# taz.de -- CDU-Politikerin über den Rechtsruck: „Da bin ich nicht kompromis… | |
> Die CDU-Politikerin Karin Prien unterstützt die neue „Union der Mitte“. | |
> Die Initiative wendet sich gegen die Verrohung des politischen Diskurses. | |
Bild: Karin Prien fordert, die Union dürfe nicht die Themensetzung der Rechtsp… | |
taz: Frau Prien, gerade hatte Angela Merkel Geburtstag. Die neu gegründete | |
Union der Mitte, der Sie sich verbunden fühlen, hat aus diesem Anlass | |
Notengirlanden und [1][„Happy birthday to you, Frau Bundeskanzlerin“] | |
getwittert. Ist das jetzt die neue Heiterkeit bei CDU und CSU? | |
Karin Prien: Ein bisschen mehr Heiterkeit und Zuversicht kann uns allen im | |
Moment nicht schaden. Davon abgesehen halte ich es für völlig normal, dass | |
man seiner Parteivorsitzenden und amtierenden Bundeskanzlerin zum | |
Geburtstag gratuliert. | |
Sie melden sich auf union-der-mitte.org als Unterstützerin dieser | |
Initiative zu Wort. Warum? | |
Die letzten zweieinhalb Jahre waren schwierig für viele in der Union, | |
gerade auch für die liberaleren und moderaten Mitglieder. Und in den | |
letzten Wochen sind aus meiner Sicht rote Linien überschritten worden. Und | |
zwar inhaltlich, sprachlich und mit Blick auf die Art des Umgangs. Deshalb | |
war es für mich an der Zeit, meine Zurückhaltung aufzugeben. | |
Was ist denn inhaltlich Ihr Grund, bei der Union der Mitte mitzumachen? | |
Zur DNA der Union gehört das Bekenntnis zu einer proeuropäischen Politik, | |
die sich dem Multilateralismus verpflichtet fühlt. Uns kann es nur in einem | |
liberalen, europäischen Deutschland wirklich gut gehen. Deshalb bin ich an | |
dieser Stelle einfach nicht kompromissbereit. | |
UnionspolitikerInnen bilden aktuell immer neue ideologische Untergruppen. | |
Es gibt schon die Werte Union, den Berliner Kreis, den [2][Konservativen | |
Dialog] sowie Konrads Erben. Wozu braucht es jetzt noch eine Union der | |
Mitte? | |
Wir sind keine Untergruppierung, sondern eine Initiative der Basis. Uns | |
geht es darum, denen eine Stimme zu geben, die bisher nicht laut genug | |
waren. Die Reaktionen geben uns recht: Innerhalb weniger Tage haben sich | |
Tausende bei uns gemeldet, die sich abgeholt fühlen. Es geht nicht um eine | |
Ideologie, sondern darum, einen ideologisch begründeten Rechtsruck zu | |
verhindern. | |
Ist die Union nicht mehr mittig genug? | |
Doch, die Union ist zurzeit mittig genug. Aber wir müssen aufpassen, dass | |
es da keine Verschiebung des Koordinatensystems gibt. Manche scheinen ja | |
daran zu arbeiten. Das abzuwenden, genau darum geht es. | |
Nun gibt es ja diesen Klick-Aktivismus: eine Petition hier verbreiten, eine | |
Rücktrittsforderung da anklicken. Warum ist das für Sie eine geeignete Form | |
politischer Willensbildung? | |
Wir müssen akzeptieren, dass der politische Diskurs und die Willensbildung | |
heute auch in den sozialen Medien und Netzwerken stattfinden. Das haben die | |
Rechtspopulisten in Deutschland und Europa viel früher erkannt als die | |
sogenannten etablierten Parteien und sich zunutze gemacht. Dem kann man | |
sich nicht verschließen. Das ändert aber nichts daran, dass die | |
Entscheidungen innerhalb der Union in den gewählten Parteigremien getroffen | |
werden. | |
Ihre Kritiker sagen, die Union der Mitte sei ein „schwarz-grün | |
unterwanderter Merkel-Fanclub“. Sie selbst sind Ministerin in der | |
