# taz.de -- Meinungsfreiheit in Hongkong: 27-Jähriger fordert China heraus | |
> Der Vorsitzende der Hongkonger Unabhängigkeitspartei hält eine trotzige | |
> Rede. Chinas Regierung kann das noch nicht verhindern. | |
Bild: Andy Chan Ho-tin hält am Dienstag den Lunch Talk beim Hongkonger Foreign… | |
BERLIN taz | Der Vorsitzende einer die Unabhängigkeit Hongkongs | |
befürwortenden Partei hat am Dienstag unbeirrt für die Loslösung der | |
halbautonomen Stadt von China geworben. Die Regierungen in Peking und | |
Hongkong hatten zuvor eine Absage der Veranstaltung im Klub der | |
Auslandskorrespondenten (FCC) verlangt und damit letztlich erst für sie | |
geworben. | |
Vor dem Gebäude im Stadtteil Central gab es Proteste prochinesischer | |
Gruppen gegen den „Verräter“ und „Spalter des Vaterlandes“ sowie von | |
Verteidigern der Meinungs- und Pressefreiheit aus der Demokratiebeweegung | |
der Stadt. | |
„China ist von Natur aus ein Imperium, das eine Bedrohung für alle freien | |
Völker der Welt ist“, sagte der erst 27-jährige Andy Chan Ho-tin in dem | |
vollbesetzten Saal des noblen Journalistenclubs. „Wir wurden einst von den | |
Briten kolonisiert, jetzt kolonisieren uns die Chinesen. Wo bleibt unser | |
Recht, unsere eigene Zukunft selbst zu bestimmen?“, fragte der Gründer und | |
Vorsitzende der kleinen Hongkong National Party. Die Zeit seit der Rückgabe | |
Hongkongs von Großbritannien an China 1997 sei voller Rückschritte gewesen. | |
Der Partei, die weniger als hundert Mitglieder zählen soll, droht bald ein | |
Verbot. Nach Medienberichten hat die Polizei ein 700-Seiten-Dossier über | |
die Partei zusammengestellt. Dazu soll Chan bis zum 4. September Stellung | |
nehmen. | |
## Missbrauch von kolonialem Anti-Mafia-Gesetz droht | |
Peking verlangt von Hongkong ein Verbot der Partei. Diese sei eine | |
„unmittelbare Bedrohung“ für Chinas Sicherheit und öffentliche Ordnung. | |
Hongkongs Behörden wollen dabei auf ein bisher noch nie gegenüber einer | |
politischen Partei angewendetes Gesetz aus der Kolonialzeit zurückgreifen. | |
Das war einst gegen die chinesische Mafia eingeführt worden. | |
Chan gab sich am Dienstag kämpferisch, betonte aber seine Friedfertigkeit: | |
„Wir sind nicht bewaffnet, wir haben nie für Gewalt geworben und wir haben | |
nie gewaltsam gehandelt.“ | |
Die Regierungen in Peking und Hongkong reagierten unmittelbar. Chinas | |
Außenministerium warf dem unbeugsamen Korrespondentenclub den „Missbrauch | |
der Presse- und Meinungsfreiheit“ vor sowie die Behinderung des Rechts. | |
Chan wurde von Peking-nahen Kräften mit einem Nazi und einem Terroristen | |
verglichen, denen man ja auch keine Redefreiheit einräumen würde. | |
Drohungen gegen Korrespondentenclub | |
Der Korrespondentenclub hatte sich trotz großen Drucks geweigert, die | |
Veranstaltung abzusagen. Sein Vorstand erklärte, es zähle zu den ureigenen | |
Aufgaben des Clubs, freie Debatten mit allen möglichen Leuten zu | |
ermöglichen, unabhängig davon, ob man deren Ansichten teile oder nicht. | |
Hongkongs früherer Regierungschef, der heute in einem Beratergremium von | |
Chinas Zentralregierung sitzt, hatte dem Klub indirekt mit der Kündigung | |
seines Mietvertrages gedroht. | |
Kommentatoren sehen den Streit um die bisher völlig unbedeutende Partei als | |
Präzedenzfall für eine Politik Pekings, um womöglich bald einflussreichere | |
Organisationen auf Linie zu bringen. | |
Offiziell regiert sich Hongkong nach der Formel „ein Land, zwei Systeme“ | |
bis 2047 selbst und genießt dabei Autonomie. Nach Meinung vieler Kritiker | |
schränkt Peking die Freiheiten aber immer weiter ein und übt, wie auch | |
jetzt, immer unverhohlener Druck aus. | |
14 Aug 2018 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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