# taz.de -- Bio ist nicht immer auch fair: Alles Banane, das wäre super | |
> Der faire Handel setzt immer stärker auf biozertifizierte Produkte. Schon | |
> heute sind die Waren viel mehr öko als die aus konventioneller | |
> Herstellung. | |
Bild: Nicht alles, was fair gehandelt ist, ist auch bio: Also genau hinsehen | |
BERLIN taz | Vorbild Banane: Alle fair gehandelten Bananen sind auch | |
biozertifiziert. Das ist nicht bei allen Produkten aus dem fairen Handel | |
so, aber immerhin: 80 Prozent tragen das Bio-Siegel. Und es sollen mehr | |
werden. „Wir müssen darum kämpfen, dass es 100 Prozent werden“, sagt | |
Steffen Reese, Geschäftsführer von Naturland. Der Verband für ökologischen | |
Landbau organisiert 54.000 Bauern, Imker und Fischwirte aus 52 Ländern. | |
„Faire und ökologische Produktion sind Zwillinge, sie gehören zusammen“, | |
sagt Reese, der auch Vorstandsmitglied des Forums Fairer Handel ist, in dem | |
Importeure und Verkäufer von fairen Produkten zusammengeschlossen sind. | |
Die Fairhandelsbranche kämpft für einen gerechten Welthandel, indem sie | |
alternative Vermarktungsstrukturen mit gerechten Preisen für Bauern vor | |
allem in Entwicklungsländern aufbaut. „Aus Sicht des Verbrauchers ist fair | |
gehandelt und bio das Gleiche, aber das ist es nicht“, sagt Reese. Die | |
Bio-Kennzeichung erhebt nicht den Anspruch, für Sozialstandards zu stehen. | |
Das Bio-Siegel sagt etwas aus über Anbau und Verarbeitung – nichts über | |
Arbeitsbedingungen oder Löhne. | |
Bei fair gehandelten Produkten ist das anders. „Fair“ bedeutet unter | |
anderem, dass die Erzeuger gerecht entlohnt werden, gute Arbeitsbedingungen | |
herrschen und nachhaltig produziert wird. Faire Produkte gibt es in 800 | |
Weltläden und immer häufiger auch im konventionellen Einzelhandel. | |
Verbraucher erkennen sie an Logos, zum Beispiel von Fair-Handelsimporteuren | |
wie Gepa oder dwp oder an Logos wie „fair for life“ oder dem Label der | |
World Fair Organization (OFTO). | |
Das Problem: Anders als „bio“ ist „fair“ kein gesetzlicher Standard. �… | |
müssen stärker in die Verbraucheraufklärung gehen, aber der Verbraucher | |
muss sich auch mehr informieren“, sagt er. Auf den Internetseiten von | |
Importeuren und Siegelausstellern finden Verbraucher die Standards, die | |
für eine Zertifizierung gelten. Rund 80 Prozent der in Deutschland fair | |
gehandelten Produkte tragen das Siegel von Fairtrade. Im Jahr 2017 waren | |
auf dem deutschen Markt 5.500 Produkte von 360 Lizenzpartnern | |
Fairtrade-zertifiziert. Um das Siegel zu bekommen, müssen die Hersteller | |
festgelegte Standards erfüllen, etwa gerechte Entlohnung und gute | |
Arbeitsbedingungen. | |
„Circa ein Drittel der Kriterien bezieht sich auf Umweltaspekte“, sagt | |
Fairtrade-Sprecherin Juliane Roux. Dazu gehören ein Wasser-, Pestizid- und | |
Abfallmanagement, Mischanbau und die Erhaltung der Biodiversität. „Dadurch, | |
dass die Produzenten sich bereits an die Fairtrade-Umweltkriterien halten | |
müssen, ist der Weg zum biologischen Anbau häufig nicht mehr weit“, sagt | |
Roux. Wollen die Erzeuger eine Bio-Zertifizierung, werden sie von Beratern | |
unterstützt. „Wir fördern das, aber ein Bio-Siegel ist nicht zwingend“, | |
sagt sie. „Die sozialen Standards zu erfüllen ist schon sehr | |
anspruchsvoll.“ | |
Die Fair-Zertifizierung ist nicht billig. Sie lohnt sich nur, wenn die | |
Erzeuger mehr als 30 Prozent ihrer Waren über den Fairtrade-Markt absetzen. | |
Die Kosten hängen von vielen Faktoren ab, etwa Größe des Betriebs, | |
Produkten oder Beschäftigtenzahl. „Im Jahr 2015 haben | |
Fairtrade-zertifizierte Produzentenorganisationen rund 148 Millionen Euro | |
an Fairtrade-Prämien zusätzlich zum Verkaufserlös erhalten“, berichtet | |
Roux. „Die Gesamtgebühren für die Zertifizierung betrugen im gleichen | |
Zeitraum 4,14 Millionen Euro.“ | |
## Verbraucher müssen genau hinschauen | |
Die Bio-Zertifizierung läuft über andere Organisationen. „Rund 50 Prozent | |
der Produzentenorganisationen weltweit sind neben Fairtrade- auch | |
Bio-zertifiziert“, sagt sie. Das lohne sich für die Fairtrade-Produzenten. | |
Sie erhalten in der Regel einen Biozuschlag von 10 bis 20 Prozent des | |
Fairtrade-Mindestpreises. Bei etlichen Produkten mit dem Siegel des fairen | |
Handels ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie auch bio sind: Das gilt | |
für 95 Prozent der Südfrüchte, also außer für Bananen etwa für Ananas, | |
Orangen oder Zitronen. 78 Prozent des fair gehandelten Kaffees sind öko, | |
ebenso 77 Prozent der Schokolade. | |
Verbraucher, die Fair- und Bio-zertifiziert einkaufen wollen, müssen genau | |
hinschauen. Die Produkte haben zwei Siegel – eines für fairen Handel, eines | |
die für ökologische Produktion. Der Naturland Verband hat ein spezielles | |
Siegel für seine ökologischen und fair hergestellten Waren. Auch andere | |
Biohersteller setzen auf faire Handelsbeziehungen. Beispielsweise hat der | |
Naturkosthersteller Rapunzel bereits 1992 ein eigenes Fair-Trade-Siegel | |
aufgelegt. „Wir erleben unser Siegel heute als Kaufkriterium, weil der | |
Endverbraucher zunehmend sensibilisiert ist und Wert legt auf bio-faire | |
Lebensmittel“, sagt Holger Epp von Rapunzel. | |
12 Aug 2018 | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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