# taz.de -- Bildung: Protest mit Postkarten | |
> Kursleiter der Volkshochschule warten seit 16 Jahren auf eine | |
> Honorar-Erhöhung. Sie fordern soziale Absicherung und mehr Geld - mit | |
> Unterstützung der Gewerkschaften. | |
Bild: Mit Postkarten wie dieser wollen die Kursleiter auf ihre prekäre Lage au… | |
HAMBURG taz | Mit einer ungewöhnlichen Aktion machen die Dozenten der | |
Hamburger Volkshochschule (VHS) seit einer Woche auf ihre soziale Lage | |
aufmerksam. "Gut, dass Kursleiter nie krank werden", steht auf 3.000 | |
farbigen Postkarten, die verteilt werden - mit der Bitte, sie an | |
Schulsenator Ties Rabe (SPD) zu schicken. Darauf zu sehen ist ein | |
Spanisch-Lehrer, mal an Krücken, mal am Tropf, mal in eine Decke gehüllt. | |
"Wir bekommen kein Geld, wenn wir krank sind", berichtet | |
Kursleiter-Vertreterin Claudia Dorothee Otten. Es gebe sogar Kolleginnen, | |
die kaum die Treppe hoch kommen und ihre Hüft-OP in die Semesterferien | |
verschieben, weil sie auf das Honorar nicht verzichten können. Und dieses | |
wurde obendrein seit 16 Jahren nicht erhöht. Die Folge: ein | |
Kaufkraftverlust von fast 25 Prozent. | |
"1995 waren das 50 Mark und die waren damals auch angemessen", sagt Otten. | |
Doch heute blieben von den umgerechnet 24,73 Euro pro Kursstunde "nichts | |
übrig". Die Honorarkräfte müssen davon Fahrgeld, Steuern, Krankenkasse, | |
Renten- und Pflegeversicherung bezahlen. Selbst ein Dozent, der die maximal | |
mögliche Zahl von 32 Stunden die Woche gibt, behalte netto nur rund 1.000 | |
Euro übrig. "Einige Kollegen beantragen aufstockend Hartz-IV", sagt Otten. | |
"Die Volkshochschule tritt nach außen sehr sozial auf", ergänzt | |
Spanisch-Dozentin Silvia Poll. "Aber an uns wird nicht gedacht." Für manche | |
Dozenten, die den VHS-Kurs nur als Nebenjob machen, sei die Sache noch | |
erträglich, so Otten, etwa "die Heilpraktikerin, die über Schüssler-Salze | |
informiert". Aber gerade im Bereich der Sprachen und Deutsch für | |
Einwanderer gebe es fast nur Vollzeit-Kursleiter, die davon leben, etwa 300 | |
Personen. | |
Die Kursleiter fordern deshalb eine Erhöhung, mindestens auf 30 Euro, wie | |
es auch die Bundes-Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft für die | |
Erwachsenenbildung tut. Doch sie stoßen auf taube Ohren. Denn in der | |
Weiterbildung ist die Bezahlung insgesamt sehr schlecht. Es seien "die in | |
der Branche üblichen Sätze zu berücksichtigen", antwortet der Senat auf | |
eine Anfrage der Links-Fraktion. Die Honorare lägen "deutlich über jenen | |
der Umland-Volkshochschulen", erklärt auch Schulbehördensprecher Peter | |
Albrecht. VHS-Geschäftsführerin Hannelore Bastion hat Verständnis für den | |
Protest. Man habe das Thema bei den Haushaltsberatungen für 2011/12 | |
angesprochen, eine Erhöhung sei aber abgelehnt worden, mit Verweis auf die | |
Marktlage. Die VHS erhält als Landesbetrieb Zuschüsse von der Stadt und | |
kann Preise und Honorare nicht eigenständig erhöhen. | |
Hinzu kommt, dass die Stadt an der VHS kräftig sparte. Den größten | |
Einschnitt gab es 2005 unter der CDU: Ein Drittel der Zuschüsse wurde | |
gekappt. Eine darauf erfolgte Anhebung der Kurspreise um zehn Prozent floss | |
deshalb auch nicht in Honorare, sondern diente dazu, der VHS wieder auf die | |
Beine zu helfen. "Eine Anhebung um fünf Prozent gibt unsere Schatulle nicht | |
her", sagt Bastian. Sie will die Sache bei den Haushaltsberatungen für 2013 | |
erneut ansprechen. | |
Der Verweis des Senates auf die schlechte Bezahlung in der Weiterbildung | |
treffe "leider zu", sagt ver.di-Sekretär Roland Kohsiek. Es sei aber | |
"unredlich", deshalb auch den VHS-Dozenten wenig zu zahlen. Man müsse, | |
findet auch Otten, einmal den Anfang machen. An der Nicht-Erhöhung habe die | |
Stadt 16 Jahre festgehalten. "Wenn nichts passiert, halten die das noch | |
zehn Jahre durch." | |
11 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
Weiterbildung | |
Honorarkräfte | |
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