# taz.de -- Antisemitismus in Europa: Die Vertriebenen | |
> Anne und Aaron de Haas sind Europäer, ein binationales jüdisches Paar. Im | |
> Juli wollen sie nach Israel auswandern – zermürbt vom Judenhass. | |
Bild: Das Haus ist verkauft. Anne und Aaron de Haas vor ihrem Heim in Elten | |
EMMERICH-ELTEN taz | Eines Tages hat Aaron de Haas seine Frau angeschaut | |
und gesagt: „Ich möchte hier nicht sterben.“ Das ist schon ein paar Jahre | |
her, doch Anne de Haas klingt dieser Satz heute noch im Ohr. „Ich dachte, | |
jetzt wird es Zeit“, erinnert sie sich. Nicht, dass ihr Mann schwer krank | |
gewesen wäre. Er hatte einfach nur genug vom Gesamteindruck eines jüdischen | |
Lebens in den Niederlanden und Deutschland, in dem er sich beständig | |
unerwünscht fühlte. Den einen Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt – | |
es gab ihn nicht. Die Sache lag tiefer. Wesentlicher. | |
Vor dem Grundstück der De Haas steht ein Schild mit der Aufschrift | |
“Verkauft“. Das kleine Stück Land mit dem Haus liegt in dem Dorf Elten, | |
ganz am Rande der Grenzstadt Emmerich, zwischen Duisburg und Arnheim. Das | |
Gebäude ist umgeben von weiteren freistehenden, ziemlich großzügigen | |
Häusern. Idyllische Hanglage, so würde man das wohl in einem Prospekt | |
nennen. Nur ein paar Kilometer weiter beginnen die Niederlande. Das Haus, | |
auffallend pittoresk, hat das Psychologen-Paar einst selbst aus hellem Holz | |
gebaut. Warm und einladend wirkt es, ein bisschen wie ein Chalet, und so | |
riecht es auch. | |
Für Anne, 58, und Aaron, 78, sie aus Hamburg, er aus Hoorn in der Provinz | |
Nord-Holland, reicht ein lauschiges Zuhause allerdings längst nicht mehr | |
aus. Die Atmosphäre draußen, das gesellschaftliche Klima und dann immer | |
wieder diese Zwischenfälle: All das hat sie dazu gebracht, ihre Zelte | |
abzubrechen. In Elten. In Deutschland, den Niederlanden, in Europa. In ein | |
paar Tagen, am 1. Juli, wird das Paar nach Israel auswandern. | |
Lange haben sie von diesem Schritt geredet. Anfang April trennen sie nur | |
noch wenige Monate davon. Natürlich ist das kein normaler Umzug. Wie gehen | |
zwei Menschen diesen Weg? Wie blicken sie zurück, wie voraus? Mit welchen | |
Gefühlen verlassen sie einen Ort, an dem sie keine Wurzeln schlagen | |
konnten? | |
## Anfang April: 152 Umzugskartons warten | |
Es ist Februar, als bei den De Haas das große Packen beginnt. Anne und | |
Aaron sind soeben aus Israel zurückgekehrt, wo sie in Safed, im Norden, ein | |
Haus gekauft haben. Für das in Elten hat sich im Winter ein Käufer | |
gefunden, endlich. Lange schreckte ausgerechnet das Holz interessierte | |
Kandidaten ab. Schön, aber nicht zweckmäßig, dachten sie wohl. „Das Haus | |
hat uns hier festgehalten, sonst wären wir schon früher gegangen“, sagt | |
Anne. | |
Anfang April steht der Zähler bei 152 gepackten Kartons. Sie stapeln sich | |
im Flur vor der Treppe, nummeriert und mit Zetteln versehen, die den Inhalt | |
angeben. Ein wenig mehr als ein Viertel sind es erst, doch Anne und Aaron | |
sind auf dem Absprung. Unwiderruflich. | |
Im Rückblick scheint es, als wären sie das schon lange. Aaron, ein | |
kräftiger Mann mit Bart, kariertem Hemd und Kippa, sitzt auf der Veranda | |
hinter dem Haus. Nach 13 Jahren in Elten sieht er nun zum letzten Mal | |
