| # taz.de -- Bamf versetzt Bremer Leiterin: Rückführung nach Niederbayern | |
| > Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge versetzt die Leiterin der | |
| > Bremer Außenstelle, Josefa Schmid, nach Bayern. Um sie zu schützen. | |
| Bild: Ist gerne in den Medien, aber nicht mehr lange in Bremen: Bamf-Beamtin Jo… | |
| BREMEN taz | Wiada dahoam – kann es etwas Schöneres geben für eine | |
| niederbayerische Dorfbürgermeisterin? Offenbar schon. Josefa Schmid, | |
| FDP-Landtagskandidatin im Wahlkreis Straubing 209, | |
| Freizeitschlagersängerin, ehrenamtliche Kollnburger Bürgermeisterin und im | |
| Hauptberuf Beamtin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hat | |
| am Mittwoch beim Verwaltungsgericht Bremen Klage dagegen eingereicht, dass | |
| sie zurück nach Deggendorf beordert wurde. Ein Eilantrag blieb erfolglos. | |
| Nach eigener Auskunft hatte das Bamf in Absprache mit dem Heimatministerium | |
| die Rückführung Schmids verfügt, „um die Beamtin, die Gegenstand | |
| öffentlicher Berichterstattung ist, zu schützen“. | |
| Ein nüchterner Relativsatz, der möglicherweise gern ein Kausalsatz geworden | |
| wäre: Denn streng genommen hatte Schmid, die bis Dienstag als | |
| kommissarische Leiterin der Bremer Bamf-Außenstelle fungierte, die | |
| öffentliche Berichterstattung ausgelöst und sie einigermaßen aktiv auf sich | |
| gezogen. Auch am Dienstagabend ist sie im ZDF wieder als Hauptfigur dessen | |
| in Erscheinung getreten, was die Medien bundesweit als den [1][„Bremer | |
| Asyl-Skandal“] bezeichnen. | |
| Dass der sich ausweite, war die These der Mittwochszeitungen – nachdem | |
| Nürnberger Nachrichten und das TV-Magazin „Frontal21“ einen 99-seitigen | |
| „internen Bericht“ aus Schmids Feder referiert hatten, den diese direkt an | |
| den parlamentarischen Staatssekretär im Bundesinnenministerium geschickt | |
| hatte, Stephan Mayer (CSU). Laut Schmid soll es sich nämlich um noch 2.000 | |
| Fälle mehr als bislang gedacht handeln, durch die ihrer Schätzung zufolge | |
| ein Schaden von 50 Millionen Euro entstanden wäre. | |
| Für wen und wie – das bleibt ungewiss. „Wie sie auf diese Summe kommt, ist | |
| uns unbekannt“, sagt der Sprecher der Bremer Staatsanwaltschaft, Frank | |
| Passade. „Es ist auch nicht Gegenstand der Ermittlungen.“ Angestoßen wurden | |
| die durch eine Anzeige aus der Behörde im November. Ein Mitarbeiter, ein | |
| sogenannter Entscheider, behauptete, eine komplett fingierte Bewilligung | |
| sei unter seinem Account, aber nicht von ihm selbst erstellt worden. Im | |
| April hatte es schließlich eine Durchsuchung der Räumlichkeiten gegeben. | |
| Akten wurden beschlagnahmt. | |
| ## Korruptionsgerüchte in der Presse | |
| Verdächtigt wird die vorherige Leiterin der Bremer Außenstelle, Ulrike B., | |
| weil zwischen 2015 und Herbst 2017 unter ihrer Führung 1.167 Akten erledigt | |
| wurden, „für die Bremen örtlich unzuständig gewesen wäre“, sagt Passade. | |
| Die Außenstelle hätte demnach in der Zeit der zahlreichen Neuankünfte für | |
| andere, überforderte Bamf-Filialen mitgeschuftet, so die eine Lesart. Man | |
| kann in ihrer außergewöhnlichen Effizienz aber auch „missbräuchliche | |
| Verleitung zur Asylantragstellung“ vermuten, nach Paragraf 84, Asylgesetz. | |
| Das ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bedroht. | |
