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# taz.de -- Negativer Asylbescheid in Österreich: Ohne Angst verschieden sein
> Das österreichische Asylamt hat einen afghanischen Asylbewerber
> abgelehnt. Die Begründung ist schwulenfeindlich.
Bild: Endlich frei sein: schwule Flüchtlinge auf dem Münchner CSD
Das österreichische Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat einen
Asylbewerber abgelehnt, der Schutz vor der schwulenfeindlichen Verfolgung
in Afghanistan sucht. „Weder Ihr Gang, Ihr Gehabe oder Ihre Bekleidung
haben auch nur annähernd darauf hingedeutet, dass Sie homosexuell sein
könnten“, heißt es in dem Bescheid, [1][der dem Stadtmagazin Falter
vorliegt.] Dieser strotzt vor Klischees über schwule Männer und weist ihnen
extrem limitierte Rollenbilder zu.
Weil es nach der Ankunft des 18-Jährigen zum Streit mit anderen Bewohnern
im SOS-Kinderdorf kam, schreibt das Amt: „Ein Aggressionspotenzial ist bei
Ihnen also vorhanden, das bei einem Homosexuellen nicht zu erwarten wäre.“
Der allein angekommene Flüchtling gab an, wenige Freunde zu haben. Im
Bescheid wird deshalb gefragt: „Sind Homosexuelle nicht eher gesellig?“
Schwule sind in der Vorstellung des Amts offenbar immer schwach, passiv,
aufmerksamkeitsheischend und treten außergewöhnlich auf. Diese Schwulen
gibt es auch [2][und das ist auch gut so.] Sie müssen verteidigt werden
gegen ein [3][Ressentiment, das sich gegen diejenigen richtet, die als „zu
schwul“ gelten.] Der afghanische Schutzsuchende ist dem österreichischen
Asylamt allerdings offenbar „nicht schwul genug“.
Als Individuen mit unterschiedlichen Besonderheiten und Lebenserfahrungen
gelten Schwule in der Sicht des Amts also nicht. Sie dürfen nicht ohne
Angst verschieden sein, sondern haben sich entsprechend der eingeschränkten
Vorstellungswelt der heterosexuellen Beamten zu verhalten, wenn sie nicht
von einer reaktionären Gesellschaft geächtet werden wollen, in der
religiöse Moral- und Herrschaftsformen und keine individuellen Freiheiten
gelten. [4][In Afghanistan gilt teilweise das islamische Scharia-Recht,]
das Homosexualität dort mit langen Gefängnisstrafen bestraft. Ein
öffentlich gleichgeschlechtliches Leben und Lieben ist nicht möglich.
Der Behörde scheint das egal zu sein. Dass in dem Bescheid nebenbei
behauptet wird, der Mann habe bei seiner Rückkehr nach Afghanistan nichts
zu befürchten, zeigt nicht nur den autoritären Gestus der Behörde auf.
Dadurch wird eine Vorstellung manifestiert, die den Schwulen das Sexuelle
nehmen will – sie könnten sich ja auch verstecken, wenn sie nicht verfolgt
werden wollen. Das Lustvolle soll so ausgetrieben und verleugnet werden.
Ein Beamter, der so denkt, sollte nicht über das Lebensglück von Menschen
entscheiden dürfen.
15 Aug 2018
## LINKS
[1] https://www.falter.at/archiv/FALTER_201808151EE2D42E9F/kein-asyl-fur-schwul…
[2] /Als-Wowereit-Ich-bin-schwul-sagte/!5118932
[3] https://www.tagesspiegel.de/berlin/queerspiegel/selbsthass-unter-schwulen-d…
[4] /Afghanistans-neues-Scharia-Strafgesetz/!5054149
## AUTOREN
Frederik Schindler
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