seinen Garten aus dem Winterschlaf aufwachen. Die Eiche am Rand des | |
Grundstücks schlägt aus. Darunter befand sich einer der Lieblingsplätze des | |
Paars. Ist da etwas wie Wehmut, dieses selbst gemachte Refugium zu | |
verlassen? „Absolut“, räumt er ein, „gerade weil wir so unseren Stempel | |
darauf gedrückt haben. Aber es ist nicht so, dass ich keinen Abschied | |
nehmen kann. Eigentlich habe ich das schon.“ | |
Es hat durchaus etwas Brutales, die begrenzte Fähigkeit eines Orts zu | |
sehen, seinen Bewohnern Geborgenheit zu spenden. „Ich fühle mich hier nicht | |
zu Hause“, sagt Aaron de Haas, und man merkt, dass dies nichts mit dem | |
Zuschnitt der Räume oder schimmelnden Wänden zu tun hat. Die | |
Selbstverständlichkeit, mit der dieser Satz aus seinem Mund kommt. Dass da | |
kein Hadern mehr ist! Dass er, wie er es ausdrückt, sich an nichts anderes | |
erinnern kann als das Gefühl, fremd zu sein. „Manchmal fragte mich jemand: | |
Bist du eher Niederländer oder eher Jude?“ Dass das eine das andere | |
scheinbar ausschließt, daran hat er sich gewöhnt. „Für mich war immer klar: | |
Ich bin Jude.“ | |
## Eine Geschichte von Ausgrenzung und Hass | |
Ende der 1940er Jahre hatte der kleine Aaron davon freilich noch keinen | |
Schimmer. Er weiß weder, was Juden sind, noch, was er mit ihnen zu tun hat, | |
und erst recht nicht, warum die Eltern, als er ein Kleinkind war, | |
untertauchen mussten und ihn in einem anderen Versteck, wie sie es hofften, | |
in Sicherheit brachten. Er lebt im Städtchen Hoorn am Ijsselmeer und geht | |
zur Grundschule. Eines Tages beschimpft ihn jemand dort als „dreckigen | |
Scheißjuden“. Aaron fragt die Eltern, was das soll. Er erhält keine | |
Antwort. Es ist die erste von vielen Beschimpfungen. Und zum ersten Mal | |
merkt er, dass in seinem Elternhaus nicht über den Holocaust gesprochen | |
wird. | |
Knapp zwanzig Jahre später studiert Aaron de Haas. Er hat Sympathien für | |
Hippies, für Anarchie und träumt von einem libertären gesellschaftlichen | |
Aufbruch. Im Alltag aber ist davon manchmal bitterwenig zu merken. Eines | |
Abends sitzt Aaron mit ein paar Kommilitonen in einer Bar. Ein Mann tritt | |
ein und ruft dem Wirt zu: „Ein Pils für alle hier, außer für den Juden da | |
drüben.“ Er weist auf Aaron. Der nimmt solche Beleidigungen inzwischen | |
nicht mehr hin und will den Mann zur Rede stellen. „Man musste mich | |
zurückhalten. Sie sagten, ich sei aggressiv gewesen. Das war ich natürlich | |
auch. Aber dieser Kerl ist einfach geblieben, und niemand sagte etwas. | |
Eigentlich hätten meine Mitstudenten ihn doch rausschmeißen müssen!“ | |
Eigentlich hätte dem Ehepaar De Haas auch niemand ein Hakenkreuz auf den | |
Schuppen schmieren sollen. Genau das aber passiert, als Anne und Aaron kurz | |
vor der Jahrtausendwende in Varsseveld wohnen, einem niederländischen Dorf | |
in einer Region namens Achterhoek, tiefste Provinz an der deutschen Grenze. | |
Auf einem Bauernhof haben die beiden sich niedergelassen. Jahre zuvor haben | |
sie geheiratet, nachdem Aarons erste Ehe geschieden wurde. Kennengelernt | |
haben sie sich auf einer Fortbildung für Psychologen. Aaron war Dozent, | |
Anne Teilnehmerin. Inzwischen haben sie einen Sohn, der zur Schule geht. | |
Dass auf dem Dorf jeder jeden kennt, stimmt nur teilweise. So weiß man in | |
