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# taz.de -- Kolumne Wir retten die Welt: Klima in guter Verfassung
> Die Grünen wollen die Rettung der Welt ins Grundgesetz schreiben. Das
> würde viel Blödsinn verhindern. Aber es hätte auch einen Haken.
Bild: Im Namen des Volkes: Die Erderwärmung gehört vors Verfassungsgericht
Meine Tochter blickt von ihrem Buch hoch: „Was ist eigentlich ein Zyniker,
was tut der?“ Tja, denke ich. Ein Zyniker sagt vielleicht: In Deutschland
sterben Pflanzen und Tiere in rasantem Tempo aus, wir vergiften den Boden,
produzieren immer mehr Plastikscheiß und haben mehr Angst vor Fahr- als vor
Atemverboten. Aber alles kein Problem: Schließlich steht bei uns der
Umweltschutz irgendwo im Grundgesetz.
Weil die Grünen alles können außer Zynismus, haben sie am Donnerstag im
Bundestag gefordert: Klimaschutz ins Grundgesetz! Artikel 20a („Der Staat
schützt (…) die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der
verfassungsmäßigen Ordnung (…)“ soll so ergänzt werden: „Für die
Bundesrepublik Deutschland völkerrechtlich verbindliche Ziele und
Verpflichtungen des Klimaschutzes binden alle staatliche Gewalt
unmittelbar.“ Dazu soll noch die Atomkraft verboten werden. Zack, alle
Problem gelöst.
Oder auch nicht. Denn wenn die Ziele des Pariser Klimaabkommens (Zwei Grad,
weg von Kohle, Öl, Gas) plötzlich Verfassungsrang hätten, könnte sich
besagte staatliche Gewalt (!) nicht einfach auf ein wolkiges „Gemeinwohl“
berufen, wenn sie einen Wald rodet, um den Klimakiller Braunkohle
abzubauen. Und dann müssten sich Behörden und Parlamente plötzlich
ernsthaft darum sorgen, wie ihre Pläne für Jobs, Wachstum und freie Fahrt
für freie Bürger mit der Verfassung zu vereinbaren sind.
## Statt Hamster suchen direkt vors Verfassungsgericht
Umweltpolitiker müsten nicht mehr Feldhamster suchen, um Kraftwerke zu
verhindern, sondern würden einfach vor das Verfassungsgericht ziehen.
Vielleicht mit guten Chancen: Wie wenig Nachsicht RichterInnen inzwischen
mit der Politik haben, sieht man ja derzeit sehr schön bei den
Fahrverboten.
Deshalb wird der Klimaschutz auch erst 2029 ins Grundgesetz kommen, wenn
die Grünen eine Zweidrittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erringen.
Sie wären dann nicht mehr die „Verbots-Partei“, sondern würden im Gegente…
in Gesetze gießen, was jetzt schon die Mehrheit will: Bio für alle;
Ökostrom als Normalfall; Luft, die man sich zu atmen traut.
Für die Ökos unter uns wird es jetzt lustig. Erst einmal, wenn wir uns die
„Argumente“ der anderen Fraktionen ansehen, warum sie den Klimaschutz –
sprich: unser aller Überleben – NICHT in die Verfassung schreiben werden:
Gibt´s nicht, geht nicht, bringt nichts, da könnte ja jeder kommen.
Dann aber freuen wir uns auch auf die Gesichter der Grünen, wenn sie
merken: Irgendjemand müsste ja darüber wachen, dass der Klimaschutz in der
Verfassung auch eingehalten würde. Und wer wäre das? Klar: Der
Verfassungsschutz.
29 Sep 2018
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
Klima
Schwerpunkt Grundgesetz
Grüne
Niedersachsen
Pariser Abkommen
Schwerpunkt Hambacher Forst
Grenzwerte
Hans-Georg Maaßen
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