# taz.de -- Magazin für elektronische Musik: „Groove“ stellt Printausgabe … | |
> Das Musikmagazin „Groove“ soll ab 2019 nur noch online erscheinen. Auch | |
> „Intro“ und „NME“ gibt es seit diesem Jahr nicht mehr als gedruckte | |
> Magazine. | |
Bild: Herausgeber Thomas Koch mit den bunten Covern der „Groove“ | |
Verschreckt schaut die Hamburgerin Helena Hauff auf dem aktuellen Cover der | |
Groove in die Kamera – als hätte sie geahnt: das Ende des Magazins für | |
elektronische Musik und Clubkultur ist nah. Am 18. Oktober soll die letzte | |
Printausgabe erscheinen, danach geht es nur noch online weiter. Das erfuhr | |
die taz von der Hamburger Firma stella services GmbH, die sich um die | |
Abonnements der Groove kümmert. Verlagsleiterin Daphne Plückthun hat auf | |
Anfrage der taz die Einstellung der Groove-Printausgabe weder bestätigt | |
noch dementiert. Mit der Einstellung ist das Musikmagazin nicht allein. Im | |
Juli ist die [1][kostenlose Intro] zum letzten Mal erschienen, auch der | |
britische [2][New Musical Express] erscheint seit März nur noch online. | |
Wie kein anderes Magazin aus dem Bereich Dance und Techno hat die Groove in | |
den vergangenen fast 30 Jahren sämtliche Spielarten der elektronischen | |
Musik mit gut recherchierten Stories, Interviews, Studioberichten und jeder | |
Menge Reviews von neu erschienenen Veröffentlichungen abgedeckt. | |
Ein Highlight war im Frühjahr die von Tobias Thomas geschriebene | |
Titelgeschichte über DJ Koze. Jenen Stefan Kozalla, der gefühlt in jedem | |
Jahrespoll seit zehn Jahren die Spitzenposition im Punkt „Bester DJ“ inne | |
hatte. Man fühlt dieser Geschichte das Techno-Wissen aus 30 Jahren an. | |
Dabei wollte Herausgeber Thomas Koch und seine Redaktion, anfangs geführt | |
von Torsten „Stöpsel“ Schmidt und Yannick Elverfeld und in den letzten 19 | |
Jahren von Heiko Hoffmann, aus der Groove nie ein reines „Technomagazin“ | |
machen, sondern ein vielfältigeres Musikangebot widerspiegeln. | |
Anfang der Nullerjahre zog die Redaktion von Frankfurt am Main nach Berlin. | |
Die erste Anzeigenkrise führte zum Verkauf des Magazins an die Münchner | |
Verlagsgruppe Piranha Media, [3][in der auch Magazine wie Spex], Juice oder | |
Riddim erscheinen. Der Deal: nur noch alle zwei Monate ein Heft, dafür mit | |
beigelegter CD, oft mit exklusiven DJ-Mixen. Damit sollte die schwierige, | |
aber wachsende Zielgruppe der Techno- und Housefans bei der Stange gehalten | |
werden. Die gedruckte Auflage lag nach eigenen Angaben zuletzt bei 28.000 | |
Heften. Vielen war die Groove vielleicht zu intellektuell, sie kauften das | |
Heft aber wegen des „Hotze-Comics“ auf der vorletzten Seite – die | |
Anarcho-Abenteuer eines altgedienten DJs, in denen es eigentlich nur ums | |
große Feiern ging. | |
## Unklar, wie es weitergeht | |
Wer denkt da nicht an den DJ Sven Väth, der in fast 30 Jahren am häufigsten | |
auf dem Titel abgebildet war. Seine ganzseitigen Anzeigen („Sven Väth World | |
Tour“) haben wahrscheinlich dazu beigetragen, dass es das Magazin überhaupt | |
so lange gab. Doch in Würde zu altern – diesen Wunsch hat der Münchner | |
Verleger Alexander Lacher der Groove vorenthalten. Zu viele der | |
Anzeigenkunden sind vermutlich ins Netz abgewandert und die Leser*innen – | |
trotz Groove-Podcast – zu Spotify und Facebook. Eine Groove-Playlist mit | |
den aktuellen Rezensionen bei Spotify? Fehlanzeige. | |
Auch die 30-Jahres-Feier der Groove hätte im kommenden Jahr ein | |
gigantischer Rave werden können. Aber anders als die im Festivalbereich | |
umtriebige Hörstmann-Gruppe (Melt-Festival, Melt-Booking, Lollapalooza) hat | |
sich Piranha-Media in München anders aufgestellt und veranstaltet keine | |
eigenen Clubevents oder Festivals. Ein Fehler, wie sich jetzt zeigt. Das | |
haben die früheren Groove-Chefredakteure Yannick Elverfeld und Torsten | |
Schmidt schon vor 20 Jahren geahnt: sie stiegen aus und gründeten mit dem | |
Geld von Österreichs Multimillardär Dietrich Mateschitz eine DJ-Akademie | |
und einen Radiosender (Redbull-Radio). | |
Obwohl das letzte Heft noch aussteht, hat sich der Chefredakteur Heiko | |
Hoffmann schon am vergangenen Dienstag mit einer Party verabschiedet. | |
Seinen Ausstieg verkündete er schon Anfang September bei Twitter. Hoffmann | |
wechselt nun als Chef der Artist- und Labelabteilung zu Beatport, dem | |
Online-Shop für DJs. | |
Wie die Online-Strategie der Groove aussehen wird, ist zum jetzigen | |
Zeitpunkt noch nicht klar. In der aktuellen Titelgeschichte mit DJ Helena | |
Hauff ist zu lesen: „Manchmal fühle ich mich wie ein Soldat, der in den | |
Krieg zieht.“ Sie sträubt sich gegen das Auflegen mit digitalen Medien, | |
bevorzugt Vinyl. Vermutlich würde sie gern die Groove weiter auf Papier | |
lesen. Wem es wie ihr geht, muss ab 2019 auf die deutschen Musikmagazine | |
Spex, Riddim oder Juice zurückgreifen. Die erscheinen Print – zumindest | |
noch. | |
4 Oct 2018 | |
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[2] /Letzte-NME-Ausgabe-erschienen/!5490564 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Müller | |
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