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# taz.de -- Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen: Belästigungsvorwürfe gegen…
> Frauen berichten von sexueller Belästigung und Sexismus in der Berliner
> Stasi-Gedenkstätte. Der Direktor prüft die Vorwürfe.
Bild: Ein Ort männlicher Macht? Eingang der Stasi-Gedenkstätte in Berlin
Berlin taz | Mehrere aktuelle und ehemalige Mitarbeiterinnen der
Stasi-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen werfen der Leitungsebene
Belästigung und Sexismus vor. [1][Das berichten der rbb] und [2][die
Berliner Zeitung]. Sieben Frauen haben sich demnach bereits am 8. Juni in
einem Brief an Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und Berlins
Kultursenator Klaus Lederer (Linke) gewandt. Darin beklagen sie eine
„erschreckende Regelhaftigkeit übergriffiger Verhaltensmuster“ bis hin zu
sexueller Belästigung in der Gedenkstätte, zitiert die Berliner Zeitung aus
dem Brief.
Die Unterzeichnerinnen beschreiben „enge, fast intime körperliche Nähe und
Berührung wie Streichen über die Arme, enge Umarmungen bei
Mitarbeiterinnen, unsachliches Lob, das Äußerlichkeiten (Figur, Schönheit)
betont“ und „Berichte über private Aktivitäten wie Puff und Swinger-Club�…
Zudem soll es nächtliche SMS und unerwünschte Berichte über sexuelle
Vorlieben durch Vorgesetzte gegeben haben. Die Betroffenen sprechen von
einem „strukturellen Sexismus in der Führungsetage“.
So soll der stellvertretende Direktor über Jahre hinweg jungen Frauen zu
nahe getreten sein, beispielsweise durch Angebote, bei ihm zu schlafen. Der
rbb hat nach eigenen Angaben umfangreiche Interviews und Gespräche mit den
betroffenen Frauen geführt. Die Frauen haben zwischen 2011 und heute als
Mitarbeiterinnen, wissenschaftliche Volontärinnen, Freiwillige im Sozialen
Jahr und als Praktikantinnen in der Gedenkstätte gearbeitet. Aus Angst vor
beruflichen Nachteilen möchten die Unterzeichnerinnen des Briefs nicht
namentlich in Erscheinung treten.
Der Direktor der Gedenkstätte, Hubertus Knabe, [3][hat in einem Statement
auf die Berichte reagiert.] „Ich bin entsetzt, wenn ich höre, dass sich
Mitarbeiterinnen der Gedenkstätte von meinem Stellvertreter bedrängt
gefühlt haben. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist ein absolutes
No-Go. Die Vorwürfe müssen ohne Ansehen der Person geprüft und, wenn sie
sich bestätigen, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln geahndet werden“,
sagte er. Am 25. September trifft der Stiftungsrat der Gedenkstätte zu
einer Sondersitzung zusammen, um sich mit den Vorwürfen zu befassen und zu
entscheiden, welche Konsequenzen daraus gezogen werden.
## Anti-Diskriminierungsbeauftragte benannt
Bereits im April habe Knabe Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet, als er
von den anonymen Beschwerden gehört habe. Im August sei dieses
Ermittlungsverfahren eingestellt worden, da die Staatsanwaltschaft keinen
hinreichenden Tatverdacht gesehen habe. Außerdem hat Knabe eine
Anti-Diskriminierungsbeauftragte benannt und eine Dienstvereinbarung zum
Beschäftigtenschutz und respektvollen Umgang am Arbeitsplatz abgeschlossen.
Dies wurde am Mittwoch beschlossen, als die Vorwürfe erstmals publik
wurden.
Laut rbb werfen die Frauen auch Hubertus Knabe selbst vor, an einem
sexistischen Betriebsklima beteiligt zu sein. Gegenüber einigen von ihnen
habe er „inadäquate Äußerungen“ getätigt und so gemeinsam mit seinem
Stellvertreter ein „Frauenbild der 50er-Jahre“ vertreten. Gegenüber dem rbb
wies Knabe die Vorwürfe zurück. Er fühle sich einem modernen Frauenbild
verpflichtet, Anzüglichkeiten gehörten nicht zu seinem Sprachgebrauch.