| Nach entsprechenden Verdachtsmomenten suchen die Bremer Ermittler*innen | |
| derzeit. Streng genommen müsse man „jeden Einzelfall prüfen“, so Passade … | |
| 1.167 Akten. Man sei noch „ganz am Anfang“. Und „ob es überhaupt zu | |
| strafbaren Handlungen gekommen ist, ist in der Tat noch völlig offen“. | |
| Für „Unfug“ erklärt Rechtsanwalt Erich Joester, Verteidiger von Ulrike B., | |
| die durch die Presse geisternden Korruptionsgerüchte. „Ich freue mich auf | |
| das Verfahren“, sagt er und wirkt tatsächlich bester Laune. Offen ist, wann | |
| es dazu kommt: Nachdem die Anklagebehörde die 1.167 Akten durchgearbeitet | |
| hat, muss die Anwaltskanzlei sie prüfen, dann werden Stellungnahmen | |
| verfasst. Dann, vielleicht, eine Anklage – über deren Zulassung wieder das | |
| Gericht entscheiden müsste. „Sie können sich vorstellen, wie lange das | |
| dauert“, sagt Joester. Vor der bayerischen Landtagswahl am 14. Oktober wird | |
| daraus nichts. | |
| ## Was wusste die Behördenleitung in Nürnberg? | |
| Vielleicht gibt es also gar keinen Skandal jenseits der Äußerungen von | |
| Direktkandidatin Schmid, die für die taz nicht zu erreichen war. „Das Chaos | |
| in der Bamf-Außenstelle schadet nicht nur dem Ruf Bremens, sondern hat auch | |
| Auswirkungen auf unsere Ausländerbehörden und ihre Arbeit“, beschwerte sich | |
| Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) angesichts der neuen Wirrungen | |
| beim Heimatminister Horst Seehofer (CSU). „Wir brauchen dringend | |
| verlässliche Informationen.“ | |
| Liefern könnte die wohl der seinerzeit vom Innenminister mit der Leitung | |
| des Bamf beauftragte Spitzenbürokrat Frank-Jürgen Weise. Der aber weilt | |
| derzeit im Ausland und gibt laut Hertie-Stiftung, deren | |
| Vorstandsvorsitzender er mittlerweile ist, „keine Interviews mehr zu diesen | |
| Themen“. Dabei hat Schmid in ihrem internen Schreiben den „Verdacht“ | |
| artikuliert, dass „auch die Zentrale selbst in die Angelegenheit | |
| verstrickt“ gewesen sei. Die Behördenleitung in Nürnberg habe alles gewusst | |
| – und gedeckt. | |
| ## Mitarbeit im Stab von Frank-Jürgen Weise | |
| Die Behördenleitung aber hatte damals, in einer rechtlich seltsamen | |
| Konstruktion, der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Frank-Jürgen | |
| Weise, übernommen. Schmid selbst hatte zunächst in dessen Stab mitgewirkt, | |
| bevor sie vom Bamf ins Innenministerium versetzt und mit Aufgaben der | |
| Bund-Länder-Koordination betraut worden war, und dann von Deggendorf nach | |
| Bremen abgeordnet wurde. Von wo sie nun zurückkehren soll, drei Tage vor | |
| ihrer geplanten Vernehmung bei der Staatsanwaltschaft. Aus „Gründen der | |
| Fürsorge“, so ein Bamf-Sprecher. | |
| Mindestens ist es Schmid nicht gelungen, glaubhaft zu machen, „dass ihr | |
| durch die Umsetzung schwere und unzumutbare Nachteile“ drohen würden, so | |
| das Bremer Verwaltungsgericht am Mittwoch. Die Umsetzung führe ja noch | |
| nicht einmal zu einem Wohnortwechsel. Im Gegenteil, ihr Einsatzort befinde | |
| sich „sogar deutlich näher an ihrem Wohnort“, Kollnburg, und ihrem | |
| Wahlkreis Straubing. | |
| 11 May 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Benno Schirrmeister | |
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