| # taz.de -- Geplante Kohlekraftwerke in Japan: Neuer Klimasünder | |
| > In Japan sollen Dutzende neue Kohlekraftwerke gebaut werden. 2050 wird | |
| > der Inselstaat deshalb dreimal so viel Kohlendioxid produzieren wie | |
| > vorgesehen. | |
| Bild: Atomkraftwerk in Tomari auf Hokkaido, Japan | |
| Tokio taz | Japan wird die Pariser Klimaziele weit verfehlen, weil es die | |
| Kohlekraft massiv ausbaut. Dadurch wird der Inselstaat 2050 fast dreimal | |
| mehr Kohlendioxid produzieren als im Pariser Abkommen vorgeschrieben. Zu | |
| diesem Schluss kommt eine Studie des Forschungsinstituts Climate Analytics | |
| in Zusammenarbeit mit dem japanischen Renewable Energy Institute. Danach | |
| sind in Japan 18 Gigawatt an Kohlekraftwerken geplant, von denen sich 5 | |
| Gigawatt im Bau befinden. „Japan bewegt sich in die entgegengesetzte | |
| Richtung der übrigen Industriestaaten“, kritisiert Studienautorin Paola | |
| Yanguas Parra. | |
| In ihrem drei Jahre alten Energieplan geht Japans Regierung für das Jahr | |
| 2030 davon aus, dass 26 Prozent des erzeugten Stroms aus der | |
| Kohleverbrennung stammen. Daran dürfte sich bei der Aktualisierung des | |
| Plans, die noch im Juni erwartet wird, nichts ändern. Das zuständige | |
| Expertenkomitee hat die bisherigen Vorgaben für Atomkraft (20–22 Prozent) | |
| und erneuerbare Energien (22–24 Prozent) bereits beibehalten. Fossile | |
| Energieträger sollen die übrigen 56 Prozent liefern. | |
| Von diesem Energiemix ist Japan allerdings weit entfernt: Derzeit | |
| generieren Kohle, Gas und Öl 83 Prozent des Stroms, 15 Prozent kommen aus | |
| grünen Quellen und 2 Prozent aus der Uranspaltung. Die Klimaziele von Paris | |
| will die Regierung vor allem durch die Rückkehr der Atomenergie erreichen. | |
| Bisher hat Japan versprochen, im Vergleich zu 2013 den Ausstoß von | |
| Kohlendioxid bis 2030 um 26 Prozent und bis 2050 um 80 Prozent zu senken. | |
| Das hält das Renewable Energy Institute in Tokio für unrealistisch. „Japan | |
| braucht einen viel höheren Stromanteil aus erneuerbaren Quellen“, sagt | |
| Institutsforscher Yuri Okubo. Die Regierung bevorzugt Atom- und Kohlekraft, | |
| weil sie angeblich am preisgünstigen sind. Denn die 39 betriebsfähigen | |
| Atommeiler sind bereits abgeschrieben. Die Kosten für neue | |
| Sicherheitstechnik, die als Reaktion auf Fukushima vorgeschrieben wurde, | |
| sind daher erträglich. | |
| ## Neue Technologien treiben Kosten hoch | |
| Auch die überwiegend aus Australien importierte Kohle ist billig, weil sie | |
| über Tage abgebaut wird. Die Stromversorger haben in den vergangenen zwei | |
| Jahren acht neue Kohlekraftwerke in Betrieb genommen. Weitere 36 Anlagen | |
| sind für das nächste Jahrzehnt geplant. „Es wird schwer werden, unsere | |
| Emissionsziele zu erreichen“, räumt Japans Umweltminister Masaharu Nakagawa | |
| ein. | |
| Die Regierung rechtfertigt den Fokus auf Kohle mit neuen Technologien wie | |
| der ultrasuperkritischen Verstromung. Dabei wird Wasserdampf durch hohen | |
| Druck auf über 600 Grad erhitzt, was den Wirkungsgrad steigert. Je erzeugte | |
| Kilowattstunde entsteht also weniger klimaschädliches Kohlendioxid. Zudem | |
| will man das Treibhausgas teilweise auffangen und im Boden speichern. Ein | |
| Konsortium testet derzeit eine preisgünstige Speichertechnik im | |
| Meeresuntergrund vor der Küste von Hokkaido. Allerdings treiben diese neuen | |
| Technologien die Kosten nach oben. | |
| „Strom aus erneuerbaren Quellen wird zwischen 2020 und 2030 so billig | |
| werden wie aus Kohle“, prognostiziert Bill Hare, CEO von Climate Analytics. | |
| Deshalb werden Japans Stromversorger einige Kohlekraftpläne wahrscheinlich | |
| noch einmal auf den Prüfstand stellen. Bereits im März 2017 hatten eine | |
| Firmengruppe das Vorhaben eines gigantischen Kohlemeilers mit 1 Gigawatt | |
| Leistung aufgegeben. Umstände und Machbarkeit hätten sich geändert, hieß | |
| es. Ein Grund dürfte Japans sinkender Stromverbrauch durch Energiesparen | |
| und Bevölkerungsrückgang sein. | |
| 18 Jun 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Martin Fritz | |
| ## TAGS | |
| CO2-Emissionen | |
| Japan | |
| Kohlekraftwerke | |
| Weltklimaabkommen | |
| Atommüllentsorgung | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Greenpeace-Studie | |
| Umweltschutz | |
| taz FUTURZWEI | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Atomkraft in Japan: Japans irrsinnige Atompolitik | |
| In Rokkasho soll eine Wiederaufbereitungsanlage für Plutonium in Betrieb | |
| gehen. Doch der dazugehörige Brennstoffkreislauf ist längst Fiktion. | |
| Neun Jahre nach Fukushima: Japan setzt auf Kohle | |
| Die Regierung in Tokio steht wegen des Baus vieler neuer fossiler | |
| Kraftwerke am Pranger. Erneuerbare sind angeblich zu teuer. | |
| Studie von Greenpeace: Klimaziel 2020 doch noch machbar | |
| Alle Kohlekraftwerke abschalten? Laut Greenpeace-Studie kein Problem. Dann | |
| könnte Deutschland auch sein Klimaziel 2020 erreichen. | |
| Deutschlands Klimaziel für 2020: Versprechen offiziell gebrochen | |
| Deutschland verfehlt sein Klimaziel für 2020 um 100 Millionen Tonnen CO2. | |
| Die Emissionen sinken um 32 statt 40 Prozent. Die Gründe sind vielfältig. | |
| Aus taz FUTURZWEI: Das Öko-Update | |
| Die alte Erzählung von Fortschritt und Entwicklung ist überholt. Wir | |
| brauchen eine neue Ökonomie für das 21. Jahrhundert. Ein Entwurf. | |
| Kolumne Die eine Frage: Wenn ich tot bin, werd’ ich Öko | |
| Warum empört Trumps misogyner Satz „Grab them by the pussy“ die Leute mehr | |
| als die Aufkündigung des Pariser Klimaabkommens? |