| # taz.de -- Kroatien, Belgien, Uruguay bei der WM: Klein kommt weit | |
| > Russland will Fußballgroßmacht werden, China plant den WM-Titel. Dieses | |
| > Turnier zeigt, dass bevölkerungsärmere Staaten effizienter sind. | |
| Bild: Süßer Fußball? In China nimmt man die Sache ernster | |
| Moskau taz | In Russland hofft man auf einen Boom [1][nach dieser | |
| Weltmeisterschaft]. Die Großmacht will auch im Fußball groß werden: Wäre | |
| doch gelacht, wenn das angesichts der vielen Menschen in diesem Land nicht | |
| klappen sollte. Bislang zählt man zwar nur halb so viele Fußballer wie in | |
| Deutschland, aber mit der WM und vielen unterstützenden Maßnahmen soll sich | |
| das ändern. | |
| Die Zahl der Fußballfelder hat sich in den letzten Jahren von 18.000 auf | |
| 26.000 erhöht. Zudem hat der russische Fußballverband das Programm | |
| „Strategie 2030“ gestartet, das auf eine Verbesserung der | |
| Nachwuchsstrukturen abzielt. Vor einem Jahr war das. Etwas spät, aber | |
| immerhin. | |
| In China denkt man ähnlich. Es gibt einen Staatsplan für den WM-Titel. | |
| Spätestens 2048 soll die Feier steigen. Die Massen talentierter Fußballer | |
| werden an einzelnen Standorten zusammengeführt. In Guangzhou im Südosten | |
| Chinas trainieren 3.000 Kinder in einer eigens gebauten kleinen | |
| Fußballstadt. | |
| Doch gerade diese WM in Russland lässt Zweifel aufkommen, ob Riesentanker | |
| wendig genug sind, um im Weltfußball zielgenau zu navigieren. Uruguay, wo | |
| in etwa so viele Menschen wie in Berlin zu Hause sind, [2][scheiterte erst | |
| im Viertelfinale] nach großem Kampf gegen das favorisierte Frankreich. | |
| Belgien, das nicht an die Einwohnerzahl von Moskau herankommt, [3][wurde | |
| Dritter]. Kroatien, das nicht an die Einwohnerzahl von Sankt Petersburg | |
| herankommt, [4][gelangte ins Finale]. Ganz zu schweigen von der [5][Auswahl | |
| Islands], die sich aus etwa 334.000 Menschen rekrutierte und für die WM | |
| qualifizierte. Russische Städte mit so wenig Einwohnern kennt man nicht | |
| einmal mit Namen. Die Quali hätte Russland in seiner Form vor der WM wohl | |
| kaum geschafft. Nur die Gastgeberrolle ersparte dem Land die Pein. | |
| ## Kleine flexible Systeme | |
| Bevölkerungsarme Staaten bestechen durch ihre Effizienz. Wenn man es klug | |
| anstellt, kann gerade aus einem kleinen Reservoir ein Weltklasseteam | |
| entstehen. Für seine vortreffliche Nachwuchsarbeit ist etwa der kroatische | |
| Klub Dinamo Zagreb lange bekannt. Das Internationale Zentrum für | |
| Sportstudien sah den Verein in einer Untersuchung vor drei Jahren | |
| europaweit auf dem vierten Platz. | |
| Ein Vorteil gegenüber Ländern und Vereinen mit großen Ressourcen ist die | |
| Flexibilität. Es regiert weniger Schema F als das gute Auge. Den kleinen, | |
| schmächtigen Jungen namens Luka Modrić, der von anderen Vereinen zuvor | |
| abgewiesen wurde, nahm man bei Zagreb einst auf und bildete ihn zum | |
| Weltklassespieler aus. | |
| In Belgien sticht der RSC Anderlecht mit seiner integrativen Jugendarbeit | |
| hervor. Der Verein funktioniert wie ein Schmelztiegel der Kulturen. Trainer | |
| und Spieler entstammen einem bunten Mix. | |
| Wallonen, Flamen und Migrantenkinder zentral- und nordafrikanischer | |
| Herkunft arbeiten hier vereint. Jugendtrainer Stéphane Stassin erklärte dem | |
| Onlineportal Goal: „Wir folgen hier der Idee, dass Fußballer Menschen sind | |
| und keine Produkte, die den maximalen Gewinn bringen sollen, sei es | |
| sportlicher oder finanzieller Natur.“ Romelu Lukaku [6][hat hier das | |
| Fußballspielen gelernt]. Die europäischen Topklubs bedienen sich | |
| mittlerweile schon frühzeitig aus den belgischen Jugendakademien. | |
| Das Phänomen ist nicht neu. Die Niederlande haben über Jahrzehnte eine | |
| führende Rolle im Weltfußball gespielt. Portugal hat gerade mit seinen | |
| Nachwuchsteams immer wieder große Erfolge gefeiert. Kleine, flexible | |
| Systeme sind den großen oft überlegen – das gilt erst recht im Fußball. | |
| 15 Jul 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Johannes Kopp | |
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