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# taz.de -- Kommentar Sachsen und Pressefreiheit: Kaputte Verantwortungskette
> Der Pöbeldemonstrant, der Polizeimaßnahmen gegen ZDF-Reporter auslöste,
> war Mitarbeiter des sächsischen LKA. Jetzt bitte nicht schreien.
Bild: Fragwürdiger Polizeieinsatz: Demo am Rande von Merkels Dresden-Besuch
Das wird ihm eine Lehre sein, hoffentlich eine anhaltende. Sachsens
Ministerpräsident Michael Kretschmer hat einen Fehler gemacht. Es ist ein
gravierender politischer Fehler – es ist ein Demutsfehler, so richtig einer
zum Schweigen.
Zunächst einmal Respekt: Michael Kretschmer hatte sich etwas erlaubt, das
politisch riskant war. Es zeugt von Mut, ein solches Risiko einzugehen. Er
hat sich in der Öffentlichkeit [1][vor seine Polizei gestellt], als von
allen Seiten harsche Kritik am Vorgehen gegen ein ZDF-Team auf ihn
einwirkte – und als er selbst den Zusammenhang noch gar nicht sachgemäß
überblicken konnte.
Normalerweise informiert sich ein Ministerpräsident erst, bevor er sich
äußert. Kretschmer hat seine Polizei dagegen vorbehaltslos verteidigt. Das
sollten Ministerpräsidenten auch – wenn sie sich denn auch auf ihre Polizei
verlassen können.
Und das konnte Kretschmer zunächst, anscheinend. Denn auch wenn es ein
Pöbeldemonstrant war, der mit seiner Impertinenz den Einsatz ausgelöst hat;
auch wenn es ein unbeholfener Polizist war, der offenbar nicht in der Lage
war zu sagen, um welche Art von Polizeimaßnahme es sich handelte, als er
die ZDF-Reporter festsetzte; auch wenn eine Dreiviertelstunde recht lang
ist für eine Personalienfeststellung mit ein bisschen Drum und Dran; und
auch wenn am Ende all dies dazu führte, dass die Polizei ohne Grund
Journalisten zu lang von der Arbeit abhielt – man konnte all dies mit
einer, etwas unbeholfenen, Routinemaßnahme verwechseln, vielleicht mit
einer besonders gründlichen Auslegung von Rechtsstaatsprinzipien.
## Teure Solidarität
Michael Kretschmer wird seine spontane Solidarität nun teuer zu stehen
kommen. Denn jetzt kam heraus: Er konnte sich hier nicht auf seine Polizei
verlassen. Am Mittwoch teilte das sächsische Innenministerium mit: Der Mann
mit dem Deutschlandhut, der Mann, der so herumschreit, der Mann, der den
Kameramann des ZDF bedrängt – [2][dieser Mann ist „Tarifbeschäftiger des
LKA“].
Um hier nichts zu verwechseln: Auch für Tarifbeschäftigte des
Landeskriminalamts Sachsen gilt die Meinungs- und Versammlungsfreiheit.
Eines allerdings ist politisch heikel: Wenn sie in ihrer Freizeit auf
Journalisten losgehen – und wenn dann Polizisten diese Journalisten
grundlos zu lange festhalten – und wenn dann Ministerpräsidenten sagen, die
seien alle seriös – und wenn dann das Innenministerium kleinlaut aufklären
muss –, dann jedenfalls ist in der Verantwortungskette einer solchen
Regierung etwas kaputt. Oder ganz oben.
23 Aug 2018
## LINKS
[1] /Pressefreiheit-in-Sachsen/!5525681/
[2] /Pressefreiheit-in-Sachsen/!5530302/
## AUTOREN
Martin Kaul
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Sachsen
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