Varsseveld wohl, wo die jüdische Familie wohnt. Diese aber hat keine | |
Ahnung, woher das Hakenkreuz kommt. | |
Es gibt in dieser Zeit noch einen weiteren beklemmenden Vorfall. Das | |
Psychologen-Paar hat einen eigenen Coaching-Betrieb gegründet, der | |
Unternehmen bei internen Problemen berät. Bei einem Kunden, der sie | |
engagiert, geht die Sache schief. Die Leitung will ihren Ratschlägen kein | |
Gehör schenken. Aaron bricht den Auftrag ab, schickt aber wie üblich noch | |
eine schriftliche Evaluierung. Zurück kommt ein wütender Brief des | |
Auftraggebers. Aaron de Haas erinnert sich daran, was da geschrieben stand: | |
„Voll mit Kommentaren wie ‚Du Scheißjude! Man hat wohl vergessen, dich zu | |
vergasen. Aber warte nur, das kommt noch!‘“ | |
## In Amsterdam mit Kippa herumlaufen? Bloß nicht | |
Im Mikrokosmos von Anne und Aaron de Haas sind diese Geschichten zu | |
zahlreich, um sie als Einzelfälle abzutun. Die erste Freundin des Sohns | |
wird in der Schule als „Judenhure“ beschimpft. Zu diesem Zeitpunkt ist die | |
Familie auf die deutsche Seite der Grenze gezogen, wo man eine Schule | |
gefunden hat, die gezielter auf die Legasthenie des Sohns eingeht. Die | |
Eltern arbeiten weiterhin von ihrer Praxis aus, die in Veenendaal in der | |
Nähe von Utrecht liegt. An der Tür ist nach jüdischem Brauch eine Mesusa | |
befestigt. Irgendwann in den letzten Jahren hat eine marokkanischstämmige | |
Mofa-Gang just den Platz davor zum Treffpunkt erkoren. Die De Haas fühlen | |
sich belagert. Anne bittet die Vermieter darum, früher aus dem Mietvertrag | |
aussteigen zu können. Der Wunsch wird abgelehnt. | |
Eines Tages wird das Büro mit Eiern beworfen. Wer die Täter sind, wissen | |
Anne und Aaron nicht. Zur Polizei zu gehen ergibt keinen Sinn, finden sie. | |
„Wie sollen die denn nachweisen, dass das gegen uns als Juden gerichtet | |
war“, fragt Anne, der man ihre Hamburger Herkunft deutlich anhört. Ihr Mann | |
zieht den Vergleich mit einem koscheren Restaurant in Amsterdam, das im | |
letzten Winter mehrfach Ziel von Angriffen wurde. Einmal knüppelte ein | |
Mann, der eine Palästinaflagge trug, unter „Allahu akbar“-Rufen mit einem | |
Baseballschläger die Scheiben ein. „Der wird auch nur wegen Vandalismus | |
verfolgt.“ | |
In Amsterdam traut sich Aaron wie viele andere Juden nicht mehr mit Kippa | |
auf die Straße. Dazu beklagt er eine neue Konjunktur der | |
Judenfeindlichkeit. „Nach dem Krieg blieben die Antisemiten natürlich | |
Antisemiten. Aber es war nicht salonfähig, das zu zeigen. Heute dagegen | |
reden sie wieder vom Finanzjudentum. Und gleichzeitig interessiert es | |
niemanden, wenn in Kuwait Israelis nicht in ein Flugzeug gelassen werden.“ | |
Seine Schlüsse hat er gezogen: „Ich sage nicht, dass es wie 1933 ist. Aber | |
ich sehe die Zeichen an der Wand.“ | |
## Freunde betrauern den Verlust | |
Es klopft an der Tür. Anne öffnet, und ein Freund des Paars tritt ein – | |
einer, mit dem sie viele Male diese Art von Gesprächen geführt haben. | |
Jochanan ten Hove ist ein langer, hagerer Mann mit Kippa und gestreiftem | |
Hemd. Ein pensionierter Lehrer, der in der Nähe wohnt und Aaron seit der | |
Jugend kennt. Als er und Anne heirateten, war Jochanan ihr Trauzeuge. | |
Manchen Schabbat-Abend, sagt er, haben seine Frau und er mit den beiden | |