Die Autorinnen des Briefs wenden sich an Klaus Lederer und Monika Grütters,
um anzufragen, was diese „tun können, die beschriebenen Muster (des
Ausnutzens) von männlicher Macht gegenüber Frauen einzuschränken und zu
verhindern“, zitiert die Berliner Zeitung weiter aus dem Schreiben. Auf
Anfrage der taz teilte ein Sprecher von Lederer mit, dass der Kultursenator
sich „nach Kenntnis der Vorwürfe intensiv und auf mehreren Ebenen in einem
Prozess der Aufklärung“ befinde. „Zu Ergebnissen und Konsequenzen können
wir uns in seriöser Weise erst nach Abschluss der Untersuchungen äußern.“
Ein Sprecher der Kulturstaatsministerin Grütters wollte auf Anfrage der taz
aus arbeitsrechtlichen Gründen nicht beantworten, wie Grütters auf den
Brief der Mitarbeiterinnen reagiert. „Ich kann Ihnen versichern, dass der
für diese Angelegenheiten zuständige Stiftungsrat unter Vorsitz des Landes
Berlin allen Vorwürfen der sexuellen Belästigung in der Gedenkstätte
rückhaltlos nachgehen, diese aufklären und danach notwendige Konsequenzen
ziehen wird“, sagte er.
## Linke fordert externe Ansprechperson
Die gleichstellungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag,
Doris Achelwilm, fordert eine externe Ansprechperson für die
Mitarbeiterinnen in der Gedenkstätte, damit diese ihre Situation
„vertraulich und ohne Angst vor weiterer Schikane und arbeitsrechtlichen
Konsequenzen“ darstellen können. „Es handelt sich bei dem Brief um einen
Weck- und Hilferuf, dem nun dringend nachgegangen werden muss. Wenn sich
die Vorwürfe bestätigen, muss die Führungsstruktur in der Gedenkstätte
Hohenschönhausen gründlich auf den Prüfstand“, sagte sie der taz.
„Es ist gut, dass durch Debatten wie #metoo verstärkt frauenfeindliche
Vorkommnisse und Strukturen ans Tageslicht kommen. Es ist schlecht, wie
verbreitet und versteinert patriarchale Machtverhältnisse praktisch überall
sind“, so Achelwilm weiter.
Auch die Grünen im Abgeordnetenhaus forderten eine lückenlose Aufklärung
der Vorwürfe. „Die Gedenkstätten-Führung muss sich schon heute vorhalten
lassen, viel zu lange geschwiegen zu haben. Hier darf nicht länger
relativiert und beschönigt werden“, sagten Daniel Wesener und Sabine
Bangert. „Sollte sich der Vorwurf des strukturellen Sexismus in der
Chefetage weiter erhärten, sind weitreichende personelle Konsequenzen
unausweichlich.“
Die neuen Vorwürfe gegen die Stasi-Gedenkstätte kommen nur wenige Wochen,
[4][nachdem dem Förderverein der Gedenkstätte Nähe zur AfD vorgeworfen
wurde.] Zuvor trennte sich die Gedenkstätte im Mai von einem Mitarbeiter,
[5][der in einem Interview den Holocaust relativiert hatte] und mit Blick
auf den Massenmord an den europäischen Juden gefragt hatte: „Ist die Zahl
sechs Millionen heilig?“
20 Sep 2018
## LINKS
[1] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2018/09/berlin-gedenkstaette-hohenscho…
[2] https://www.berliner-zeitung.de/berlin/stasi-gedenkstaette-hohenschoenhause…
[3] https://www.stiftung-hsh.de/presse/pressemitteilungen/2018/gedenkstaette-pr…
[4] /AfD-und-Diktaturgedenken/!5511676
[5] /Nach-Holocaust-Relativierung/!5509991
## AUTOREN
Frederik Schindler
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Belästigung
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Gedenkstätte Hohenschönhausen
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Schwerpunkt #metoo
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Schwerpunkt AfD
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