# taz.de -- Neue Regeln für Windkraftanlagen-Bau: Windräder im Norden wieder … | |
> In Schleswig-Holstein sollen sich die Rotoren künftig weiter weg von | |
> Siedlungen und dichter an Deichen und Autobahnen drehen. Noch sind die | |
> neuen Regeln vorläufig. | |
Bild: Dichter geht's nicht: Windenergie-Park im Kreis Dithmarschen | |
NEUMÜNSTER taz | Weiter Himmel, flaches Land und jede Menge Flügel: | |
Schleswig-Holsteins größtes zusammenhängendes Windkraftgebiet in der | |
Gemeinde Reußenköge in Nordfriesland könnte demnächst wachsen: Der Park, an | |
dem so gut wie alle EinwohnerInnen beteiligt sind, hat gute Chancen, bald | |
noch zu wachsen. Es ist eines von landesweit fünf Gebieten, in denen | |
vermutlich zügig Genehmigungen für den Bau neuer oder den Austausch maroder | |
Windräder erteilt werden. Insgesamt warten rund 600 Anträge auf | |
Bearbeitung. | |
Seit 2015 herrscht ein Genehmigungsverbot für Windkraftanlagen. Damals | |
hatte das Oberverwaltungsgericht in Schleswig die Regionalpläne gestoppt, | |
gegen die GegnerInnen wie BefürworterInnen neuer Parks geklagt hatten. Denn | |
das zuständige Innenministerium hatte Gebiete ausgeschlossen, wenn es | |
lokalen Protest gab. Das ließ das Gericht nicht gelten. „Politisch richtig, | |
rechtlich ausgeurteilt“, so der damalige Ministerpräsident Torsten Albig | |
(SPD). Seither bastelt das Innenministerium, seit 2017 unter Leitung von | |
Hans-Joachim Grote (CDU), an neuen Kriterien. | |
Am Dienstag beschloss das Kabinett einen Entwurf. Auch der ist aber nur | |
vorläufig, sodass weiterhin nur Ausnahmegenehmigungen erteilt werden. Den | |
fertigen Regionalplan wolle das Ministerium im August vorstellen, sagte | |
Innenstaatssekretärin Kristina Herbst (CDU). Sie ging aber davon aus, dass | |
die Ausnahmegenehmigungen Bestand haben – auch vor Gericht. | |
Das neue Konzept benennt zahlreiche Kriterien, darunter Mindestabstände zu | |
Deichen, Vogelschutzgebieten und Dörfern. Vor allem darum hatte es Streit | |
gegeben: Die CDU hatte im Wahlkampf einen größeren Radius um Siedlungen | |
versprochen. Heraus kam ein Kompromiss: Bis 800 Meter vom Dorfrand haben | |
Anlagen Bestandsschutz, dürfen aber nicht erneuert werden. In Zonen | |
zwischen 800 und 1.000 Metern Abstand können Rotoren repowert, also durch | |
leistungsstärkere ersetzt werden. Neue Flächen werden nur außerhalb eines | |
1.000-Meter-Radius um Siedlungen ausgewiesen. | |
Im Vergleich zur früheren Planung bedeute das eine Verschiebung, sagte | |
Kristina Herbst: Rund 6.000 Hektar entfallen, ebenso viele kommen an | |
anderen Stellen hinzu. So können Binnendeiche mit einbezogen werden, an | |
Autobahnen rücken die Räder näher heran. | |
Alles in allem geht es um etwa zwei Prozent der Fläche Schleswig-Holsteins, | |
auf denen – so die rechnerische Erwartung – bis 2025 etwa 3.600 Anlagen | |
stehen werden. Das sind gut 500 mehr als heute, die zudem moderner und | |
größer als die heutigen Modelle sind. Gleichzeitig werden zahlreiche alte | |
Rotoren abgebaut, die nach den neuen Kriterien zu dicht an Häusern oder | |
Schutzzonen stehen. | |
Damit werde die angepeilte Leistung von zehn Gigawatt erreicht, teilte das | |
Energiewendeministerium auf taz-Anfrage mit: „Schleswig-Holstein hat damit | |
seine anstehenden klimapolitischen Hausaufgaben gemacht“, sagt Minister | |
Robert Habeck (Grüne). „Ob und wann die Ziele de facto erreicht werden, | |
hängt nun von bundespolitischen Rahmenbedingungen ab.“ | |
## Kritik vom Bundesverband Windenergie und der Opposition | |
„Ja, aber“ heißt es vom Bundesverband Windenergie: „Wir sind froh, dass | |
sich endlich etwas bewegt, aber das ist kein mutiger Schritt“, sagt Markus | |
Hrach aus der Landesgeschäftsstelle des Branchenverbandes. | |
Schleswig-Holstein, das die besten Voraussetzungen habe, sollte mehr Fläche | |
zur Verfügung stellen: „Nur so kann das Land sein selbst gesetztes Ziel | |
erreichen, Energiewendeland Nummer eins zu bleiben.“ | |
Um die Klimaziele einzuhalten, sei mehr notwendig, so Hrach. „Gerade | |
Schleswig-Holstein, wo die Branche in den Startlöchern steht und von | |
Tankstellen über Speicher bis Wärmegewinnung mehr machen möchte, sollte | |
hier selbstbewusst sein.“ | |
Kritik kommt auch von der Opposition. Thomas Hölck (SPD) kritisierte, die | |
Regierung habe ein Jahr vergeudet und damit der Windenergiebranche und dem | |
Land Schaden zugefügt. | |
4 Jul 2018 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
## TAGS | |
Energiewende | |
Schleswig-Holstein | |
Windkraft | |
Windräder | |
Windparks | |
Erneuerbare Energien | |
Energiewende | |
Energiespeicher | |
Energiewende | |
Windkraft | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Bundesrats-Initiative von Brandenburg: Ordentlich Wind gemacht | |
Brandenburg spricht von einer „Demokratisierung“ bei der Genehmigung von | |
Anlagen. Kritiker sprechen von einem „Alleingang“ | |
Stellenabbau bei Enercon: 800 Wind-Jobs auf der Kippe | |
Der Kraftwerkshersteller Enercon kündigt mangels Aufträgen | |
Stellenstreichungen an. Der Windenergie-Verband fordert mehr | |
Ausschreibungen. | |
Streit ums Erneuerbare-Energien-Gesetz: Grüne machen Wind für Förderung | |
Die Große Koalition verkämpft sich bei der Förderung der Erneuerbaren | |
Energien. Der Bundestag verhandelt jetzt einen Gesetzentwurf der Grünen. | |
Tauziehen um neue Windräder im Norden: Windkraft-Ausbau im Wartestand | |
Schleswig-Holsteins Jamaika-Koalition kündigt neue Pläne zum | |
Windkraft-Ausbau an. Aber wird damit der derzeit geltende Ausbau-Stopp | |
beendet? | |
Madiatorin über Energiewende-Streit: „Das ist alles ernstzunehmen“ | |
Bei neuen Windparks mehren sich die Konflikte mit Anwohnern und | |
Naturschützern. Es gebe aber auch Lösungen, sagt Mediatorin Bettina Knothe. |