verbracht. „Dass sie gehen, verursacht ein Vakuum im Herzen“, sagt er. | |
Andererseits versteht er die Freunde: „Man ist in Europa nicht | |
selbstverständlich Jude. Man muss jeden Tag dafür kämpfen.“ Gerade darum | |
findet er, dass der aktuelle Auszug europäischer Juden viel zu wenig als | |
öffentliches Thema wahrgenommen wird. | |
Auch Jochanan ten Hove vermeidet es, in Metropolen wie Amsterdam öffentlich | |
die Kippa zu tragen. Der Gedanke an eine Alijah, wie die jüdische | |
Auswanderung nach Israel genannt wird, treibt auch ihn um. Doch dabei | |
bleibt es bislang. „Ich bin ein Kosmopolit. Ich fahre gern in andere | |
Länder. Das kann man von Israel aus nicht so leicht.“ Jochanan ten Hove und | |
seine Frau haben ein Ferienhaus in Frankreich. „Was ich dort sehe, macht | |
mir große Sorgen. Die Gemeinde wird immer kleiner. Zum Gottesdienst geht | |
man durch einen Cordon von Polizisten. Das zu sehen schmerzt mich.“ | |
Im Lauf des Frühjahrs kommen die De Haas mehrfach mit Menschen aus ihrer | |
Umgebung zusammen, um Abschied zu nehmen. Manche treffen sie gemeinsam, | |
andere getrennt. Anne geht mit zwei Freundinnen essen, Aaron sucht eine | |
ehemalige Geliebte auf, mit der er in gutem Kontakt geblieben ist. Anne | |
sagt, ihre Entscheidung, nach Israel zu gehen, habe in ihrem Bekanntenkreis | |
geteilte Reaktionen hervorgerufen. Die einen begrüßen den Schritt, auch | |
wenn sie ihre Freunde vermissen werden. Viele Besucher haben sich schon in | |
Israel angekündigt. Für Juden in ihrem Umfeld bringe er natürlich auch die | |
Frage nach dem eigenen Standpunkt mit sich. Andere dagegen haben sich | |
zurückgezogen, „seit wir mehr zeigen, wie jüdisch wir sind“. | |
## Ende Mai: 550 Umzugskartons warten auf Israel | |
Ende Mai biegen die beiden auf die Zielgerade ein. Das erste Zimmer im | |
Obergeschoss ist bereits völlig leer, viele Gegenstände sind nun | |
eingepackt. Die Kartons stehen jetzt nicht nur im Flur, sondern auch im | |
Wohnzimmer. „550 sind es. Und 15, 20 fehlen noch. Wir liegen gut in der | |
Zeit“, gibt Aaron den Zwischenstand an. Anne tischt im Wohnzimmer ein | |
Mittagsbuffet auf: Salate, Mozzarella, Humus, Erdbeeren, Kaffee. Im Garten | |
ist es Sommer geworden. Durch die offene Terrassentür trillert das | |
Abschiedskonzert der Eltener Vogelwelt. Vor den Türen stehen eingepackte | |
Möbel und eine Einschweißrolle. | |
Es ist die Zeit der letzten Male. Anne, die noch arbeitet, hat ihre letzten | |
Coachings in den Niederlanden hinter sich. Nur ein guter Kunde in Berlin | |
bleibt ihr noch, für den sie auch von Israel aus weiterarbeiten wird. | |
„Neulich waren wir in Scheveningen, da kann man sehr gut Fisch essen. Oder | |
wir fuhren mit dem Auto durch die Achterhoek, und dann denkt man, hier | |
werden wir wohl zum letzten Mal gewesen sein“, ergänzt Aaron. „Und die | |
Antikmärkte, die wir immer besucht haben, weil ich alte Möbel restauriere. | |
Der nächste ist im Juli. Dann sind wir schon weg.“ – „Nein“, korrigiert | |
seine Frau. Es gibt noch einen, am letzten Wochenende, bevor wir fliegen. | |
Hab ich schon in den Kalender eingetragen.“ | |
Wie ist das eigentlich mit den Nachbarn in so einem Stadtrandviertel: Nimmt | |
man da keinen Anteil? Anne schüttelt den Kopf: „Einer sagte zu Aaron, ihr | |
