# taz.de -- Arbeitsminister legt Gesetzesentwurf vor: Heils Rentenpakt | |
> Das Versprechen: Stabile Renten und Beiträge, mehr Geld für ältere Mütter | |
> mit mindestens drei Kindern, Erwerbsunfähige und Kleinverdiener. | |
Bild: Hubertus Heil verspricht Großes: „Mit dem Rentenpaket schaffen wir Sic… | |
BERLIN taz | Hubertus Heil übte sich in Pathos: „Wer morgen sicher leben | |
will, muss heute für Veränderung sorgen“, philosophierte der | |
sozialdemokratische Bundesarbeitsminister bei der Vorstellung seines | |
„Rentenpakts für Deutschland“ am Freitag in Berlin. | |
Dessen Kernpunkte: eine sogenannte doppelte Haltelinie für Rentenniveau und | |
Beitragssatz, die Ausweitung der „Mütterrente“, Verbesserungen für | |
krankheitsbedingte Frührentner sowie eine Entlastung von Geringverdienern | |
bei den Sozialabgaben ohne Einbußen beim Rentenanspruch. | |
Heils Gesetzesentwurf, der jetzt in die Ressortabstimmung geht und | |
unmittelbar nach der Sommerpause im Kabinett beschlossen werden soll, | |
schreibt fest, dass das Rentenniveau bis 2025 nicht unter 48 Prozent eines | |
Durchschnittslohns sinken und dass der Beitragssatz nicht über 20 Prozent | |
steigen darf. | |
Finanziell abgesichert werden soll das durch einen mit Steuergeldern | |
gespeisten „Demografiefonds“. Von 2021 bis 2025 sollen jährlich mindestens | |
2 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt in diesen Fond fließen. Das Geld | |
soll freigegeben werden, wenn eine der beiden „Haltelinien“ verletzt zu | |
werden droht. | |
## Drei Millionen Menschen profitieren | |
Es gehe darum, die Rente auskömmlich zu halten, ohne Jüngere finanziell zu | |
überlasten, sagte Heil: „Ich kenne keine Oma, die ihrem Enkel die Zukunft | |
verbauen will, und ich kenne kein Enkel, der seiner Oma nicht eine | |
ordentliche Altersabsicherung gönnt.“ | |
Ein weiteres Element seines Rentenkonzepts ist eine Änderung der | |
Berechnungsgrundlage für Erwerbsminderungsrenten, von der nach Heils | |
Angaben rund 170.000 krankheitsbedingte Frührentner profitieren würden. | |
Außerdem sollen Geringverdiener künftig erst ab einem Monatseinkommen von | |
1.300 Euro die vollen Sozialbeiträge zahlen – ohne dass sich ihre spätere | |
Rente verringert. Bisher liegt die Grenze bei 850 Euro. Davon sollen drei | |
Millionen Menschen profitieren. | |
Für ebenso viele lohnt sich die Ausweitung der „Mütterrente“, ein | |
Herzensanliegen der CSU: Künftig sollen Eltern mit mindestens drei vor 1992 | |
geborenen Kindern auch das dritte Erziehungsjahr anerkannt bekommen. Damit | |
würden sie Müttern und Vätern von nach 1992 geborenen Kindern | |
gleichgestellt werden. | |
## Gesamtkosten rund 30 Milliarden Euro | |
Die Beschränkung auf kinderreiche Eltern ist allerdings wie | |
verfassungsrechtlich umstritten. Er könne sich „auch eine Alternative | |
vorstellen“, die alle Mütter und Väter berücksichtige, räumte Heil ein. | |
Hier gebe es „noch Gesprächsbedarf“. Er habe sich in seinem Entwurf jedoch | |
erstmal „eins zu eins“ an die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag gehalten. | |
„Ich überlasse das der Klärung der Fraktionen im parlamentarischen | |
Verfahren.“ | |
Die Gesamtkosten für sein Rentenpaket bezifferte Heil bis zum Jahr 2025 auf | |
