# taz.de -- Wissenschaftler über Israels Syrienpolitik: „Assad sollte für R… | |
> Für Israels Sicherheit ist ein Abzug der iranischen Truppen das | |
> Wichtigste, sagt Ejal Sisser, Syrien-Experte an der Universität Tel Aviv. | |
Bild: Explosion nahe der syrisch-israelischen Grenze am Sonntag | |
taz: Warum können die 800 von Israel geretteten Weißhelme nicht in Israel | |
bleiben? | |
Ejal Sisser: Das ist eine grundsätzliche Sache. Israel will keine | |
Flüchtlinge. Die Rede ist hier von 8 Millionen, darunter Hunderttausende | |
Palästinenser. Mit einem Flüchtling ist es nicht getan. Das Prinzip ist | |
hier, keinen Präzedenzfall zu schaffen und eine Debatte zu starten, warum | |
der eine kommen darf und der andere nicht. | |
Wieso ist Jordanien plötzlich bereit, wieder Flüchtlinge aufzunehmen? | |
Jordanien hat klare Garantien, dass die Flüchtlinge nur für kurze Zeit | |
bleiben, bis sie nach Europa und Kanada weiterreisen. Für die Jordanier | |
dürfte das also kein Problem darstellen. | |
Trotzdem hat Jordanien damit Israel auf gewisse Weise aus der Patsche | |
geholfen. Man rettet die Weißhelme, ohne sie bei sich aufnehmen zu müssen. | |
Lässt sich Israel das etwas kosten? | |
Es geht hier nicht darum, wer wem einen Gefallen tut, wobei die Beziehungen | |
zwischen Israel und Jordanien sehr gut sind, da hilft der eine dem anderen | |
in vielen Bereichen auch mit Blick auf Syrien. Hier aber geht es um Leute | |
mit internationalem Profil, Weißhelme, Helfer – das ist eine internationale | |
Angelegenheit, die Jordanien auch dazu nützt, sich zu profilieren. | |
Hat Baschar al-Assad den Krieg gewonnen? | |
Die Schlacht hat er sicher gewonnen, auch wenn es noch Regionen gibt, in | |
die er seine Truppen schicken wird, es sind noch US-Amerikaner im Land, | |
Türken. Das andere ist, wie er sein Land wieder aufbaut. Da geht es nicht | |
nur um physischen Schaden, sondern um eine zerrissene Gesellschaft. Wir | |
wissen, wie er den Krieg gewonnen hat: eine halbe Million Tote, ein Drittel | |
der Bevölkerung ist vertrieben, er hängt wie eine Marionette an den Fäden | |
Russlands und Irans. Er hat den Krieg nicht allein gewonnen. Moskau und | |
Teheran haben mitzureden. So einfach wird das nicht für ihn. Aber die | |
militärischen Auseinandersetzungen scheinen der Vergangenheit anzugehören. | |
Welche Entwicklung wäre für Israel ideal, welche „worst case“? | |
Das Beste für uns wäre, wenn Assad die Iraner nach Hause schickt, sein Land | |
kontrolliert und vor allem für Ruhe in der Grenzregion sorgt. Das | |
Schlimmste wäre, wenn er nur eine teilweise Kontrolle hätte, wenn Iran und | |
die libanesische Hisbollah in Syrien blieben und wenn es im Grenzgebiet zu | |
Konfrontationen kommt. | |
Israel will unter keinen Umständen iranische Truppen in Syrien zulassen. | |
Regierungschef Benjamin Netanjahu warnte jüngst gegenüber Moskau mit einem | |
Mordanschlag auf Assad. Wie weit würde Israel gehen? | |
So weit, wie es möglich ist. Israel agiert bislang begrenzt. In dem Moment, | |
in dem Moskau signalisiert, dass es zu einer Eskalation kommen könnte, wird | |
man in Jerusalem zweimal nachdenken, bevor etwas unternommen wird. Aber | |
solange keiner im Weg steht, wird Israel so weitermachen wie bisher. | |
In Israel spricht man die ganze Zeit über den Iran, was ist mit dem IS, ist | |
der für Israel nicht bedrohlich? | |
Der IS ist schon zurückgedrängt. Ich gehe davon aus, dass die syrische | |
Armee den IS unter Kontrolle bringt. Aber ja, der IS sitzt dort in der | |
Wüste, und das ist ein Teil des Krieges, der eigentlich vorbei ist. Es ist | |
ein bisschen wie in Afghanistan. Der Krieg ist vorbei, aber der IS ist noch | |
da. | |
Wie schätzen Sie das Verhalten der USA und Russlands in den vergangenen | |
Jahren des Bürgerkrieges ein? | |
Russland hat auf Risiko gespielt und gewonnen. Es war ein genialer | |
Schachzug von Putin, der mit sehr wenigen Flugzeugen und nicht einem | |
einzigen Soldaten auf dem Boden die gesamte Rendite kassiert. Bei den USA | |
war es so, dass der Krieg die Amerikaner von Anfang an wenig interessierte. | |
Sie wollten sich nicht die Finger verbrennen, wussten nicht genau, was | |
getan werden könnte, und es war ihnen nicht wichtig. Europa hat sich ganz | |
ähnlich verhalten. Aber Europa ist eben Europa. Die USA haben sich nicht | |
wie eine Weltmacht verhalten. | |
Beim nördlichen Nachbarn Israels scheinen die Kriegshandlungen einem Ende | |
zuzugehen. Rechnen Sie damit, dass es einen neuen Krieg im Süden zwischen | |
Israel und der Hamas im Gazastreifen geben wird? | |
Die Situation ist sehr instabil. Schon ein punktueller Zwischenfall kann | |
zur Eskalation führen. Ich bin gerade nach dem Wochenende wieder | |
optimistischer, denn man erkennt, dass beide Seiten sehr darum bemüht sind, | |
weitere Verwicklungen zu vermeiden. | |
Jordanien und Ägypten haben Frieden mit Israel geschlossen. Warum wirken | |
die beiden Nachbarstaaten nicht stärker als Vermittler zwischen Israel und | |
den Palästinensern? | |
Beide Staaten haben ihre eigenen Probleme, und der Konflikt zwischen Israel | |
und den Palästinensern ist kompliziert. Hier gibt es keine einfache Lösung, | |
nicht für die Palästinenser und nicht für uns. Sie können für eine | |
Hintergrundmusik sorgen, sicher aber nicht grundsätzliche Veränderungen | |
herbeiführen. | |
23 Jul 2018 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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