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# taz.de -- „Ausgehetzt“-Demo in München: Bayern kann es allein
> Die Demo mit mehreren Zehntausend war ein Signal: 100 Jahre nach Gründung
> des Freistaats kommen die Menschen sehr gut ohne die CSU aus.
Bild: Das andere Bayern: Teilnehmer der „Ausgehetzt“-Demo in München am So…
Ich war nicht dabei. So wie viele, die in gar nicht härteren, aber
hoffnungsloseren Vor-1989-Zeiten München den Rücken gekehrt haben. Man
trifft sie in Berlin, in Hamburg oder in der Uckermark, diese
Bayern-München-Exilanten, die sich irgendwann gesagt haben, nein, mit
diesem CSU-Staat, das wird nix mehr, jedenfalls nicht mit mir, mit mir
nicht!
Die Zeit, um mit dem bayerischen Dichter Brecht zu sprechen, die auf Erden
mir gegeben ist, werde ich anders verbringen, als gegen eine
Einparteienherrschaft anzugehen. Die – und das sollte man bei aller
Hoffnung nach der großartigen Demo „Ausgehetzt“ vom Sonntag nicht vergessen
– jedenfalls nicht ausschließlich von irgendwelchen Meinungen abhängt, die
irgendwelche lustigen Stehhalbe-Gestalten à la Andi Scheuer oder
Zigarettenbürscherl der Vergiftungsindustrie wie Alexander Dobrindt in die
Welt posaunen; sondern von Interessen, von Eliten, die mit und durch die
CSU Karrieren machen, die zu netten Bewährungsstrafen verurteilt werden,
wenn sie öffentliche Gelder in Milliardenhöhe verzocken, die alles täten
(und tun), um Steuern zu sparen und dafür zu sorgen, dass ihre
biergesichtigen Zöglinge mit einem größtmöglichen Erbe als
Wettbewerbsvorteil gegen die ganzen sonstigen Grattler in das Rennen um das
gute, wohlversorgte Leben starten.
Es ist keine „genetische Dings“, um Gerhard Polt zu zitieren, dass die CSU
„bis heute ein Spiegelbild des Bayerischen“ ist (Peter Gauweiler im
aktuellen Spiegel): Im System CSU bekommen eine Menge Leute einfach genug
ab, damit moralische Maßstäbe für sie keine Rolle spielen.
Und man kann schon auf den Gedanken kommen, dass sowohl die
[1][rassistische Aggressivität der CSU] wie auch das Distanznehmen
großbürgerlicher Wähler vor allem ein Ziel hat: dass diese Privilegien in
einer sich zügig verändernden Gesellschaft nicht thematisiert und schon gar
angetastet werden.
Wenn aktuelle [2][Umfragen der CSU nur 38 Prozent prognostizieren], dann
ist das trotzdem ein Anlass zur Freude für fast alle Menschen in Bayern,
vorausgesetzt natürlich, die CSU setzt ihrem Rechtsradikalismus-Tourismus
tatsächlich eine Obergrenze und koaliert nach der Landtagswahl am 14.
Oktober nicht mit der AfD. Üblicherweise folgen an dieser Stelle
historische Reminiszenzen an die doch ach so großen Verdienste der CSU um
die Modernisierung Bayerns vom Agrar- zum Atom-, Flächenversiegelungs-,
Discount-Dirndl- und Audi-BMW-Siemens-Staat. Haben wir dann hiermit gehabt.
Dass die Landeshauptstadt München in einer [3][Studie] des
Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung als Stadt mit
vergleichsweise guter sozialökonomischer Durchmischung abschneidet, ist
allerdings nicht der CSU zu verdanken, sondern der – ungewöhnlich, stimmt –
SPD, die in München seit 1946 mit einer Ausnahme regiert. Die Ausnahme war
der CSU-Bürgermeister Erich Kiesl, der 1998 zu einer CSU-üblichen
Bewährungsstrafe verurteilt wurde.
Im November wird der Freistaat Bayern 100 Jahre alt. „Bayern ist Republik“
– dass dieser Juchzer Wirklichkeit wurde, war vor allem den Revolutionären
in München um [4][Kurt Eisner] zu verdanken. Eine wahre Republik aber kann
kein Einparteienstaat sein. Bayern steht nicht einer Welt von Feinden
gegenüber – ob in Berlin, am Brenner oder im Mittelmeer –, die eine
nationale Sammlungspartei wie die CSU notwendig machte. „Bayern kann es
auch allein“, möchte man einen separatistischen Buchtitel des
CSU-Vordenkers Wilfried [5][Scharnagl] abwandeln. Wenn der CSU-Abschnitt
der bayerischen Geschichte einmal Vergangenheit geworden ist, werden nur
Historiker noch rekonstruieren können, warum ein waches Land sich so lange
von dermaßen mediokren Gestalten hat repräsentieren lassen.
23 Jul 2018
## LINKS
[1] /Kommentar-Massendemo-in-Muenchen/!5523062
[2] /CSU-sackt-in-Umfragen-ab/!5522728
[3] https://www.wzb.eu/de/pressemitteilung/arm-und-reich-jung-und-alt-immer-sel…
[4] /!t5417107/
[5] /!5085207/
## AUTOREN
Ambros Waibel
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