breyer würde es auf einen Versuch ankommen | |
lassen: Aktuell verbiete kein Gerichtsurteil einem Bundesland, aus dem | |
Fracking auszusteigen. „Wir brauchen zum Schutz unseres Wassers diesen | |
Mut“, sagt er. „Sollen die Konzerne doch klagen.“ | |
## Uneinige Landtagsfraktionen | |
Die Landtagsfraktionen sind vor der Sitzung, bei der es um die Zulässigkeit | |
der Initiative geht, noch uneinig. Claus Christian Claussen, innen- und | |
rechtspolitischer Sprecher der CDU im Landtag, erklärt auf taz-Anfrage kurz | |
und bündig: „Wir teilen die Bedenken der parlamentarischen Dienste.“ Vor | |
einer endgültigen Antwort wolle er aber die Beratung abwarten. | |
Kai Dolgner (SPD) meint dagegen: „Die Bedenken des wissenschaftlichen | |
Dienstes kann man haben, muss man aber nicht. Wir folgen der | |
Rechtsauffassung der Volksinitiative.“ Denn bei Bürgerbeteiligungen sollten | |
„die Rechtsfragen nicht restriktiv ausgelegt werden“, so Dolgner, der auch | |
inhaltlich das Anliegen der Volksinitiative unterstützt: „Der Schutz | |
unseres Wassers hat für uns oberste Priorität. Wir setzen uns schon seit | |
Jahren gegen das umweltschädliche Fracking ein.“ Er erwarte, dass die | |
Jamaika-Koalition zumindest die rechtlich unkritischen Teile des Antrags | |
übernehme. | |
Auch Lars Harms (SSW) erklärte vor der Sitzung, weil der wissenschaftliche | |
Dienst einen Punkt für unzulässig befunden habe, gebe es keinen Grund, die | |
Initiative pauschal abzulehnen. Schwerer tun sich die Grünen: „Die Ziele | |
der Initiative unterstützen wir völlig“, so Burkhard Peters. „Aber weil d… | |
Land seine Kompetenz überschreiten würde, sind uns juristisch die Hände | |
gebunden.“ | |
24 Oct 2018 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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