# taz.de -- Kommentar Daimler-Rückruf: Ende der Realitätsverweigerung | |
> Endlich räumt auch die Regierung ein, dass Daimler illegal gehandelt hat. | |
> Doch echte Konsequenzen ziehen? Das geht ihr immer noch zu weit. | |
Bild: Stress wegen Abgas: Daimler-Chef Dieter Zetsche verlässt am Montag das V… | |
Inzwischen freut man sich im Umgang mit der Autoindustrie schon über | |
Selbstverständlichkeiten. Zum Beispiel über die Anerkennung der Tatsachen. | |
Auch Daimler verwendet in seinen Fahrzeugen Abschalteinrichtungen, die im | |
realen Betrieb auf der Straße für einen überhöhten Schadstoffausstoß sorgen | |
– das ist allen ExpertInnen seit über zwei Jahren klar. Während die | |
Stickoxidwerte im Prüflabor eingehalten wurden, lagen sie bei vielen | |
Mercedes-Modellen in der Realität oft um ein Vielfaches über den erlaubten | |
Grenzwerten. | |
Trotzdem behauptet das Unternehmen bis heute, nichts Illegales getan zu | |
haben. Dass die Abgasreinigung regelmäßig gedrosselt oder komplett | |
deaktiviert werde, sei keine Trickserei, sondern technisch erforderlich und | |
damit als Ausnahme erlaubt, argumentiert Daimler. Und mit dieser | |
offensichtlichen Schutzbehauptung hatte das Unternehmen bisher Erfolg: | |
Entgegen der Einschätzung der EU-Kommission und der meisten Fachleute | |
betrachtete auch das Verkehrsministerium die Abschalteinrichtungen von | |
Daimler als zulässig. | |
Am Montagabend hat sich das endlich geändert: CSU-Verkehrsminister Andreas | |
Scheuer bezeichnet das Vorgehen des Stuttgarter Konzerns nun als illegal | |
und verfügt einen amtlichen Rückruf für 240.000 Mercedes-Fahrzeuge. Auch | |
wenn es zu denken geben sollte, dass im Dieselskandal schon das Ende einer | |
offensichtlichen Realitätsverweigerung als gute Nachricht gilt, ist diese | |
neue Haltung ein Fortschritt, den man anerkennen muss. | |
Doch leider bleibt es bei dieser einen guten Nachricht. Wirkliche | |
Konsequenzen drohen der Autoindustrie weiterhin nicht. Strafen wurden | |
angedroht, aber nicht verhängt. Bei den betroffenen Fahrzeugen muss Daimler | |
nun zwar zwangsweise eine neue Software aufspielen – statt freiwillig, wie | |
bisher vorgesehen. Doch damit sinkt der Stickoxidausstoß nur geringfügig | |
und bleibt in den meisten Fällen weiterhin über den Grenzwerten. Die | |
weitaus wirksame Hardware-Nachrüstung zur Pflicht zu machen, lehnt die | |
Bundesregierung weiterhin ab. | |
Vielleicht ändert sich das noch, wenn in immer mehr Städten | |
Diesel-Fahrverbote eingeführt werden und die Realitätsverweigerung auch bei | |
dieser Frage immer schwieriger wird. Dass er zu neuen Einschätzungen in der | |
Lage ist, hat Scheuer ja nun bewiesen. Nun muss er auch noch bei Blauer | |
Plakette und Hardware-Nachrüstungen die Fakten zur Kenntnis nehmen – und | |
zwar am besten nicht erst nach weiteren zwei Jahren. | |
12 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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