# taz.de -- Serienkolumne Die Couchreporter: Cumberbatch-One-Man-Satire-Show | |
> Die Miniserie „Patrick Melrose“ weicht von ihrer Romanvorlage ab. Doch | |
> mit Benedict Cumberbatch in der Hauptrolle überzeugt sie. | |
Bild: Leben am Limit: Patrick Melrose (Benedict Cumberbatch) | |
Die Frage, die sich bei jeder Literaturverfilmung stellt: Wird die Adaption | |
dem Original gerecht? Oder muss sie nur als eigener Film bestehen können? | |
Zum Beispiel die Adaption der fünf autobiografischen [1][„Patrick | |
Melrose“-Romane von Edward St Aubyn], in denen der Autor schlaglichtartig | |
aus seinem Leben als Angehöriger des englischen Hochadels erzählt, von der | |
Kindheit bis zu eigenen Vaterschaft. | |
Fünf knapp einstündige Miniserien-Folgen für fünf Romane. Für die Regie | |
haben Showtime/Sky den Deutschen Edward Berger („Deutschland 83“) | |
engagiert. Die Serie stellt „Schöne Verhältnisse“ anstelle von „Schlech… | |
Neuigkeiten“ an den Anfang. Der Grund ist offensichtlich: Benedict | |
Cumberbatch. [2][Seine Sherlock-Interpretation] des sarkastischen | |
englischen Snobs, dessen Lieblingsbeschäftigung es ist, anderen seine | |
Überlegenheit vorzuführen, gilt als genial. In „Schöne Verhältnisse“ ist | |
Patrick ein fünfjähriger Knabe. Als solchen konnte man Cumberbatch kaum | |
besetzen, und die erste Folge sollte wohl nicht ohne den Star auskommen | |
müssen. | |
Es geht also zwei Jahrzehnte später los, „Schlechte Neuigkeiten“: Ein | |
Anruf, Patrick erfährt vom Ableben seines Vaters David Melrose (Hugo | |
Weaving). Vor Schmerz krümmt er sich zusammen. Nein, er hebt nur seine | |
Heroinspritze vom Boden auf. Er weint dem Mann keine Träne nach, der seine | |
Erziehungsmaxime so formulierte: „If I survived that, I can survive | |
anything.“ Dass seine Erziehungsmethoden sexuellen Missbrauch einschließen, | |
wird mit kurzen Rückblenden vorerst nur angedeutet. | |
Weaving als zynischer Manipulator und unbarmherziger Diktator, der den | |
ganzen Tag lang Pyjama mit Krawattenschal trägt und sich zum Abendessen in | |
den Smoking schmeißt. Jennifer Jason Leigh als Patricks egozentrische, | |
zugedröhnte Mutter, ein roter Cadillac ihr Rückzugsort. Die Besetzung ist | |
erlesen. In „Schlechte Neuigkeiten“ trifft Patrick eine Frau mit blonder | |
80er-Jahre-Frisur, irgendwo zwischen Krystle Carrington und Lady Diana. Da | |
mag es schon einen Moment dauern, bis es Klick macht und man dieses Wesen | |
als [3][Marnie aus „Girls“] – also Allison Williams – erkennt. „Don�… | |
me alone“, fleht Patrick sie an, als sie in das Taxi steigt, das 1982 in | |
NYC noch ein Checker Cab war – auch die Ausstattung der Serie erweist sich | |
als erlesen. Sie erwidert: „But you’re not alone“, und meint die | |
Plastiktüte in seiner Hand. Darin: die Asche des Vaters. | |
Um dessen Überreste abzuholen, ist Patrick nach New York gereist, kein | |
leichtes Unterfangen für einen Schwerstabhängigen. Die Lektüre liegt schon | |
einige Jahre zurück – so slapstickhaft hyperaktiv ist Patrick nicht in | |
Erinnerung geblieben. So redselig auch nicht. Das ist noch kein Verrat an | |
St Aubyn: Dessen kalte Distanz, Ergebnis von Papas Erziehung, musste für | |
das Medium Film passend gemacht werden. Die erste Folge, „Patrick Melrose“, | |
funktioniert als Benedict-Cumberbatch-One-Man-Satire-Show. Und wenn er | |
keinen Dialogpartner hat, redet er halt aus dem Off weiter. Und wenn er | |
kein Heroin hat, trinkt er eben mit blasierten englischen Gentlemen im | |
Gentlemen’s Club Bullshots kalte Rinderbrühe mit Wodka. | |
29 May 2018 | |
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## AUTOREN | |
Jens Müller | |
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