# taz.de -- Auflösung der Stasiunterlagenbehörde: Ignorierte Bedenken | |
> Der Bundestag soll das Ende der Stasiunterlagenbehörde in ihrer jetzigen | |
> Form beschließen. Zentrale Punkte sind aber noch ungeklärt. | |
Bild: Gegen das Vergessen: Blick in die Stasiopfer-Gedenkstätte Berlin-Hohensc… | |
Es wird eine Beerdigung dritter Klasse, wenn der Bundestag jetzt am | |
Donnerstag die [1][Abwicklung der Stasiunterlagenbehörde] beschließt. Das | |
Ende der Behörde, die mit dem „Pharaonenschatz“ der Stasi seit 1990 immer | |
wieder Schlagzeilen zu Gysi, Kohl, Wallraff, Witt und so weiter | |
produzierte, lässt viele Fragen offen. | |
Der Aktenkoloss hat es immer noch in sich, birgt Geheimdossiers zu jedem | |
zweiten DDR-Bürger und zahlreichen Westbürgern. Er wurde 1989/90 von | |
couragierten Bürgern in 15 ostdeutschen Städten erobert. Statt ihnen | |
Anerkennung zu zollen, sollen den meisten Städten die Akten weggenommen, an | |
fünf Standorten zentralisiert werden. Das Schicksal der übrigen sieben | |
steht, allen Beteuerungen zum Trotz, auf der Kippe. | |
Die Übergabe an das Bundesarchiv scheiterte bislang am ostdeutschen | |
Protest. Diesmal läuft es wie ein Kommandounternehmen. [2][Den | |
Opferverbänden wurden, um sie ruhigzustellen, ein halbes Dutzend | |
Versprechungen gemacht,] bis zur Einrichtung eines Bundesopferbeauftragten. | |
Etwa 150 ehemalige Bürgerrechtler und in der Aufarbeitung Engagierte | |
protestierten dennoch [3][per Resolution]. Deren Bedenken sitzt der | |
Bundestag jetzt aus, obwohl der Antrag offenkundig mangelhaft ist. | |
1. Eine Berechnung der Folgekosten von über 350 Millionen Euro fehlt. | |
2. Bisherige einmütige Bedenken von Datenschützern und Politikern, die | |
Stasiunterlagen griffen so stark in Privatrechte ein, dass sie nicht in ein | |
Archiv, sondern unter die Obhut eines unabhängigen Beauftragten gehören, | |
wurden schlicht ignoriert. | |
3. Im Vorgriff wurde in der Behörde die Stasi-Forschung faktisch zerstört, | |
weil sie nicht in das Bundesarchiv passt, obwohl bislang kein anderer | |
Schwerpunkt für Geheimdienstforschung in Deutschland existiert. | |
4. Mit der Gefährdung der ostdeutschen Außenstellen vergibt der Bund eine | |
Chance. | |
Angesichts der dortigen Demokratieverdrossenheit könnte dies eine einmalige | |
Infrastruktur für Aufarbeitung und menschenrechtsbasierte Bildungsarbeit | |
sein. Aber CDU und SPD haben es wohl nicht nötig. | |
25 Sep 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Abwicklung-der-Stasi-Unterlagenbehoerde/!5602231 | |
[2] /Neuer-Forschungsverbund-in-Berlin/!5518456 | |
[3] http://buergerkomitee1501berlin.de/abwicklung-der-stasiunterlagenbehoerde/g… | |
## AUTOREN | |
Christian Booß | |
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