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# taz.de -- Vorwürfe gegen US-Richterkandidat: Kavanaughs Selbstentblößung
> Brett Kavanaugh hat vor dem US-Senat einen harten Auftritt hingelegt. Das
> FBI ermittelt, die Republikaner suchen nach vorteilhaften Antworten.
Bild: Versucht es mit einer naiven, unschuldigen Taktik vor Gericht: Brett Kava…
New York taz | Am Samstag meldete sich das FBI beim Anwalt von Deborah
Ramirez. Die ehemalige Jurastudentin der Universität Yale hat ihrem
Ex-Kommilitonen Brett Kavanaugh vorgeworfen, ihr als junger Mann seinen
Penis ins Gesicht gehalten zu haben. Dabei soll er ähnlich sturzbetrunken
gewesen sein wie bei der versuchten Vergewaltigung, mit der er zwei Jahre
zuvor die damals 15-jährige Christine Blasey Ford angegriffen haben soll.
Beide Frauen sind aussagebereit. Auch Kavanaughs Schulfreund und Saufkumpan
Mark Judge, der nach der Erinnerung des Opfers bei der versuchten
Vergewaltigung im Raum war und sich bislang nicht erinnern mochte, will nun
kooperieren, ebenso Kavanaugh selbst, der zuvor jeden Ruf nach einer
Ermittlung über die Vorwürfe sexueller Gewalt mit dem Hinweis abgewiegelt
hat, er sei bereits sechsmal [1][vom FBI untersucht] worden.
Das FBI muss sich beeilen. Denn es hat nur eine Woche Zeit – so legten es
der US-Senat und US-Präsident Donald Trump fest, nachdem die
republikanische Mehrheit im Justizausschuss des Senats am Freitag
Kavanaughs Berufung als Oberster Richter billigte, diese Mehrheit aber nur
mit der Vorgabe einer neuen Untersuchung zustande kam.
Der Ermittlungsrahmen ist beschränkt. Offenbar wird die dritte Frau, Julie
Swetnick, die Kavanaugh vorwirft, er habe als Schüler an Partys
teilgenommen, bei denen Mädchen zwecks Sex betäubt wurden, nicht angehört:
es fehlen Tatzeiten und -orte und AugenzeugInnen.
## Glaubwürdige Aussage
Aber [2][seit dem Auftritt der kalifornischen Psychologie-Professorin
Blasey Ford] vor dem Justizausschuss am Donnerstag haben sich viele Zungen
gelöst. Die 51-Jährige war so glaubwürdig, dass selbst von Kavanaughs
ehemaliger Oberschule, der privaten katholischen Georgetown Prep,
Widerspruch kam.
Zwei Ehemalige, die ein paar Jahre nach Kavanaugh an der Schule waren,
fordern Mitschüler auf: „Bitte schweigt nicht.“ In einem Interview
erinnerte sich einer der Schüler an die „starke sexistische Strömung“ an
der Schule sowie die entschuldigend gemeinte Ansicht: „Jungs sind eben
Jungs.“
In den Stunden zuvor hatte Kavanaugh vor dem Justizausschuss behauptet,
seine Anspielungen im Jahrbuch der Schule auf ein Mädchen namens Renate
seien „keineswegs sexuell“, sondern „herzlich“ gewesen. Nach der Erinne…
anderer waren es sexuelle Prahlereien.
Auch Kavanaughs Alkoholkonsum an der Schule bleibt Thema. Er war
„Schatzmeister“ im Bierclub und hatte das Ziel, bis zum Schulabschluss „1…
Fässer“ zu leeren. Aber vor dem Justizausschuss nannte er sein Trinken
altersüblich und bestritt, dass er sich je bewusstlos gesoffen habe. Manche
ehemaligen Mitstudenten haben das öffentlich anders dargestellt.
## Gegenfrage: Haben Sie?
„Uns interessiert nicht, wie viel Kavanaugh getrunken hat“, stellte die
demokratische Senatorin Amy Klobuchar im Ausschuss klar, „es geht darum, ob
er die Wahrheit sagt.“ Als Kavanaugh am Donnerstag vor dem Ausschuss
zwischen Wutausbrüchen und Selbstmitleid wechselte, von einer Verschwörung
redete und [3][aggressiv auf die Fragen der wenigen Frauen reagierte],
wollte Klebuchar von ihm wissen, ob er sich je bewusstlos gesoffen habe.
