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# taz.de -- Kolumne Geht’s noch?: Heiliges Katzenbild
> Der Papst erlaubt nun auch den zurückgezogen lebenden Nonnen das
> Twittern. Davon profitieren vor allem die sieben Todsünden.
„Schwester Influencia hat dir eine Freundschaftsanfrage geschickt.“
So etwas wird der vorwiegend ältere Facebooker in naher Zukunft öfter
lesen. Denn ein Dokument namens „Cor Orans“ (Betendes Herz), das die
Richtlinien für den Alltag in kontemplativen Frauenorden aktueller
gestalten soll, erlaubt den katholischen Nonnen nun auch den Gebrauch neuer
Medien.
Papst Franziskus bremst jedoch schon via Vatican News ein. Er kennt seine
Pappenheimerinnen und mahnt sie zur Zurückhaltung. Denn wie jeder Nutzer
weiß: Die sieben Hauptlaster werden von den sozialen Netzwerken angezogen
wie die Fliegen von der Scheiße.
Hochmut, wenn man auf Facebook mehr, und Neid, wenn man weniger Likes
bekommen hat als die Schwester. Geiz, wenn man ihr den Like für das fromme
Katzenbild vorenthält. Völlerei in Form inflationärer Instagram-Foodporns
vom Mangoldauflauf aus dem Klostergarten. Jähzorn in Gestalt von Tweets
wider ketzerische Protestantentrolle. Wollust, wenn die Nonnen einander per
WhatsApp Dickpics von ihrem Verlobten schicken – auch wenn sie sich das
sparen könnten, schließlich haben sie alle denselben. Und, last but not
least, Faulheit. Sprich Prokrastination.
Statt zu beten und zu arbeiten, wird bloß noch auf dem Phone gewischt; die
Pilgerfahrt dient der Suche nach geeignetem Clickbait (Schwester
Ingridencia vor der Blutenden Madonna von Aue: What happens next?); die
Kontemplation leidet, wenn in einem fort mit Krethi, Plethi und dem
Teufel gechattet wird, nur nicht mit Gott – das geht doch alles so was von
gar nicht!
## Der Papst twittert fleißig
Genau das hatte Franziskus im Sinn, als er sagte, moderne
Kommunikationsmittel könnten zwar in Klöstern genutzt werden, sollten aber
dem Ordensleben dienen und kein „Anlass zur Zeitverschwendung“ sein.
Allerdings twittert der Papst [1][selbst äußerst fleißig]. Er hat fast 18
Millionen Follower – das sind sogar mehr als Jesus Jünger hatte. Doch als
User, Mann und Oberhaupt der katholischen Kirche hat er natürlich alles im
Griff. Denkt er. Und sieht es deshalb noch dazu als seine Aufgabe an, die
gackernden Weiber am virtuellen Dorfbrunnen zu Arbeit und Besinnung
anzuhalten. Typisch Macker. Vorschriften machen kann er, aber vielleicht
besinnt er sich lieber mal wieder selbst, anstatt alle fünf Sekunden wie
ein gehirngewaschener Idiot seine Timeline zu checken.
Dann würden in der Welt auch weniger Schwule verhungern. Danke.
18 May 2018
## LINKS
[1] https://twitter.com/Pontifex
## AUTOREN
Uli Hannemann
## TAGS
Papst Franziskus
Twitter / X
Katholische Kirche
Social Media
Katholizismus
Kloster
Papst Franziskus
Gesellschaftskritik
Der Zuckerberg
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