# taz.de -- Zugang zum Weltall: Portugal will spacig werden | |
> Die Regierung in Lissabon will eine Abschussrampe für Satelliten auf den | |
> Azoren ansiedeln. Bewohner fürchten die Zerstörung der Insel Santa María. | |
Bild: Chinesische Rakete beim Start mit Satellit – das will auch Portugal kö… | |
MADRID taz | Portugal könnte schon in wenigen Jahren zum exklusiven Club | |
der Länder gehören, die eine direkten Zugang zum Weltraum haben. Das | |
zumindest hofft die sozialistische Regierung in Lissabon. Sie setzt sich | |
für eine Abschussrampe für Satelliten von bis zu 200 Kilogramm auf der | |
Azoreninsel Santa María ein. Dort soll, unweit von Malbusca, ein „Space | |
Port“ entstehen. Das ganze sei „wirtschaftlich und technisch machbar“, sa… | |
der Minister für Wissenschaft, Technologie und Hochschulbildung, Manuel | |
Heitor. | |
Er verweist auf mehrere Studien, die das belegen sollen. Eine stammt von | |
der Universität Austin im US-Bundesstaat Texas, eine andere von Airbus und | |
eine dritte von der Europäische Weltraumagentur ESA, die ihre Untersuchung | |
in Zusammenarbeit mit dem portugiesischen Ingenieurbüro Deimos Engenharia | |
und dem Entwickler für Raketen und Abschussrampen Orbex aus Großbritannien | |
erstellte. | |
Der Space Port in Malbusca soll zusammen mit einer weiteren geplanten | |
Anlage in Schottland einen Teil der Raketenstarts des einzigen europäischen | |
Abschussrampe im französischen Guinea in Südamerika übernehmen. Malbusca | |
sei geradezu ideal, preisen Studien und Regierung den Ort im Atlantik an. | |
Die Azoren liegen nur 1500 Kilometer von Paris entfernt, die Abschussrampe | |
in Französisch Guinea 7.000 Kilometer. Santa Maria habe stabiles Wetter und | |
ein freies Schussfeld für polare Umlaufbahnen nach Norden und Süden und für | |
niedrige Umlaufbahnen nach Osten. 100 bis 200 Millionen Euro | |
Investitionsvolumen verspricht sich Minister Heitor – „zum aller größten | |
Teil aus privaten Quellen“. Das würde den Azoren wirtschaftlich nutzen, | |
sagt er. | |
## Opfer auf dem „Altar des Fortschritts“ | |
Freilich sehen das nicht alle so. Auf den Azoren regt sich erster | |
Widerstand. Der Anthropologe und Schriftsteller Paulo Ramalho ist einer | |
derer, die sich Sorgen um die Insel machen. Zusammen mit anderen sammelt er | |
Unterschriften im Netz. Die Gegner fürchten um das „fragile Gleichgewicht | |
der Umwelt“, sehen eine Gefahr für die Sicherheit der 5.500 Einwohner der | |
gerade einmal 97 Quadratkilometer kleinen Insel Santa Maria sowie um den | |
Tourismus. | |
Die Insel ist eine geschützter Geopark und gilt als eines der Urlaubsziele | |
für diejenigen, die gerne guten Gewissens an einen Ort fahren, der auf | |
Nachhaltigkeit setzt. Jetzt laufe Santa Maria Gefahr „industrialisiert zu | |
werden“, erklärt Ramalho. „Sie verlangen von den Bewohnern, dass sie ihre | |
Insel auf dem Altar des Fortschritts opfern, dass sie im Namen der höheren | |
Interessen Portugals zerstört wird“, schreibt Ramalho in einem langen | |
Meinungsartikel in der Regionalzeitung Diário dos Açores. | |
Ramalho will wissen, wie viele Abschüsse der bis zu 17 Meter hohen Raketen | |
pro Jahr geplant seien. Zwölf, lautet die offizielle Antwort. Dass es dabei | |
bleibt, ist mehr als unwahrscheinlich. Denn der Bedarf an | |
Satellitentransporten steigt ständig. Alleine im Vorjahr wurden laut Deimos | |
über 320 Kleinsatelliten in den Weltraum befördert. Airbus – Safran | |
Launchers, das wichtigste Unternehmen im Sektor, plant jährlich mindestens | |
200 Operationen. | |
Minister Heitor lässt sich durch die Proteste nicht beirren. Er setzt | |
weiterhin darauf, dass Portugal in Sachen Weltraum schon bald mit China und | |
den USA im direkten Wettbewerb um Satellitentransporte stehen könnte. Ein | |
Weltraumgesetz soll noch vor Jahresende durchs Parlament gebracht werden. | |
3 Oct 2018 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
## TAGS | |
Weltraum | |
All | |
Portugal | |
Satellit | |
Raketen | |
DDR | |
Raumfahrt | |
Bergbau | |
Rettungsschirm | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Historisches Fußballspiel: Eine Kosmonautin zum Anfassen | |
Im Oktober 1963 gab es einen großen Moment, in dem sich Weltall, Erde, | |
Mensch auf einem Fußballfeld in Ostberlin trafen. Eine Spurensuche. | |
BDI-Experte über Weltraumbergbau: „Selbst Luxemburg hat ein Gesetz“ | |
Weltraumbergbau? Technisch zunehmend möglich, sagt BDI-Rohstoff-Experte | |
Matthias Wachter. Er fordert einen Rechtsrahmen für die deutsche Industrie. | |
Bergbau im All: Weltraum voll Platin und Gold | |
Kometen, Asteroide und Meteoroiden sind reich an Edelmetallen und seltenen | |
Erden. Die Möglichkeiten des Abbaus wecken Begehrlichkeiten. | |
Ökonom über EU-Rettungsschirm: „Maximales Misstrauen“ | |
Nach zehn Jahren endet der EU-Rettungsschirm für Griechenland. Ein weiteres | |
Spardiktat ist geplant – dabei gebe es Potenzial, sagt Ökonom Alexander | |
Kritikos. |