| # taz.de -- Proteste am Jahrestag von Charlottesville: Ein erbärmliches Häufl… | |
| > Ein Jahr nach den Neonazi-Protesten in Charlottesville mobilisieren | |
| > Rechtsextreme nach Washington. Es kommen 24 – und Tausende Gegner. | |
| Bild: Zwei von 24 Teilnehmern der Demonstratinon „Vereinigt die Rechte“ in … | |
| Washington taz | Washington erlebt die letzten Momente vor dem befürchteten | |
| Sturm. In wenigen Minuten sollen die Rechtsradikalen aus der U-Bahn kommen. | |
| Exakt ein Jahr, nachdem sie die Kleinstadt Charlottesville in Virginia | |
| terrorisiert haben, dort eine junge Frau getötet und zahlreiche weitere | |
| Menschen verletzt haben, [1][wollen sie an diesem Sonntag Stärke im Zentrum | |
| der politischen Macht der USA zeigen.] | |
| Am U-Bahnausgang Foggy Bottom versucht ein Polizist, für Ordnung zu sorgen. | |
| Heute ist der Mann besonders wichtig. Er ist zwar nicht allein – auf der | |
| 23. Straße vor ihm stehen Hunderte von Polizisten in grellgrünen Westen, | |
| die an diesem Wochenende dienstverpflichtet sind. Auch auf den beiden | |
| unterirdischen Etagen der Bahnstation hinter ihm begrenzen sie in dichten | |
| Spalieren die Treppen und Bahnsteige. Aber er ist der Mann für den | |
| Sicherheitsabstand. In der schwülen Augusthitze läuft er in kniehohen | |
| Stiefeln über die Sinnsprüche, die in den Stunden zuvor mit bunter Kreide | |
| auf den Asphalt gemalt worden sind. | |
| Er tritt auf „Liebe statt Hass“ und auf „Keine Nazis in Washington“. Vor | |
| ihm steht eine geschlossene Wand von Fotografen. Dahinter Demonstranten. | |
| Dahinter Schaulustige. Scheinbar drängen alle auf ihn zu. „Haltet Euch | |
| gefälligst an die 15 Fuß-Regel“ brüllt der Polizist in die Menschenmenge. | |
| Niemand darf sich dem Bahnausgang mehr als viereinhalb Meter nähern. Von | |
| Foggy Bottom aus wollen sie zum Lafayette Squere ziehen, zu dem Park, wo | |
| normalerweise die Limousinen vor das Weiße Haus rollen. | |
| Seit [2][Jason Kessler, der auch für Charlottesville verantwortlich war,] | |
| die Neuauflage angemeldet und 400 Teilnehmer angekündigt hat, mobilisieren | |
| Dutzende von Organisationen zu Gegendemonstrationen. Unter ihnen sind | |
| Bürgerrechtsgruppen wie Black Lives Matter, Frauengruppen und religiöse | |
| Organisationen. Und die „Antifa“, die in Charlottesville auf der Straße | |
| gekämpft hat, während die Polizei untätig zuschaute, wie Rechtsradikale mit | |
| brennenden Fackeln und Eisenstangen auf Menschen losgingen. | |
| ## Ende vor dem geplanten Beginn | |
| Ein Jahr später gibt es in Charlottesville viel mehr Gegendemonstranten. | |
| Und sie sind nicht mehr die einzigen, die gegen die Rechtsradikalen | |
| antreten. In Washington will auch die Polizei beweisen, dass sie die | |
| Situation unter Kontrolle hat. Auch bei den Rechtsradikalen hat sich Vieles | |
| geändert. Nach Charlottesville und nach der negativen Presse hat sich ihre | |
| Bewegung gespalten. Manche [3][Männer, die auf den Bilder von den | |
| Gewaltexzessen zu erkennen sind,] haben ihre Jobs verloren. Intern werfen | |
| viele Jason Kessler eine chaotische Organisation vor. Und nur wenige wollen | |
| ihn als Führungsperson akzeptieren. | |
| Am Sammelpunkt der Rechtsradikalen in Vienna steigen gerade einmal 24 | |
| Menschen in die Bahn. Als das erbärmliche Häuflein bei der | |
| Abschlusskundgebung auf der Lafayette Square angekommen ist, sind nur noch | |
| 16 von ihnen übrig. Niemand will erklären, wie es zu dieser Schrumpfung | |
| unterwegs gekommen ist. Die Polizei eskortiert die Rechtsradikalen zum | |
| Weißen Haus. Und lässt weder Journalisten noch Gegendemonstranten an sie | |
| heran. Von den Straßenrändern kommen Stinkefinger und wütende „Nazi go | |
| home“-Rufe. Am Rand der Lafayette Square sorgen Antifaschisten für ein | |
| wenig Gerangel und Verzögerung. | |
| Dann bringt die Polizei das Häuflein auf ein Stück Wiese, das von mehreren | |
| Reihen metallenen Absperrgittern umgeben ist. Alle paar Minuten steigt dort | |
| ein anderer junger Mann Kreis auf ein Podium und redet. Zu hören ist | |
| Altbekanntes: Dass die Einwanderer heute die „europäische Identität“ | |
| gefährden und dass Donald Trump bis 2024 im Amt bleiben soll. Das Meiste | |
| geht in dem Lärm unter, der durch den Park hallt. Er stammt von den | |
| Sprechchören der Tausenden von Gegendemonstranten und von dem Donnern eines | |
| anrollenden Gewitters. | |
| Für die Rechtsradikalen geht alles viel schneller als von Organisator | |
| Kessler geplant. Seine Kundgebung ist schon vor ihrem geplanten Beginn | |
| beendet. Gegen fünf Uhr fallen die ersten Regentropfen. Dann verschwinden | |
| sie in einem weißen Minibus. Polizisten eskortieren sie weg von dem Platz | |
| und von den Gegendemonstranten und von der Hauptstadt der USA, die ihnen | |
| beweisen wollte, dass sie stärker ist. | |
| „Schämt Euch“, hallt es noch Minuten später vom anderen Ende des Platzes | |
| herüber, wo die Gegendemonstranten dem Regen trotzen. Eine Stunde später | |
| geraten ein paar Antifa-Aktivisten mit der Polizei aneinander. Vom | |
| Bürgersteig aus beobachtet [4][eine junge Frau von Black Lives Matter] die | |
| Szene, bei der Polizisten von Motorrädern aus Pfefferspray auf die Antifa | |
| sprühen. Jillian ist froh, dass Washington die Rechtsradikalen vertrieben | |
| hat. „Sie sind nicht Amerika“, sagt sie. Aber sie bedauert, dass alles so | |
| schnell gegangen ist. „Ich wollte ihre Gesichter sehen“, sagt sie. „Ich | |
| wollte wissen, wie Nazis aussehen.“ | |
| 13 Aug 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Dorothea Hahn | |
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