rund 30 Milliarden Euro, von denen der Bund 11 Milliarden Euro trage. 19 | |
Milliarden Euro sollen aus Beitragsmitteln der gesetzlichen | |
Rentenversicherung kommen. | |
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte Heils Gesetzesvorhaben. Die | |
Rentenkampagne der Gewerkschaften habe „einen ersten handfesten Erfolg zu | |
verzeichnen“, jubilierte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. „Damit | |
wird endlich der automatische Renten-Sinkflug gestoppt, und zwar per | |
Gesetz.“ Als „anerkennenswert“ bezeichnete sie die Verbesserungen bei den | |
Erwerbsminderungsrenten und für Geringverdiener. Allerdings seien sie noch | |
nicht ausreichend. | |
Auch der Sozialverband VdK begrüßte die Reformpläne als „Schritte in die | |
richtige Richtung“. Weitere seien allerdings erforderlich, sagte | |
VDK-Präsidentin Verena Bentele: „Dringend nötig ist eine dauerhafte | |
Anhebung des Rentenniveaus auf 50 Prozent, damit die Renten wieder | |
entsprechend der Löhne steigen.“ Darüber hinaus forderte sie eine | |
Erwerbstätigenversicherung, in die alle einzahlen: Arbeitnehmer, | |
Selbstständige, Politiker und Beamte. Auch ein höherer | |
Rentenversicherungsbeitrag der Arbeitgeber dürfe „kein Tabu“ sein. | |
## Kostenbumerang für Kinder und Enkel | |
Als „in der Summe teuer und ungerecht“ kritisierte hingegen die | |
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände Heils Reformpaket. „Die | |
Zusicherung eines Mindestrentenniveaus von 48 Prozent widerspricht dem | |
Grundsatz der Generationengerechtigkeit“, monierte Hauptgeschäftsführer | |
Steffen Kampeter. „Unseren Kindern und Enkelkinder bürden die Reformen | |
einen enormen Kostenbumerang auf.“ | |
Genau entgegengesetzte Kritik kommt von der Linksfraktion im Bundestag. | |
„Die Beitragssatzbremse werden zwar die Unternehmen bejubeln, aber für | |
heutige und zukünftige Rentner ist sie Gift“, sagte der rentenpolitische | |
Sprecher der Linksfraktion, Matthias W. Birkwald. Das Einfrieren des | |
Rentenniveaus „auf nur 48 Prozent“ sei „hasenfüßig“. Er forderte eine | |
dauerhafte Anhebung auf 53 Prozent. Mit einer moderaten | |
Beitragssatzanhebung sei das „gut zu finanzieren“. | |
Der Sprecher für Rentenpolitik der grünen Bundestagsfraktion, Markus Kurth, | |
warf der schwarz-roten Regierung Konzeptionslosigkeit vor: „Die Koalition | |
verfügt über kein Konzept, um die Rentenversicherung über 2025 hinaus | |
dauerhaft stabil zu finanzieren.“ So sei es „absurd, auf der einen Seite | |
mit Steuermilliarden einen Demografiefonds anzulegen und auf der anderen | |
Seite die Rentenreserven mit der ‚Mütterrente II‘ zu schwächen“. | |
Die Deutsche Rentenversicherung forderte in einer Stellungsnahme, dass | |
zusätzliche Leistungen „sachgerecht finanziert werden“ müssten. Dies | |
insbesondere für die „Mütterrente II“. Das sei „eine | |
gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, die nicht allein den Beitragszahlern | |
aufgebürdet werden dürfe. „Sie ist vielmehr in vollem Umfang aus | |
Steuermitteln zu finanzieren“, so die Deutsche Rentenversicherung. Dies | |
gelte auch bereits für die Kosten der 2014 eingeführten „Mütterrente I“. | |
13 Jul 2018 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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