# taz.de -- Kommentar Abgang Hubertus Knabe: Eine Chance für das DDR-Gedenken | |
> Die Entlassung des Direktors der Gedenkstätte Hohenschönhausen war | |
> überfällig. Die Zukunft des Hauses steht nun auf dem Spiel. | |
Bild: Der ehemalige Stasiknast in Hohenschönhausen hat unter Knabe turbulente … | |
Praktisch unangefochten bestimmte Hubertus Knabe 17 Jahre lang [1][den Kurs | |
der Gedenkstätte Hohenschönhausen]. Seinen Führungsstil und die | |
gelegentlichen politischen Querschüsse des Historikers als „streitbar“ und | |
„kontrovers“ zu bezeichnen, ist beinahe euphemistisch. Als tapferer kalter | |
Krieger verfocht Knabe mit der Autorität seines Amtes wie die Jesses und | |
Baberowskis dieser Welt eine krude Hufeisentheorie, also die empirisch kaum | |
zu begründende Gleichsetzung von rechts und links. | |
Dass er damit der Gedenkstätte und ihrem Ruf schweren Schaden zufügte, hat | |
Knabe selber natürlich nie so wahrgenommen. Der Kulturkampf um die Deutung | |
der DDR-Vergangenheit wurde in einer Art und Weise geführt, die eine | |
würdige Erinnerung an die Verbrechen der Diktatur in den Hintergrund | |
drängte. Dagegen vorzugehen, fehlte den Gremien der Gedenkstätte und ihren | |
Finanziers in Bund und Land über anderthalb Jahrzehnte offenbar Kraft und | |
Willen. | |
Fallen sollte Knabe nun über einen anderen, [2][viel zu lange laufenden | |
Skandal]: den eines strukturellen Sexismus im Arbeitsumfeld der | |
Gedenkstätte. Es ist keine Frage, dass die bekannt gewordenen Vorwürfe die | |
Entlassung des Direktors dreimal rechtfertigen würden. Dass es aber diese | |
brauchte, um den Stiftungsrat zu einer einstimmigen Entscheidung zu | |
bringen, ist ein wenig enttäuschend. | |
Nichtsdestotrotz ist es gut, dass das Drama zu einem Ende gekommen ist. Die | |
Entscheidung, die frühere Bundesbeauftragte für Stasiunterlagen, Marianne | |
Birthler, für den Übergang als Vertrauensperson für die MitarbeiterInnen | |
der Gedenkstätte einzusetzen, macht Hoffnung. Hoffnung, dass es der | |
Stiftung ernst ist, einerseits alles für ein respektables Arbeitsklima zu | |
tun und andererseits die Gedenkstätte als wichtiges Zentrum der | |
Erinnerungsarbeit zu erhalten. | |
Birthler ist jeder Sympathie für die Apologeten des Stalinismus | |
unverdächtig, war aber in ihrer früheren Funktion weitaus zurückhaltender | |
im politischen Tagesgeschehen als andere Prominente der Aufarbeitungsszene. | |
Von entscheidender Bedeutung für die kommenden Monate ist nun ein | |
transparenter Prozess der Nachfolgesuche für die Leitung der Gedenkstätte. | |
An deren Ende muss eine Person gefunden sein, die von Opferverbänden, | |
Wissenschaft und Politik gleichermaßen respektiert werden kann. Ihre | |
Aufgabe wird es sein, die MitarbeiterInnen mitzunehmen auf einem Weg, auf | |
dem die Gedenkstätte wieder zu einem Ort wird, an dem Ideologie und ihre | |
Verbrechen zwar schonungslos dargestellt werden, aber ohne sich dabei | |
selber in fragwürdigen Ideologemen zu verlieren. | |
28 Sep 2018 | |
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## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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