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# taz.de -- Honorarkräfte bei Weiterbildungsträgern: Nur scheinbar selbststä…
> Zwei Honorarkräfte haben ihren Status bei Rentenversicherung prüfen
> lassen. Nun soll ein Sprachinstitut für sie Sozialabgaben zahlen.
Bild: Weiterbildung für Erwachsene: Und zu welchen Konditionen arbeitet der Do…
HAMBURG taz | Eine interessante Nachricht für Honorarkräfte verkündete die
Hamburger GEW. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) habe den Status von
zwei freiberuflichen Sprachlehrern beim Hamburger Instituto Cervantes
überprüft und festgestellt, dass diese als Scheinselbstständige arbeiten.
„Diese Praxis ist rechtswidrig“, sagt der GEW-Weiterbildungsexperte Dirk
Mescher. Das Problem der Scheinselbständigkeit trete bei vielen
Weiterbildungsträgern auf.
Die beiden Spanischlehrkräfte hätten mit Unterstützung der GEW ihren
sozialversicherungsrechtlichen Status bei der Rentenversicherung Nord
prüfen lassen. Das Ergebnis sei, dass die Bedingungen ihres Einsatzes nicht
dem von Selbstständigen entsprächen.
Zu den Kriterien dafür gibt es fortlaufend neue Rechtsprechung. „Anzeichen
für Scheinselbstständigkeit sind zum Beispiel, dass die Lehrkräfte ihre
Arbeitszeit nicht frei einteilen können, dass ihre Lehrmittel
vorgeschrieben sind und sie Verwaltungstätigkeiten und Prüfungen vornehmen
müssen“, erläutert Mescher.
Das spanische Instituto Cervantes bietet ähnlich wie das deutsche
Goethe-Institut Sprach- und Kulturkurse an. Wegen der Urlaubszeit war es
noch nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Wie die GEW mitteilt, hat
das Institut gegen diese Entscheidung Rechtsmittel eingelegt. Damit ist das
Schicksal bei beiden Lehrkräfte noch offen.
Wird die Sache rechtskräftig, müsse das Institut für vier Jahre rückwirkend
Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung sowie Altersvorsorge
entrichten, so die Gewerkschaft. Außerdem hätten die Lehrkräfte ein
unbefristetes, gegebenenfalls unter das Kündigungsschutzgesetz fallendes
Arbeitsverhältnis.
Die Rentenversicherung prüft regelmäßig alle vier Jahre Betriebe darauf, ob
sie versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen. So wurde zum
Beispiel 2016 bei einer flächendeckende Überprüfung beim Goethe-Institut in
fast allen Fällen Scheinselbstständigkeit festgestellt. Daneben können –
wie im aktuellen Fall – Honorarkräfte selber für sich kostenlos besagte
„Statusüberprüfung“ beantragen.
Dieser Schritt sei nicht ohne Risiko, räumt GEW-Experte Dirk Mescher ein.
„Die beiden haben jetzt schon weniger Lehraufträge. Es ist zu befürchten,
dass sie nicht mehr beschäftigt werden.“
## GEW ruft zur Nachahmung auf
Da das Institut seine freiberuflichen Sprachlehrkräfte nach einheitlichen
Bedingungen beschäftige, sei davon auszugehen, dass auch weitere Anträge
aus Statusfeststellung erfolgreich wären. „Die GEW würde das bei
Mitgliedern unterstützen“, sagt Mescher. „So könnte man Druck aufbauen, um
diese Politik zu beenden“. Mit einer ähnlichen Gemeinschaftsaktion habe die
GEW 2016 Urlaubsanspruch für Integrationslehrkräfte bei der Hamburger
Volkshochschule durchgesetzt.
Die DRV-Nord hat keine Zahlen zum Bildungsbereich, wie Sprecher Sebastian
Bollig mitteilt. 2017 prüfte sie alle Branchen in ihrem Gebiet – Hamburg,
Schleswig-Holstein und Mecklenburg – mehr als 31.188 Betriebe und
beanstandete jeden fünften. Zu den Statusfeststellungen gibt es nur
bundesweite Zahlen. Unter den rund 22.600 Tätigen, die 2016 freiwillig
ihren Status feststellen ließen, ermittelten die Kontrolleure in 42,2
Prozent der Fälle eine „Arbeitnehmerbeschäftigung“, sagt Bollig.
## Prekäre Beschäftigung
Scheinselbstständigkeit sei ein „Riesenproblem, gerade in der
Weiterbildung“, sagt Angelika Gericke, Leiterin des Fachbereichs Bildung
bei Ver.di-Hamburg. Doch ein ebenso großes Problem seien befristete
Verträge. „Es gibt ein Heer von hochqualifizierten Wanderarbeitern in der
Weiterbildung.“ Die Lage der Beschäftigten sei prekär, sagt Gericke.
Die Ursache liege auch in der nicht planbaren Auftragslage. Der Staat habe
Marktmechanismen eingeführt. Die Anbieter in weiten Segmenten der
Erwachsenenbildung müssten sich um die Programme, die Arbeitsagentur und
Jobcenter ausschreiben, regelmäßig neu bewerben. Träger, die Tarif zahlten,
hätten das Nachsehen. „Da müssen sie schon mit Mindestlohn kalkulieren,
damit sie den Zuschlag kriegen“, sagt Gericke. Wichtig wäre, dass bei der
Auswahl wieder „die Qualität im Mittelpunkt steht“.
13 Aug 2018
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Weiterbildung
Selbständigkeit
Honorarkräfte
Gewerkschaft GEW
Verdi
Gerichtsurteil
Bremen
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