# taz.de -- Geschichte des Comics: Als die Superhelden fliegen lernten | |
> Einfallsreich, unverzichtbar, fabelhaft – die Reihe „Perlen der | |
> Comicgeschichte“ präsentiert kuriose Comicfiguren, deren Kräfte keine | |
> Grenzen kannten. | |
Bild: Die Erfindung von Superman führte 1938 zu Goldgräberstimmung in der New… | |
Superhelden sind heute so richtig nur im Kino populär; in ihrer | |
ursprünglichen Form, als Comicfiguren, erreichen sie – selbst in den USA – | |
ein überschaubares Publikum. In den späten dreißiger und in den vierziger | |
Jahren des letzten Jahrhunderts war dies anders. | |
Da führte der [1][rasante Erfolg von Superman] und Batman, die kurz | |
hintereinander erfunden worden waren, zu einer wahren Goldgräberstimmung in | |
der New Yorker Verlagsszene. Zahlreiche kleine bis mittelgroße Publisher | |
warfen kostümierte Helden und Heldinnen gleich bündelweise auf den Markt. | |
Als der Boom um 1950 vorerst abflaute, wurden die meisten von ihnen schnell | |
vergessen. | |
Im Internet kann man viele Hefte aus dieser Zeit inzwischen komplett und | |
kostenlos lesen, etwa auf der bis zum Bersten gefüllten Website | |
[2][www.comicbookplus.com]. Wem die vertraute Papierform jedoch lieber ist, | |
der kann nun auf die Veröffentlichungen des in Hannover ansässigen | |
Bildschriftenverlags zurückgreifen. Im vierten Band der Reihe „Perlen der | |
Comicgeschichte“ werden aktuell zehn „Verschollene Superhelden“ aus dem | |
Golden Age des amerikanischen Comics präsentiert. | |
Manche dieser nimmermüden Vigilanten könnten auch aus Pulp Stories stammen. | |
Black Terror trägt ein schwarzes Kostüm, und auf seiner breiten Brust | |
prangen ein Totenkopf und gekreuzte Knochen. Das geflochtene Band, das sein | |
Cape hält, erinnert an einen Galgenstrick. | |
## Irre Schurken und fiese Gangster | |
Andere Helden können als embryonische Vorläufer bis heute populärer | |
Gestalten gelten: Der Man O’Metal, der sich, wenn er mit Hitze oder Feuer | |
in Berührung kommt, in ein unbesiegbares Metallwesen verwandelt, nimmt den | |
berserkerhaften Hulk vorweg. Während The Arrow, wie später der Green Arrow, | |
im Robin-Hood-Gewand auftritt und virtuos mit Pfeil und Bogen umgeht. | |
Die damaligen Zeichner waren zum Teil kaum dem Teenageralter entwachsen. | |
Zum Teil aber auch noch recht tief im 19. Jahrhundert geboren. Harry Georg | |
Peter (*1880 †1958), der Schöpfer des Man O’Metal, hatte schon Comics | |
gemacht, als diese noch ausschließlich Funnies waren. Und diese Prägung | |
sieht man seinem Stil, in dem sich Realistisches und Karikaturistisches auf | |
kuriose Weise mischen, auch an. | |
Der mit Abstand beste hier vertretene Künstler ist Mort Meskin (*1916 | |
†1995), dessen in Zusammenarbeit mit dem Batman-Artist Jerry Robinson | |
(*1922 †2011) entstandenes Black-Terror-Abenteuer durch Detailreichtum und | |
Film-noir-Flair besticht. | |
All diese Geschichten sind einerseits hochgradig schematisch; ständig muss | |
irren Schurken, fiesen Gangstern oder Nazispionen das Handwerk gelegt | |
werden. Andererseits verblüffen ein nicht zuletzt aus enormem Zeitdruck | |
geborener, auf Improvisation fußender Einfallsreichtum und eine anarchische | |
Fabulierlust, die es in dieser Form danach nicht mehr gegeben hat. | |
## Den Helden ist alles möglich | |
So ist The Hand eben nichts anderes als eine riesige Hand, die, gottgleich | |
aus einer kleinen Wolke ragend, plötzlich auftaucht und die „bad guys“ mit | |
saftigen Kinnhaken niederstreckt. Reichlich gibt es solche Momente des | |
Surrealen in dem unverzichtbaren dritten Band der „Perlen der | |
Comicgeschichte“, der dem großen, in alternativen US-amerikanischen | |
Comic-Kreisen kultisch verehrten Fletcher Hanks gewidmet ist. | |
Hanks, geboren 1889, arbeitete wohl früh als Cartoonist, zeichnete aber nur | |
von Ende 1939 bis Anfang 1941 Comics. Nach dem wenigen, das über sein Leben | |
zu erfahren ist, muss man sich ihn als einen stark dem Alkohol zugeneigten | |
Exzentriker vorstellen. Im Jahr 1976 wurde er erfroren auf einer Parkbank | |
in Manhattan gefunden. | |
In seinen Comics greift Hanks zeittypische Konzepte auf und überdreht sie | |
ins Maßlose und Groteske. Die Kräfte seiner Helden kennen keine Grenzen; | |
ihnen ist schlichtweg alles möglich. Der Kosmonaut Stardust ist eine | |
Mischung aus Flash Gordon und Superman. | |
Tabu ist ein Herrscher des Dschungels wie Tarzan, kann dank der Gaben, die | |
ihm ein Magier verliehen hat, aber auch Erdbeben auslösen und sich in einen | |
Gorilla oder eine Schlingpflanze verwandeln. Die blonde, großäugige | |
Fantomah schließlich ähnelt dem Jungle Girl Sheena – ist sie zornig, | |
verwandelt sich ihr Gesicht allerdings in einen von Lichtzacken | |
eingerahmten Totenschädel. | |
## Der Stoff, aus dem Träume sind | |
Dass Superhelden fliegen können, ist nichts Ungewöhnliches. Hier aber | |
versetzen sie mit ihren Fähigkeiten auch andere permanent in die Lüfte, | |
seien es Menschen oder wilde Tiere. Stardust lässt besiegte Bösewichter | |
einmal wie auf einem unsichtbaren Spieß aufgereiht über einem Gebäude | |
schweben; dann erscheinen zwischen ihnen, dank eines „Geheimstrahls“, die | |
Skelette der Unschuldigen, die sie getötet haben. | |
Näher als bei Fletcher Hanks können Superheldenstorys der Art Brut nicht | |
kommen. Das Material dieser Comics ist der Stoff, aus dem die Träume sind. | |
28 Jun 2018 | |
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## AUTOREN | |
Christoph Haas | |
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