Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Flüchtlingspolitik in Italien: Kein Schiff darf kommen
> In der Migrationsfrage „alleingelassen“ wurde Italien tatsächlich –
> allerdings erst seit September 2015. Die neue Regierung verschärft nun
> die Situation.
Bild: Land in Sicht! Hilft aber nicht viel, wenn das Land Italien heißt
Etwa 640.000 Flüchtlinge machten sich seit 2014 auf den Seeweg vor allem
von Libyen, aber auch von Tunesien aus in Richtung Italien. Spätestens seit
der Schließung der Balkanroute ist der Weg über die Straße von Sizilien zur
wichtigsten Flüchtlingsroute nach Europa geworden.
Da überrascht es nicht, dass Medien und Politiker aller Lager beharrlich
wiederholen, Italien werde „alleingelassen“ [1][von einem Europa,] das sich
hinter den Dublin-Normen verschanze, laut denen der erste europäische
Ankunftsstaat für die Aufnahme der Geflüchteten und die Abwicklung der
Asylverfahren zuständig ist.
Bei näherem Hinsehen zeigt sich allerdings, dass Italien zwar auf dem
Papier immer „allein“ war, in der Praxis bis vor drei Jahren jedoch weit
weniger. So kamen im Jahr 2014 etwa 170.000 Flüchtlinge in italienischen
Häfen an, unter ihnen 80.000 Syrer und Eritreer.
Doch nur 63.000 von ihnen stellten in Italien selbst einen Antrag auf Asyl
oder humanitären Schutz – die große Mehrheit zog weiter in Richtung Norden.
So gut wie niemand unter Syrern und Eritreern stellte einen Antrag;
faktisch war das Dublin-Regime außer Kraft gesetzt und ließ Italien eine
von den Geflüchteten selbst organisierte europäische Umverteilung zu.
Damit aber war es im Herbst 2015 vorbei. So sehr sich das Land über Angela
Merkels Flüchtlingspolitik freute – in der Hoffnung, jetzt komme es
tatsächlich zu einer Europäisierung –, so schnell wurde es zum Opfer der
neuen Verhältnisse.
## Dominoeffekt zunehmender Abschottung
Quer durch Europa gab es strengere Grenzkontrollen und wurde damit der
Weiterzug der Geflüchteten aus Italien erschwert. Schon 2015 stellten
84.000 der 154.000 Eingetroffenen dort einen Antrag, 2016 waren es 123.000
von 180.000 Flüchtlingen, und 2017 gar wegen Überhängen aus dem Vorjahr
130.000, denen 120.000 im selben Jahr nach Italien Geflohene
gegenüberstanden.
Italien bekam so den Dominoeffekt zunehmender Abschottung zu spüren – und
gab ihn seinerseits weiter. Mit der libyschen Regierung wurden Abkommen
erzielt, um die Abfahrten der von Schleusern organisierten Boote zu
verhindern. In der zweiten Jahreshälfte 2017 kamen nur noch 33.000, in den
ersten fünf Monaten des Jahres 2018 gar nur noch 13.000 Menschen von Libyen
nach Italien.
Der neue Innenminister Matteo Salvini kämpft gegen die auf hoher See
tätigen NGOs, [2][verweigerte dem Rettungsschiff „Aquarius“] das Anlegen in
einem italienischen Hafen und zwang es zu einer tagelangen Odyssee. Am
Samstag erklärte er, NGO-Schiffe sollten generell italienische Häfen nicht
mehr anlaufen. Ihre Rettungsarbeit würde damit praktisch unmöglich.
18 Jun 2018
## LINKS
[1] /Koalitionskrach-spitzt-sich-zu/!5513575
[2] /Seenotrettung-im-Mittelmeer/!5513202
## AUTOREN
Michael Braun
## TAGS
Italien
EU-Flüchtlingspolitik
Matteo Salvini
Seenotrettung
Ellwangen
Aquarius
EU-Gipfel
Schwerpunkt Rassismus
Giuseppe Conte
Schwerpunkt Flucht
Aquarius
Matteo Salvini
## ARTIKEL ZUM THEMA
Alassa M. gegen die „Bild“-Zeitung: Asylsuchender gewinnt – teilweise
Die „Bild“-Zeitung darf eine Falschaussage über einen Geflüchteten nicht
mehr verbreiten. Recherchefehler aber lässt das Gericht durchgehen.
Maßnahme gegen Rettungsschiff: Italien will „Aquarius“ festsetzen
Richter aus Italien haben die Beschlagnahmung des Seenotretters „Aquarius“
angeordnet. Angeblich hat die Crew Bordmüll falsch entsorgt.
Sondergipfel zur EU-Migrationspolitik: Mythos „gemeinsame Lösung“
Populisten machen Europa Druck. Das hat jetzt auch Juncker verstanden. Und
plant einen Sondergipfel, um die Krise zu stoppen.
Rechter Innenminister Italiens: Matteo Salvini will Roma zählen
Der Lega-Parteichef möchte Sinti und Roma registrieren lassen – und die
Ausländer unter ihnen ausweisen. Der Koalitionspartner M5S protestiert.
Kommentar Asylpolitik in Europa: Die Internationale der Nationalisten
Während Merkel und Italiens Regierungschef Harmonie zur Schau stellen,
schaffen ihre Innenminister Fakten. Sie eint das Ideal eines
flüchtlingsfreien Europas.
Flüchtlingsschiff „Aquarius“ an Land: Angekommen in Spaniens Politik
Die Irrfahrt der „Aquarius“ hat ein Ende. Die Geflüchteten bekommen ein
vierwöchiges Bleiberecht in Spanien. Die Opposition macht bereits Stimmung.
Nach Irrfahrt von Flüchtlingsschiff: „Aquarius“ kommt in Spanien an
Das Rettungsschiff „Aquarius“ hat den Hafen von Valencia erreicht. Dort
standen 2.320 Helfer bereit, um die Menschen aufzunehmen, darunter 470
Dolmetscher.
Rettungsschiffe von deutschen NGOs: Salvini will Einfahrt in Häfen verbieten
Italiens Innenminister Matteo Salvini verschärft nochmal den Ton in der
Flüchtlingsdebatte. Er will zwei privaten Seenotrettern untersagen,
Italiens Küste anzusteuern.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.