Der Richter antwortete mit einer Gegenfrage an die Senatorin: „Haben Sie?“
Am Morgen danach hielten zwei junge Demonstrantinnen den Republikaner Jeff
Flake an einem Aufzug im Senat fest. „Bedeuten Frauen, die sexuell
angegriffen worden sind, gar nichts? Zähle ich nicht für Sie?“, riefen Ana
Maria Archila und Maria Gallagher dem Senator zu. Ein Kamerateam filmte
mit.
Wenig später scherte Flake aus der Riege der Republikaner im
Justizausschuss aus. Er erklärte, er werde für Kavanaugh stimmen, dem
Richter aber in der Vollversammlung des Senats erst dann zustimmen, wenn es
zuvor eine FBI-Untersuchung gebe. Das öffnete den Weg für die Ermittlungen.
Kavanaugh hat Dutzende von Frauen gefunden, [4][die ihn in offenen Briefen
als jemanden preisen, der Frauen respektiert und fördert]. Er trägt das wie
ein Banner vor sich her und zählt bei jeder Gelegenheit Frauen auf, die
sein Leben prägten – seine Mutter, seine Frau, seine Angestellten, seine
Töchter.
## Selbstdarstellung mit System
Für Demokraten kontrastiert dies scharf mit seinen politischen Kämpfen, in
denen er unter anderem das Recht auf Schwangerschaftsabbruch aushöhlt. Hohl
klang es auch, als Kavanaugh sich auf Fox News als unschuldigen Studenten
beschrieb, der bis in seine 20er Jahre „Jungfrau“ geblieben sei.
Die Selbstdarstellung als Naiver hat bei Kavanaugh System. Als junger
Jurist arbeitete er für Bundesrichter Alex Kozinski, der Frauen in seinem
Büro mit sexistischen Witzen behelligte – Kavanaugh will nichts davon
gemerkt haben. Auch als Rechtsberater für George W. Bush im Weißen Haus kam
es Kavanaugh nach eigenen Angaben nicht in den Sinn, dass Dokumente der
Demokraten mit der Aufschrift „geheim“, die ihm vorgelegt wurden, Diebesgut
waren.
Er behauptet auch bis heute, dass er nichts von Vorbereitungen für die
Nominierung mehrerer umstrittener Bundesrichter gewusst habe, obwohl sein
Name in den E-Mail-Verteilern stand.
Kavanaugh war von Anfang an ein Aktivist der Republikaner – von seinem Job
im Ermittlungsausschuss für die Amtsenthebung Bill Clintons über sein
Engagement für die Ausweitung des Rechts auf das Tragen von Waffen bis zu
seinen Versuchen, die LGBTIQ*-Gleichstellung zurückzudrängen.
## Trump hat keine Zweifel
Trump ist einer der Gründe, weshalb Kavanaugh glauben kann, dass er es mit
seiner Mischung von Naivität und Aggressivität in das Oberste Gericht
schafft. Denn auch der Präsident duldet keine Zweifel an seiner Autorität.
Ein anderer Grund für Kavanaughs Gewissheit ist die eigene Partei. Die
Republikaner sind sich bei der Besetzung des Obersten Gerichtes
traditionell so einig wie selten.
Kavanaughs Name kommt von einer Liste, die die Federalist Society
aufgestellt hat. Sämtliche KandidatInnen darauf verteidigen die großen
republikanischen Projekte – von Wahlkampffinanzierung durch Konzerne in
unbegrenzter Höhe über die Einschränkung des Umwelt-, Klima- und
Arbeitsrechts und die Bekämpfung von Gewerkschaften bis hin zum
Zurechtstutzen des Wahlrechts zum Nachteil von Minderheiten, Studierenden
und Armen. Sie stehen auch zur Schusswaffenlobby NRA, zum „Recht auf Leben“
und zur „traditionellen“ Ehe.
Für die Republikaner drängt die Zeit. Sollten sie bei den Kongresswahlen
Anfang November ihre Mehrheit im Senat verlieren, hätte Trump keine Chance
mehr, den freien Sitz im Obersten Gericht in seinem Sinne zu besetzen. Aber
vorher könnte Trump den nächsten Namen aus der Liste der Federalist Society
ziehen, falls Kavanaugh es wider Erwarten nicht über die FBI-Hürde schafft.
30 Sep 2018
## LINKS
[1] /Richter-fuer-hoechstes-US-Gericht/!5539244
[2] /Missbrauchsvorwuerfe-gegen-Kavanaugh/!5539083
[3] /Kommentar-Kavanaugh-Anhoerung/!5539085
[4] /Vorwuerfe-gegen-US-Richterkandidat/!5538589
## AUTOREN
Dorothea Hahn
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Demokraten.
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