| # taz.de -- Kommentar zur Abschiebung von Sami A.: Den Rechtsstaat aushalten | |
| > Ein Islamist wurde trotz Gerichtsverbot abgeschoben und soll nun auf | |
| > Staatskosten zurück dürfen. Das ist kein Irrsinn, sondern | |
| > Rechtsstaatlichkeit. | |
| Bild: Was sagt eigentlich der Horst dazu? | |
| Der als Gefährder eingestufte Islamist Sami A. wurde am Freitag | |
| abgeschoben, obwohl ein Gericht am Donnerstag genau das verboten hatte. | |
| Jetzt fordern die Richter, dass der Mann auf Staatskosten zurückgeholt | |
| wird. Ja, dieser Fall wirft Fragen auf. Eine davon lautet: Ist das nicht | |
| totaler Irrsinn, der den Rechtspopulisten in die Hände spielt? | |
| Irrsinnig ist zunächst, dass die Fakten seit einem [1][Bericht der WAZ im | |
| Jahr 2012] bekannt sind: Sami A. war um die Jahrtausendwende sieben Monate | |
| in Pakistan, er soll dort „ein Leibwächter“ des Al-Qaida-Chefs Osama bin | |
| Laden gewesen sein. Er stand im Verdacht, zwei junge Muslime radikalisiert | |
| zu haben, die später [2][als Teil der Düsseldorfer Al-Qaida-Zelle | |
| verurteilt] wurden. | |
| Ermittlungen gegen ihn waren aber eingestellt worden. Und eine Abschiebung | |
| in sein Heimatland Tunesien war von Gerichten untersagt worden, weil ihm | |
| dort Folter drohe. Daran hatte sich bis Freitag wenig verändert. Außer dass | |
| der Mann nicht mehr als „ein Leibwächter bin Ladens“ beschrieben wird, | |
| sondern mittlerweile in fast allen deutschen Medien als „der Leibwächter“. | |
| Eine Petitesse? Nein, sondern die Folge einer monatelangen Kampagne der | |
| Bild, die den Fall zum Exempel für eine fehlgeleitete Asylpolitik | |
| stilisiert. Immer nach dem Motto: Wenn man den schon nicht abschieben kann, | |
| wen dann? Ein gefundenes Fressen für die Extremvereinfacher der AfD und für | |
| Innenminister Horst Seehofer, der die Abschiebung des Mannes seit Monaten | |
| öffentlich vorantreibt. | |
| ## Die normale Komplexität des Rechtsstaates | |
| Ohne Zweifel: Sami A. ist kein Unschuldslamm. Man kann gut nachvollziehen, | |
| warum die Sicherheitsbehörden zu dem Schluss kommen, es wäre besser, wenn | |
| er nicht in Deutschland leben würde. Aber dieses Land zeichnet sich eben | |
| auch dadurch aus, dass das Bedürfnis, einen potenziellen Gefährder | |
| loszuwerden, nicht allein ausschlaggebend ist. Schon gar nicht, wenn ihm | |
| nach einer Abschiebung Folter droht. Und dass über die Einhaltung dieser | |
| Maßstäbe Gerichte wachen. | |
| Es ist also kein Irrsinn, sondern die ganz normale Komplexität eines | |
| Rechtsstaates, die man aushalten muss. Auch wenn dessen Urteil im | |
| Einzelfall unbefriedigend erscheinen mag. | |
| Zum Glück stellte [3][Justizministerin Katarina Barley (SPD) am Sonntag auf | |
| Twitter klar]: „Es muss gelten, was Gerichte entscheiden. Das ist Grundlage | |
| jedes #Rechtsstaats. Wer daran zweifelt, stellt die Verfasstheit unseres | |
| Staates infrage.“ | |
| Dem ist nichts hinzuzufügen. Außer, dass so ein klares Statement eigentlich | |
| als Erstes von dem hätte kommen müssen, der in den Fall involviert ist: | |
| Horst Seehofer. Der aber schweigt. | |
| 16 Jul 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.waz.de/staedte/bochum/bin-ladens-ex-bodyguard-soll-in-bochum-te… | |
| [2] /!5028746 | |
| [3] https://twitter.com/katarinabarley/status/1018431517670993920 | |
| ## AUTOREN | |
| Gereon Asmuth | |
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