[3][Jamaika-Koalition von Schleswig-Holstein]s CDU-Ministerpräsident Daniel | |
Günther. Ganz unrecht haben die nicht, oder? | |
Da werden Narrative der Rechtspopulisten übernommen. Die Formulierung | |
„links-grün versifft“ wurde durch die AfD geprägt. Die Union muss ihre | |
eigene Agenda setzen. Sie darf weder solche Narrative übernehmen noch die | |
Themensetzung der Rechtspopulisten. Ich bin in der Union ganz mittendrin. | |
Ich habe wirtschaftsliberale Ansichten, gesellschaftspolitisch bin ich auch | |
eher liberal. An anderen Stellen habe ich konservative Überzeugungen. So | |
einfach ist das doch mit dem Schubladendenken nicht mehr. | |
Um das klarzustellen: Ich habe „schwarz-grün unterwandert“ zitiert. | |
Und ich habe bewusst auf das Narrativ abgehoben, denn daher kommen | |
natürlich solche Unterstellungen. Natürlich sind die Grünen heute für uns | |
ein möglicher Koalitionspartner, so wie die FDP und die SPD. Wir müssen | |
anschlussfähig sein an jede demokratische Partei. | |
Sie sind Anwältin und haben eine Mediatorinnenausbildung. Was täte CDU und | |
CSU gerade am nötigsten? | |
Mediatoren geht es ja darum, durch einen Interessenausgleich einen Mehrwert | |
für alle Beteiligten zu schaffen. In diesem Sinne denke ich, dass wir als | |
Union dringend an unserem Grundsatzprogramm arbeiten müssen, unser letztes | |
ist von 2007. Wir müssen für die brennenden Zukunftsfragen neue Antworten | |
finden, eine eigene Unionsagenda. Und wir dürfen uns die Art der Debatte | |
nicht länger aufzwingen lassen. Mein Plädoyer wäre: Bitte, wir leben in | |
einem der reichsten und schönsten Länder der Welt. Lasst uns doch bitte mit | |
etwas mehr Zuversicht Zukunft gestalten; das ist doch hier keine | |
Leidensgeschichte. | |
Der Union-der-Mitte-Gründer, Stephan Bloch von der CSU, [4][hat im | |
„FAZ“-Interview gesagt], Markus Söder und Horst Seehofer stünden „für | |
Spalterei und Verrohung“. Das klingt nicht nach Versöhnung. | |
Stephan Bloch ist ein junger Mann, der sich als CSU-Mitglied darüber | |
aufregen darf. Wichtig ist, dass wir wieder auf eine humane Sprache achten. | |
Der Umgang in der Union muss anders werden. So wie es in den letzten Wochen | |
gelaufen ist, kann es nicht weitergehen. | |
In dem gesamten Zoff, aber auch jetzt bei der Neugründung der Union der | |
Mitte fällt auf, dass sich nur wenige Frauen beteiligen und zu Wort melden. | |
Woran liegt das? | |
Ich habe den Eindruck, dass Frauen sich im Moment besonders abgestoßen | |
fühlen von der Art des Umgangs miteinander. Aber in den nächsten Tagen und | |
Wochen werden wir erleben, dass sich wieder mehr zu Wort melden, das ist | |
nur eine Frage der Zeit. Ich bleibe dabei: Diese Art des rücksichtslosen | |
Umgangs, die verrohende Sprache in den letzten Wochen ist für viele Frauen | |
und Männer in der Union nicht akzeptabel. Das muss anders werden. Dazu | |
werden wir mit der Union der Mitte beitragen. | |
19 Jul 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/UnionderMitte/status/1019169800982056960 | |
[2] /Konservativer-Kreis-in-Sachsen-Anhalt/!5388307 | |
[3] /Ein-Jahr-Jamaika-in-Schleswig-Holstein/!5504003 | |
[4] http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/union-der-mitte-seehofer-und-dobr… | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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