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# taz.de -- Angst vor erneutem Putschversuch: Massenentlassungen in der Türkei
> In der Türkei wurden erneut 18.000 StaatsdienerInnen entlassen. Angeblich
> soll dies die letzte derartige Aktion unter dem Ausnahmezustand sein.
Bild: „Erdoğan hat damit die weitreichendste Säuberungsaktion in der türki…
Istanbul taz | Per Notstandsdekret hat Präsident Recep Tayyip Erdoğan am
Sonntag in der Türkei neue Massenentlassungen von Beamten und Militärs
angeordnet. Insgesamt 18.632 Staatsbedienstete wurden qua Veröffentlichung
im Amtsblatt vor die Tür gesetzt. Das Gros kommt aus dem
Sicherheitsapparat. 9.000 Polizisten und 6.000 Militärs verlieren ihren
Arbeitsplatz, weil sie angeblich am Putschversuch vor zwei Jahren beteiligt
gewesen sein sollen. Die übrigen stammen aus dem Justizministerium, aus der
Religionsbehörde oder dem Außenministerium.
Nach inoffiziellen Verlautbarungen soll das jetzige Notstandsdekret das
letzte sein, bevor der Ausnahmezustand am 18. Juli ausläuft. Erdoğan hatte
im Wahlkampf angekündigt, dass der Ausnahmezustand nicht mehr verlängert
wird. Sollte das so sein, sind seit dem Putschversuch am 15. Juli 2016 und
dem anschließenden Ausnahmezustand insgesamt 160.000 Angehörige des
öffentlichen Dienstes gefeuert worden, 70.000 wurden angeklagt.
Erdoğan hat damit die weitreichendste Säuberungsaktion in der türkischen
Geschichte durchgesetzt. Da er den Putschversuch der Gülen-Sekte und ihrem
Führer Fetullah Gülen anlastet, wurde die gesamte Gesellschaft nach
tatsächlichen oder vermeintlichen Anhängern Gülens durchleuchtet. Da die
AKP Erdoğans mehr als zehn Jahre lang eng mit der Sekte zusammengearbeitet
hat, wusste er, wo er suchen muss.
## Oppositionelle, Journalisten und Intellektuelle im Visier
Das Misstrauen richtete sich vor allem gegen den eigenen
Sicherheitsapparat, in dem sich viele Anhänger Gülens befunden haben.
Insbesondere die Polizei sei systematisch von Gülen-Seilschaften
unterwandert worden, hatten schon vor dem Putsch kritische Journalisten
berichtet. Doch solange Erdoğan mit Gülen kooperierte, waren Gülen-Leute in
Polizei und Justiz unantastbar. Nach dem Putsch kannte die Paranoia keine
Grenzen.
Neben der Gülen-Sekte nahmen Erdoğan und die AKP auch Oppositionelle,
kritische Journalisten und Intellektuelle ins Visier. Rund 150 Journalisten
sitzen bis heute in Untersuchungshaft. Oder sie wurden, wie zuletzt am
Freitag sechs ehemalige Journalisten der 2016 geschlossenen konservativen,
Gülen-nahen Zeitung Zaman, in erster Instanz zu langjährigen Haftstrafen
verurteilt.
Mit der geplanten Vereidigung Erdoğans als Präsident am heutigen Montag
geht diese Post-Putsch Ära offiziell zu Ende. Mit der Vereidigung tritt
auch das neue Präsidialsystem offiziell in Kraft. Erdoğan will am Montag
oder Dienstag sein neues Kabinett vorstellen. Einen Ministerpräsidenten
gibt es dann nicht mehr, stattdessen ernennt Erdoğan einen oder mehrere
Vizepräsidenten. Vor der AKP-Fraktion sagte Erdoğan am Wochenende, das
größte Problem bleibe weiterhin ein möglicher neuer Putschversuch.
8 Jul 2018
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Putschversuch Türkei
Opposition in der Türkei
Schwerpunkt Türkei
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