# taz.de -- Rechtsextreme Übergriffe in Berlin: Stabile Gitter gegen Angriffe | |
> Das Zentrum für Demokratie in Schöneweide verzeichnet eine Zunahme von | |
> rechtsradikaler Gewalt – aber auch von Gegenwehr. | |
Bild: Halte deine Umwelt sauber: Nazi-Aufkleber gehören fachgerecht entsorgt | |
Mit stabilen Schiebegittern sind die Schaufenster des Zentrums für | |
Demokratie in Schöneweide gesichert. Dort, gleich neben dem Bürgeramt | |
gegenüber des S-Bahnhofs, engagieren sich Angestellte und Ehrenamtliche für | |
eine offene Zivilgesellschaft und gegen ihre Bedrohung durch rechtsradikale | |
Gewalt. Dass das Zentrum nicht nur auf freundliches Wohlwollen trifft, | |
liegt ein wenig in der Natur der Sache. Jedoch verzeichnen die | |
MitarbeiterInnen einen tendenziell konfrontativeren Umgang mit ihrer | |
Arbeit, bis hin zu direkten Bedrohungen. So wurde am 16. August zu normalen | |
Bürozeiten das Schloss eines Außenrollos schwer beschädigt, immer wieder | |
finden sich Propagandaaufkleber und Schmierereien von Neonazis an den | |
Räumlichkeiten. | |
Diese direkten Attacken reihen sich ein in eine deutliche Zunahme der vom | |
Register Treptow-Köpenick erfassten diskriminierenden und extrem rechten | |
Vorfälle. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet das Register bis August | |
einen Anstieg um 27 Prozent auf 260 Fälle, drei Dutzend und damit bereits | |
mehr als im gesamten Jahr 2017 sind gewalttätige Übergriffe. Diese waren in | |
der Mehrheit (24 Fälle) rassistisch motiviert. Einen Schwerpunkt der | |
Vorfälle bildet dabei Niederschöneweide. | |
Jeannine Löffler, Koordinatorin des Registers, erklärt dazu, dass mit einem | |
weiteren Anstieg zu rechnen sei: „Neonazis und Rassist_innen scheinen von | |
der gesellschaftlichen Entwicklung beflügelt. Sie versuchen verstärkt, den | |
öffentlichen Raum zu besetzen.“ Warum ausgerechnet in Schöneweide zuletzt | |
im August ein sprunghafter Anstieg der gemeldeten Vorfälle zu verzeichnen | |
ist, bleibt unklar. Die anderen Berliner Registerstellen vermelden bislang | |
keine derart auffälligen Ausschläge. | |
Der Sprecher des Bündnisses für Demokratie und Toleranz, der Abgeordnete | |
Lars Düsterhöft (SPD), sieht die Entwicklung mit Sorge und betont die | |
Notwendigkeit, klare Kante gegen Menschenhass zu zeigen: „Wir werden es | |
nicht zulassen, dass hier im Bezirk eine Atmosphäre von Angst und Gewalt | |
durch Rechtspopulisten und Neonazis erzeugt wird.“ | |
Tatsächlich beobachten die MitarbeiterInnen des Zentrums für Demokratie | |
auch einen stetigen Anstieg zivilgesellschaftlichen Engagements. So nahmen | |
am letzten „Putzspaziergang“ zur Entfernung rechtsradikaler Propaganda aus | |
dem Straßenbild bis zu 70 Personen teil. Auch würden zunehmend | |
AnwohnerInnen den Kontakt zum Zentrum suchen. | |
Angesichts von Übergriffen wie Mitte Juli, als direkt gegenüber eine Gruppe | |
Rechtsradikaler vor dem S-Bahnhof nichtweiße PassantInnen mit Steinen | |
angriffen oder Anfang August, als mindestens sieben Personen im selben | |
Bereich „Jude, Jude“ und „Frei, sozial, national“ brüllend umherzogen,… | |
der direkten Angriffe, gelten fürs Zentrum trotzdem stärkere Sicherheits- | |
und Vorsichtsregeln – die stabilen Gitter sind ja schon da. | |
13 Sep 2018 | |
## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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