# taz.de -- CDU-Fraktionschef wird auch Lobbyist: Hilfe für die Wirtschaft von… | |
> Florian Graf gibt den Fraktionsvorsitz auf, bleibt aber Abgeordneter – | |
> und wird Chef des CDU-Wirtschaftsrats. Das ruft harsche Kritik hervor. | |
Bild: Tritt nach sechs Jahren Fraktionsvorsitz kürzer: Florian Graf | |
Berlin (dpa |) Die überraschende Ankündigung des Berliner | |
CDU-Fraktionschefs Florian Graf, in einen Wirtschaftsverband zu wechseln | |
und gleichzeitig Abgeordneter zu bleiben, stößt auf breite Kritik. Die | |
gemeinnützige Organisation Lobbycontrol befürchtet einen | |
Interessenkonflikt. „Herr Graf sollte sich entweder voll auf sein Mandat | |
als Abgeordneter oder auf die Lobbytätigkeit konzentrieren. Er muss sich | |
entscheiden“, sagte Lobbycontrol-Sprecher Timo Lange am Freitag. Auch | |
mehrere Fraktionen im Abgeordnetenhaus bewerteten den Schritt als | |
problematisch. | |
Der Politiker hatte am Donnerstagabend erklärt, sein Amt als Vorsitzender | |
der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus zum 12. Juni abzugeben. Der 44-Jährige | |
wird zum 15. Juni Geschäftsführer beim Wirtschaftsrat der CDU im | |
Landesverband Berlin/Brandenburg. Sein Mandat im Abgeordnetenhaus will Graf | |
behalten. | |
Der Wirtschaftsrat der CDU ist ein parteinaher Unternehmerverband, der sich | |
selbst als „rechtlich selbstständig und politisch unabhängig“ bezeichnet. | |
Seit seiner Gründung im Jahr 1963 vertritt er Wirtschaftsinteressen | |
gegenüber der Politik. Der Verband hat in Berlin und Brandenburg mehr als | |
1.000 Mitglieder. | |
„Der Wirtschaftsrat hat sich zum Ziel gesetzt, auf die Wirtschaftspolitik | |
Einfluss zu nehmen“, sagte der demokratiepolitische Sprecher der | |
Linksfraktion, Michael Efler. „Nun ist zu erwarten, dass diese Positionen | |
direkt von Graf als Abgeordneten in das Parlament eingebracht werden. Diese | |
Verquickungen gehen über das normale Maß hinaus.“ | |
## Klare Verhältnisse gefordert | |
„Herr Graf muss klarstellen, ob er mit voller Kraft die Interessen der | |
Bürgerinnen und Bürger vertreten will oder mit voller Kraft die Interessen | |
der Wirtschaft. Das wäre konsequent“, sagte Efler. „Es ist nicht illegitim, | |
sich für Wirtschaftsinteressen einzusetzen. Aber Herr Graf sollte für klare | |
Verhältnisse sorgen.“ | |
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Antje Kapek sieht ebenfalls die Gefahr | |
einer Interessenverquickung. „Man könnte auch sagen, dass ist die | |
Steigerung von Klientelpolitik. Es ist der Einzug des Lobbyismus in den | |
parlamentarischen Betrieb.“ Kapek forderte ebenso wie Efler die Einführung | |
eines Lobbyregisters. | |
Graf selber entgegnete am Freitag, er habe sich schon immer für die | |
Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den Erhalt von | |
Arbeitsplätzen eingesetzt. „Das werde ich hier wie dort tun“, so Graf. „… | |
Wirtschaftsrat vertritt keine Einzelinteressen, sondern | |
volkswirtschaftliche Interessen.“ | |
Rückendeckung erhielt der CDU-Fraktionschef von Frank-Christian Hansel, dem | |
Parlamentarischen Geschäftsführer der AfD. Es bestehe „kein wirklicher | |
Interessenkonflikt“, sagte Hansel und erklärte, es gebe auch bei anderen | |
Parteien enge Verbindungen zu Interessenverbänden. So seien Abgeordnete der | |
Grünen „mit der Windkraft-, Solar- und Fahrradlobby verbandelt“. | |
FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja meinte, es handele sich um eine | |
persönliche Entscheidung Grafs. „Das muss er moralisch verantworten.“ Es | |
gebe genügend Probleme und Alltagssorgen, bei denen die Berliner Lösungen | |
von der Politik erwarteten. Darum müsse es gehen. | |
Der CDU-Wirtschaftsrat selbst zeigte sich erfreut über den neuen Chef. Graf | |
sei einer der wichtigsten Gesprächspartner der Berliner Wirtschaft in der | |
Politik, teilte der Verband in einer Stellungnahme mit. Dass Graf neben | |
seinem Job Abgeordneter bleibt, sei kein Problem. „Dies wird für den | |
Wirtschaftsrat kein Nachteil sein.“ | |
1 Jun 2018 | |
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