| # taz.de -- „Drittes Geschlecht“ bleibt Streitfall: Kritik am Gesetzentwurf… | |
| > Trans* und Inter*-Organisationen lehnen den Gesetzentwurf des | |
| > Innenministeriums ab. Es drohe eine „erneute Pathologisierung“, warnen | |
| > sie. | |
| Bild: LSBTI setzen sich für die Anerkennung einer Vielfalt der Geschlechter ei… | |
| BERLIN taz | Mehrere der wichtigsten Verbände für die Belange von trans*- | |
| und inter*geschlechtlichen Menschen haben den Gesetzentwurf zum Dritten | |
| Geschlecht, den das Bundesministerium für Inneres, Bau und Heimat (BMI) | |
| vorgelegt hat, scharf kritisiert. Die Verbände konnten bis 25. Juli | |
| Kommentierungen des Entwurfs beim Ministerium einreichen. Das Gesetz soll | |
| noch dieses Jahr verabschiedet werden. | |
| In ihrer Stellungnahme lehnt nun etwa die Internationale Vereinigung | |
| intergeschlechtlicher Menschen OII Germany den Entwurf rundheraus ab. | |
| „Geschlechtliche Selbstbestimmung soll es nur für einen medizinisch eng | |
| definierten Personenkreis geben“, schreibt OII. Das würde eine „erneute | |
| Pathologisierung intergeschlechtlicher Menschen“ und aller anderen Menschen | |
| bedeuten, die einen männlichen oder weiblichen Geschlechtseintrag für sich | |
| ablehnen. | |
| Vorarbeiten von Inter*- und Trans*-Verbänden habe das BMI ignoriert, das im | |
| Koalitionsvertrag festgelegte Verbot von geschlechtsangleichenden | |
| Operationen bei Kindern werde erneut aufgeschoben. Auch die Restkategorie | |
| „weiteres“ lehne man ab. Das BMI hatte zunächst „anderes“ vorgeschlage… | |
| was unter anderem von Frauenministerin Franziska Giffey (SPD) und | |
| Justizministerin Katharina Barley (SPD) als herabsetzend und ausgrenzend | |
| kritisiert worden war. | |
| Das Bundesverfassungsgericht hatte im Herbst 2017 geurteilt, dass „Mann“ | |
| und „Frau“ als Angabe im Personenstand nicht ausreichen. Vielmehr müsse der | |
| Gesetzgeber eine weitere Option zulassen – und zwar bis Ende 2018. Das | |
| Bundesverfassungsgericht hatte durchblicken lassen, dass es durchaus für | |
| radikale Lösungen offen ist: Denkbar wäre zum Beispiel, den | |
| Geschlechtseintrag im Personenstand gleich ganz zu streichen, hieß es. | |
| Auch der Verein TransInterQueer TRIQ kritisiert nun jedoch, der BMI-Entwurf | |
| sei mit dem „Grundtenor des Urteils“ des Bundesverfassungsgerichts nicht | |
| vereinbar. Die enge Begrenzung der Personengruppen, für die der Entwurf | |
| gelten soll, sei „nicht grund- und menschenrechtskonform“. | |
| ## Kosten durch weitere Reform auffangen | |
| TRIQ schlägt außerdem vor, die für die Umsetzung des Gesetzes zum Dritten | |
| Geschlecht entstehenden Kosten, zum Beispiel für Formulare oder | |
| Verwaltungssoftware, durch die Reform eines weiteren Gesetzes aufzufangen: | |
| die des Transsexuellengesetzes (TSG). Jüngst hatte Ministerin Giffey | |
| angekündigt, ein Projekt ihrer Amtsvorgängerinnen Manuela Schwesig und | |
| Katharina Barley (beide SPD) weiterzuführen und das seit 1981 geltende TSG | |
| „durch ein modernes Gesetz zum Schutz und zur Akzeptanz geschlechtlicher | |
| Vielfalt“ zu ersetzen. | |
| Das TSG regelt vor allem, was passieren muss, wenn trans* Personen ihr | |
| personenstandsrechtlich erfasstes Geschlecht und ihren Vornamen ändern | |
| wollen. Für die Änderung des Geschlechts im Ausweis müssen [1][zwei | |
| unabhängige Gutachten vorliegen], in einem „Alltagstest“ muss bewiesen | |
| werden, dass die jeweilige Person dem „Gegengeschlecht“ angehört. Die | |
| Verfahren werden von vielen Betroffenen als entwürdigend empfunden und | |
| kosten zudem jeweils rund 2.000 Euro. | |
| TRIQ fordert – wie auch die anderen Betroffenenverbände, die Linkspartei | |
| und die Grünen – die [2][Gutachtenpflicht abzuschaffen] und für die Namens- | |
| und Personenstandsänderungen keine psychologischen Begutachtungen mehr | |
| heranzuziehen. Ein standesamtlicher Akt, der von der betroffenen Person | |
| selbst ausgehe, solle ausreichen. | |
| Die Gelder, die so eingespart würden, sollten für die Umsetzung eines | |
| Gesetzes zum Dritten Geschlecht verwendet werden, schlägt TRIQ vor – | |
| allerdings für eines, das den Erfordernissen der Betroffenen besser | |
| entspricht. Wenn aber sowohl beim Gesetz zur Dritten Option als auch beim | |
| TSG nun nur Minimallösungen auf den Weg gebracht werden, würde sich an | |
| beiden auf absehbare Zeit nichts mehr ändern. | |
| 29 Jul 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Patricia Hecht | |
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