# taz.de -- Kommentar Flächenfraß in Bayern: Der Realitätsverlust der CSU | |
> Bei der Landtagswahl geht es für die Christsozialen um alles. Das | |
> Wahlkampfthema Flächenfraß könnte für sie noch gefährlich werden. | |
Bild: Wenn aus Natur Beton wird: Fertighaus in Niederbayern | |
Mag sein, dass der Gesetzentwurf des bayerischen Volksbegehrens gegen | |
Betonflut und Flächenfraß unzureichend war. Die immer streng juristisch und | |
formal urteilenden Verfassungsrichter in München empfanden den Text | |
jedenfalls als viel zu unpräzise. Das Thema aber, da können sich Söder, | |
Seehofer und die anderen von der CSU sicher sein, bleibt, und es bleibt vor | |
allem im bayerischen Wahlkampf. Im Herbst geht es für die Christsozialen um | |
alles oder nichts: Es geht darum, ob sie ihren bundespolitischen Anspruch | |
und ihre damit einhergehende Großmäuligkeit aufrecht erhalten können oder | |
ob sie zur unbedeutenden Regionalpartei zusammenschrumpeln. | |
48.000 wahlberechtigte BayerInnen haben sich in die Listen [1][für das | |
Volksbegehren] eingetragen. Das ist sehr viel, nur 25.000 wären nötig | |
gewesen. Das Zupflastern von Landschaft mit riesigen Gewerbegebieten und | |
gesichtslosen Eigenheimsiedlungen, die vor allem dem Profitinteresse | |
dienen, aber die Natur verschandeln, bringt die Menschen auf. Nicht nur im | |
Freistaat – die Bayern aber sind bundesweit Vorreiter im Widerstand | |
dagegen. Das Bewusstsein dafür wächst, dass Fläche ebenso endlich wie | |
wertvoll ist – als Natur- und Kulturlandschaft und für einen cleveren, | |
sparsamen Wohnungsbau. | |
Die CSU, die ihre Existenz damit begründet, das ominöse bayerische | |
Mia-san-mia-Gefühl zu bedienen, scheint nicht nur bei der Herabwürdigung | |
von Flüchtlingen ihren politischen Kompass verloren zu haben. | |
Ministerpräsident Söder, der sich dafür lobt, ein Instinktpolitiker zu | |
sein, hat mitsamt seinen Beratern und seinem Kabinett [2][die kommende | |
Brisanz des Themas Flächenfraß nicht erkannt] – weil ihm Umweltpolitik | |
weiterhin nichts bedeutet. Von CSU-Seite heißt es immer noch, dass der | |
ländliche Raum Entwicklungsmöglichkeiten und dafür Platz brauche. Das ist | |
das alte Fortschrittsdenken, das bis in die 80er Jahre währte. Es ist die | |
alte CSU-Saga von vorgestern, wie die Partei das einst verarmte Bauernland | |
aufgepäppelt und in goldene Zeiten geführt hatte. | |
Recht peinlich, da weitgehend nutzlos erscheinen aktuelle | |
CSU-Umwelt-Feigenblätter wie das Verleihen des Gütesiegels „flächenbewusste | |
Kommune“. In Bayern wurde das „Heimatministerium“ erfunden, und die CSU h… | |
dieses Ressort auch im Bund durchgesetzt, Minister ist bekanntlich Horst | |
Seehofer. Dass die Partei nun beim Flächenfraß im Abwehrkampf ist und sich | |
nicht an die Spitze der Bewegung gestellt hat, zeigt die Schwierigkeit der | |
CSU im Umgang mit gesellschaftlicher Realität. | |
In Sachen direkte Demokratie sind die bayerischen BürgerInnen sehr rege. | |
Mit dem massenhaften Sammeln von Stimmen hatten sie schon vor fünf Jahren | |
bewirkt, dass der damalige Ministerpräsident Seehofer die eingeführten | |
Studiengebühren von sich aus beerdigte. Ein Wahlkampf mit dem Unterton, | |
dass die christsozialen Heimaterfinder ihre Heimat vor allem zubetonieren | |
wollen, könnte für Seehofer, Söder und Co. noch gefährlich werden. | |
18 Jul 2018 | |
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[1] /Keine-Eindaemmung-des-Flaechenfrasses/!5522479 | |
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## AUTOREN | |
Patrick Guyton | |
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