dürft nicht gehen, du gehörst doch zum Dorfbild. Ansonsten wissen sie | |
natürlich Bescheid, aber sie fragen nicht viel.“ Besonderen Anteil nehmen | |
die Bewohner des Hauses nebenan. Sonderlich viel hatte man eigentlich nicht | |
miteinander zu tun. Nun aber haben sie den De Haas das kleine Cabrio | |
abgekauft und ihrem Sohn zum 18. Geburtstag geschenkt. Und dann zum | |
Abschied noch einen Missionierungsversuch gestartet. „Sie sind sehr | |
christlich“, erzählt Anne. „Sie luden uns ein: Kommt doch mal in unserer | |
Kirche vorbei! Ihr würdet mit offenen Armen empfangen.“ Worauf beide in | |
Lachen ausbrechen. | |
Lachen hört man Anne und Aaron übrigens oft. Ihren Humor haben sie nicht | |
verloren, doch da ist noch mehr: Die Aussicht, in Israel zu leben, löst | |
„eine große Freude“ aus, sagt Anne. Unweigerlich denkt man an | |
Migrationsforscher und ihren Blick auf Push- und Pull-Faktoren, nach der | |
Menschen aus ihrer ursprünglichen Heimat weggedrückt werden, während sie | |
sich zugleich von einer anderen Region angezogen fühlen. Im Fall des | |
Ehepaar De Haas trifft beides zu. „Wir wollen hier weg, aber auch dorthin“, | |
bringt Aaron es auf den Punkt. Es ist die Aussicht auf ein Zuhause, das | |
Europa ihnen nicht bieten konnte. Das Ende der Fremdheit, endlich. | |
## Das Paar freut sich auf ein neues Leben | |
Ob sie sich denn gar keine Sorgen machen angesichts der jüngsten | |
Entwicklungen in Nahost, diese Frage wurde ihnen oft gestellt. „Klar ist | |
das nicht ungefährlich. Wir sind zehn Kilometer von der libanesischen | |
Grenze und 60 von Syrien entfernt“, sagt Aaron. „Aber Angst haben wir | |
trotzdem keine. Anne macht sich gar keine Sorgen. Ich bin etwas | |
realistischer. Ich hoffe, dass die Raketen nicht auf unser Haus fallen.“ – | |
„Wir haben einen Schutzraum“, erinnert ihn seine Frau, die sich in letzter | |
Zeit ständig die Fotos ihrer neuen Bleibe anschaut. „Das ist obligatorisch. | |
Mit Betten, Essen und Trinken. Und Fernseher natürlich.“ | |
Aaron macht derweil Pläne, wie er seine neue Möbelwerkstatt einrichten | |
wird. Er fragt sich, wie die schweren Maschinen dorthin kommen werden, und | |
wie lange es wohl dauert, bis die Seecontainer entladen sind. „Das kann | |
nervig sein, denn so lange, bis sie leer sind, musst du Miete zahlen.“ Ein | |
Zukunftsszenario hat er unabhängig davon schon vor Augen: „Ich baue mir | |
eine Terrasse ans Haus, ein Teil davon ist überdacht, und dort sitze ich | |
dann mit meiner Frau und einem Glas Wein.“ | |
Und Europa? Die Pull-Faktoren, die Gründe, wegzugehen aus der alten Welt? | |
Gibt es nicht doch Hoffnung, dass ein Bewusstsein für die Ausmaße neuen und | |
alten Judenhasses entsteht? Anders gefragt: Könnten die jüngsten Wellen der | |
Empörung über antisemitische Gewalt, die Morde und der Terror, kein Anfang | |
sein? Aaron de Haas ist skeptisch. „Eine Kippa-Demonstration bringt leider | |
rein gar nichts. Genauso wie Fernsehsendungen. Antisemiten schauen die | |
ohnehin nicht an. Und wozu will man Kommissionen zur Recherche benennen, | |
wenn man die Auswüchse der Judenfeindschaft toleriert? Nein, nein: Wir | |
haben Jesus ermordet, und dabei bleibt es.“ | |
26 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Tobias Müller | |
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