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# taz.de -- Bauarbeiten ohne gerichtliche Erlaubnis: Das Flensburger Millionens…
> Flensburg will eine Umgehungsstraße bauen und braucht dafür eine Weide
> von Bauer Ingo Knop. Die Gespräche sind gescheitert, aber trotzdem
> schickt die Stadt die Bagger.
Bild: Bürgerinitiative gegen den Straßenbau: Bauer Ingo Knop ist der Vierte v…
Bauer Ingo Knop läuft die Zeit davon. Denn während vor Gericht verhandelt
wird, ob die Stadt Flensburg ihn enteignen darf, werden bereits Fakten
geschaffen: Der Bau der Umgehungsstraße K8, für die die Stadt eine von
Knops Koppeln braucht, hat schon begonnen. Die Straße wird direkt an der
Terrasse des Hauses entlangführen, in dem Knops Mutter lebt. Sie kann jetzt
schon dort sitzen und zuschauen, wie das Kiesbett für die Straße
aufgeschüttet wird und die Bagger über die Wiese rollen, auf die der
Milchviehhalter in den vergangenen Jahren seine Kühe getrieben hat.
Für Knop ist genau diese Weide besonders wichtig, weil sie so nah an Haus
und Stall liegt, sagt er. Darum habe er sich in der Vergangenheit auch so
schwer mit dem Verkauf getan. „Die Straße soll zur Entlastung dienen, aber
ich soll für alle anderen die Last tragen“, beschwerte er sich am Freitag
bei der Sitzung der Kammer für Baulandsachen am Landgericht in Kiel.
Obwohl es um eine Eilentscheidung ging, vertagte sich die Kammer am Ende.
Vermutlich wird erst Anfang Juli bekannt gegeben, ob die Stadt Flensburg
den Landwirt überhaupt vorläufig enteignen und auf seinem Land eine Straße
bauen darf.
Seit zehn Jahren laufen die Planungen für die Straße, die im Flensburger
Osten um das eingemeindete Dorf Tarup herumführen soll. Seit Jahren gibt es
auch immer wieder Verhandlungen mit Bauer Knop. Aber seine Forderung seien
am Ende „ein bisschen übertrieben“ gewesen, sagte eine der drei
Richterinnen am Freitag. „Sie haben den Bogen überspannt.“
Drei Richterinnen aus verschiedenen Gerichten sind nötig, um die
Spezial-Kammer (siehe Kasten) zu bilden, die in einem Fall wie dem von
Bauer Knop nötig ist. „Wenn man mich hier weghaben will und meine Existenz
gefährdet, muss ich in der Lage sein, woanders neu anfangen zu können“,
sagte Knop. Er hatte zuletzt einen Betrag in Millionenhöhe für das
Ackerland gefordert – zu viel für die verschuldete Stadt Flensburg.
Parallel zu den Gesprächen zwischen Knop und der Stadt wurde einfach schon
mal mit den Bauarbeiten begonnen, denn die Stadt muss Zeitpläne einhalten:
Bis Ende 2019 müssen alle vier Teilabschnitte der Straße fertig und
abgerechnet sein. Denn für Arbeiten, die danach geleistet werden, erhält
die Stadt keine Fördermittel des Landes Schleswig-Holstein mehr. Scheitert
der Straßenbau, könnte das zuständige Wirtschaftsministerium sogar die
bereits ausgezahlten Fördermittel zurückfordern. Es geht um sechs Millionen
Euro.
Angesichts dieser Summen und der knappen Fristen steckt die Stadt in einer
Zwickmühle. „Wenn wir nicht fertig bauen, müssten wir für die
Gesamtmaßnahme zahlen“, sagt Stadtsprecher Clemens Teschendorf. „Das
relativiert das Risiko einer möglichen gerichtlichen Niederlage deutlich.“
Heißt: Die Stadt hätte nichts davon zu gewinnen, wenn sie nicht bis Ende
2019 alle Rechnungen beim Land einreichen kann.
So geht die Verwaltung ein kalkuliertes Risiko ein, indem sie die Trasse
auf Knops Koppel vorantreibt, obwohl der Rechtsstreit noch gar nicht
entschieden ist. Teschendorf geht davon aus, am Ende die Erlaubnis des
Gerichts für die vorläufige und später dann auch für die endgültige
Enteignung zu erhalten, „weil wir überzeugt sind, dass wir rechtens
handeln“. In vorherigen Verfahren hatte Knop bereits verloren.
Knops Anwält*innen versuchen es nun mit einem neuen Argument: Jahrelang sei
bei Debatten im Stadtrat öffentlich die Rede davon gewesen, die K8 solle
neue Baugebiete erschließen. Für eine Erschließungsstraße aber sei eine
Enteignung nicht zulässig, so Knops Verteidigung. Zudem fördere das Land
nur Straßen, die bereits bestehende Wohngebiete entlasten sollen. Daher
habe es für ein Teilstück der K8 auch keinen Zuschuss gegeben.
Das Gericht will die eingerichteten Schriftsätze prüfen, sieht aber in der
„Argumentation kurz vor Torschluss eigentlich nichts Neues“. Ob die Stadt
Flensburg Baugebiete plane oder die Planung zurückstelle, sei ihre Sache.
„Unsere Grundlage ist, ob das Land die Straße für förderfähig hält“, s…
eine der Richterinnen am Freitag. Ein Vertreter des Wirtschaftsministeriums
nickte dazu. Im Juli soll dann endgültig entschieden werden.
Zu spät, sagt Stefan Hufe, Sprecher der Bürgerinitiative Tarup gegen die
Enteignung: „Zum nächsten Termin muss eigentlich niemand mehr kommen. Dann
ist die Straße fertig.“
28 May 2018
## AUTOREN
Esther Geißlinger
## TAGS
Enteignung
Flensburg
Straßenbau
Naturschutz
Ostfriesland
Straßenverkehr
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