| # taz.de -- Kommentar Wahl in Mali: Militärisch gefärbte Afrikapolitik | |
| > Nirgends in Afrika ist Europa stärker engagiert als in Mali. Aber dieses | |
| > Engagement schwächt den Staat. Keine gute Voraussetzung für Stabilität. | |
| Bild: Alles sicher? UN-Patrouille in Malis Hauptstadt kurz vor der Wahl | |
| Malis Präsident Ibrahim Boubacar Keïta will sich wiederwählen lassen, seine | |
| Chancen stehen schlecht – diese Nachricht allein wäre kaum geeignet, um | |
| internationale Aufmerksamkeit zu erregen. | |
| Aber bei der Wahl in Mali, deren erster Durchgang an diesem Sonntag | |
| stattfindet, geht es um viel mehr als um die Karriere eines 71-jährigen | |
| Präsidenten. Es geht um die Zukunft von Europas Afrikapolitik. | |
| Nirgends auf dem Kontinent hat sich Europa in diesem Jahrhundert stärker | |
| militärisch engagiert als in Mali – mit einem seit 2013 laufenden | |
| Kriegseinsatz Frankreichs unter Beteiligung Tausender Kampftruppen, mit | |
| einer EU-Trainingsmission für das lokale Militär und mit entscheidender | |
| Unterstützung einer der größten UN-Missionen Afrikas, die auch noch die | |
| gefährlichste der Welt ist. Für Deutschlands Bundeswehr ist der | |
| Auslandseinsatz in Mali der zweitgrößte gleich hinter Afghanistan. | |
| Der Grund für dieses besondere Engagement ist Malis Schlüsselstellung als | |
| Tummelplatz für islamistische Rebellen und Transitland für Waffen-, Drogen- | |
| und Menschenschmuggler. Fällt Mali, fällt die gesamte Sahelzone, und alle | |
| Bemühungen Europas, Afrika zu stabilisieren, Fluchtursachen zu bekämpfen | |
| und Migrationsströme aufzuhalten, sind womöglich fatal zurückgeworfen. | |
| ## Mehr Unsicherheit heute als 2013 | |
| Das Primat des Militärischen in Mali ist fragwürdig, und die Bilanz der | |
| internationalen Stabilisierung ist, gelinde gesagt, gemischt. In Mali sind | |
| heute mehr Landesteile von Milizengewalt und Unsicherheit betroffen als | |
| noch vor fünf Jahren. | |
| Eine politische Neuordnung, in der sich alle Bevölkerungsteile | |
| wiedererkennen können, ist bisher nicht gelungen. Und an Perspektiven | |
| für die Jugend im Land fehlt es weiterhin. Der Präsident hat wenig | |
| erreicht. Und das liegt nicht nur an ihm selbst. | |
| Immer offensichtlicher wird, dass das ausländische Engagement Malis Staat | |
| nicht stärkt, sondern entwertet – es degradiert ihn zum ewigen Bittsteller, | |
| beraubt ihn seiner Handlungsautonomie und delegitimiert ihn in den Augen | |
| der eigenen Bevölkerung. | |
| ## Wozu die vielen Eingreiftruppen? | |
| Mali ist ein stolzes Land, Erbe mächtiger Königreiche einer Zeit, als | |
| Westafrika reicher und fortschrittlicher war als Europa. Die Menschen in | |
| Mali wollen ihren eigenen Weg gehen. | |
| Wenn die Wahlurne ihnen dazu die Möglichkeit nicht bietet, weil nicht | |
| einmal die Präsenz Zehntausender fremder Soldaten eine ordentliche Wahl | |
| ermöglicht, wird sich die Frage stellen, wozu Frankreichs Armee, die | |
| Bundeswehr, die EU-Militärmission, die UN-Blauhelme und all die anderen | |
| überhaupt in Mali stehen. | |
| Und ob ein Europa, dessen Afrikapolitik sich derzeit hauptsächlich in | |
| Abschottung zu Wasser, Militär zu Lande und hohlen Worten auf | |
| Gipfelkonferenzen äußert, den Afrikanern überhaupt noch etwas zu bieten | |
| hat. | |
| 29 Jul 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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