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# taz.de -- Linker Verlag Stroemfeld insolvent: Sinkender roter Stern
> 1970 gründete 68er-Aktivist Karl Dietrich Wolff den Buchverlag „Roter
> Stern“, später Stroemfeld Verlag. Nun muss der Betrieb Insolvenz
> anmelden.
Bild: 68er, Bundesverdienstkreuzträger, Verleger: Karl Dietrich Wolff alias KD…
Über den Untergang der Lese- und Buchkultur zu schwadronieren, verbietet
sich aus rationalen Gründen, denn die Zukunft des Buches ist prinzipiell
ungewiss. Der Niedergang der Lese- und Buchkultur dagegen ist mit Händen zu
greifen und an Zahlen und Statistiken abzulesen.
Der neueste Fall ist der fast fünfzigjährige Frankfurter Stroemfeld Verlag,
den der 68er-Aktivist Karl Dietrich Wolff 1970 unter dem Namen „Roter
Stern“ gründete und der zunächst dezidiert linke Bücher publizierte, für
die sich außer linken Lesern immer auch Polizei, Geheimdienste und Justiz
interessierten. Letzte Woche musste der Verlagsgründer, den fast alle nur
unter dem Kürzel „KD“ kennen, Insolvenz anmelden – und das ist ein Sympt…
für den Niedergang, der weit über den Kleinverlag hinausweist.
Bekannt wurde der linke Verlag nicht mit dem Exotikum einer Ausgabe mit
Texten des nordkoreanischen Diktators Kim Il Sung, sondern mit einer neue
Maßstäbe setzenden, historisch-kritischen Hölderlin-Ausgabe (1978–2008) von
Dietrich E. Sattler, einem genialen Quereinsteiger in die diffizile Kunst
der Editionsphilologie. Bereits 1993 geriet der „Verlag Roter Stern GmbH“
in Konkurs, wurde aber durch die in Basel residierende „Stroemfeld
Fördergesellschaft“ weitergeführt. Der Verlagsname „Stroemfeld“ stammt …
einer Gedichtzeile Hölderlins. Im Verlag erschienen maßgebliche
Gesamtausgaben der Werke Heinrich von Kleists, Gottfried Kellers, Robert
Walsers, Franz Kafkas, aber auch des weithin unbekannten Casimir Ulrich
Boehlendorff.
## Pocahontas leidet mit
Zu den Vorzeichen der alles andere als überraschenden Insolvenz gehört,
dass öffentlichen Bibliotheken das Geld ausging für die teuren Werkausgaben
und dem deutschen Verlagszweig – im Unterschied zum schweizerischen – die
kontinuierliche Unterstützung durch öffentliche Gelder und Stiftungen wie
bei der Basler Keller- und der Walser-Ausgabe versagt blieb. Auch der
Absatzmarkt für anspruchsvolle geistes- und sozialwissenschaftliche Bücher
hat sich dramatisch verengt.
Als aktuelle Indizien für den Niedergang gelten Verlagsinsidern, dass mit
der Insolvenz auch zwei Projekte zu scheitern drohen: Die Vorlagen für den
zweiten Band aus dem Nachlass des Schriftstellers Peter Kurzeck liegen
ebenso druckfertig vor wie jene für den dritten Band des
„Pocahontas-Projekts“ Klaus Theweleits. Wenn für solche Projekte nicht
schnell institutionelle oder private Förderer einspringen, blamiert sich
die sogenannte Wissensgesellschaft ebenso wie der Staat, der KD Wolff 2009
mit dem Bundesverdienstkreuz auszeichnete.
11 Sep 2018
## AUTOREN
Rudolf Walther
## TAGS
Buch
Verleger
Bücher
Verlagswesen
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