# taz.de -- Kommentar Ende des Echo: Musikpreis schafft sich ab | |
> Endlich gibt es den sinnlosen Musikpreis Echo in dieser Form nicht mehr. | |
> Von mehr Verantwortungsbewusstsein der Branche zeugt das aber leider | |
> nicht. | |
Bild: Totengräber des Echo: Die Problemrapper Kollegah und Farid Bang wurden z… | |
Es ist das Beste, was man seit langer Zeit vom Echo gehört hat: [1][Der | |
deutsche Musikpreis schafft sich ab]. Das ist auch überfällig. Als vor zwei | |
Wochen mit Kollegah und Farid Bang zwei Rapper geehrt wurden, [2][die mit | |
antisemitischen Klischees operieren] und auf dem für preiswürdig erachteten | |
Album Holocaustopfer verhöhnen, da hat der Echo und dessen Ethikrat, der | |
dieses Album zuließ, auf ganzer Linie versagt. Wenn nun der Ausrichter, der | |
Bundesverband Musikindustrie (BVMI), die Konsequenzen zieht und das Kapitel | |
Echo beendet, ist das die richtige Entscheidung. | |
Zumal dieser Preis ohnehin eine Farce war. Ohne die Skandale und Aufreger – | |
man denke an Frei.Wild, die 2013 erst ausgeladen wurden und [3][2016 einen | |
Echo bekamen], sowie an den politisch nicht minder verirrten Xavier Naidoo, | |
der 2017 den Preis moderierte – wäre der Echo einfach nur redundant. | |
Ein Preis, bei dem die fünf meistverkauften Alben in die Vorauswahl kommen | |
und ästhetische Kriterien quasi irrelevant sind, nimmt Pop nicht als Kunst | |
ernst. Und in einem Land, das den drittgrößten Musikmarkt der Welt hat, | |
sollte ein solcher Preis nicht der national bedeutsamste sein. | |
## Sensibilität und Verantwortung? Fehlanzeige! | |
Aber mit dem Verschwinden des Echo ist noch nichts gewonnen. Das Statement | |
des BVMI zum Echo-Aus klingt nicht so, als wäre Einsicht [4][eine Kategorie | |
bei der Entscheidung gewesen]. Weil die „Marke Echo so stark beschädigt | |
worden sei“, sei ein „Neuanfang notwendig“, heißt es da. Das lässt tief | |
blicken. Sensibilität hinsichtlich eines erstarkenden Antisemitismus? Ein | |
Bewusstsein für das Signal, das man mit dem Echo ausgesendet hat? | |
Fehlanzeige. Oder ist irgendjemand aufgestanden und hat gesagt: „Ja, ich | |
übernehme die Verantwortung“? | |
Wie weiter? Ein Echo-Nachfolger ohne den BVMI, bei dem die Chefs der | |
Majorlabels Warner, Universal und Sony im Vorstand sitzen, ist schwer | |
vorstellbar. Wenn ein neu zu entwickelnder Preis aber nur von dem | |
Branchenverband getragen wird, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die | |
Malaise fortsetzt, groß. Wenn man es ernst meint mit dem Neuanfang, dürfte | |
es kein Industriepreis sein. Orientieren sollte man sich besser an | |
Disziplinen wie der Literatur und dem Buchpreis oder | |
Popkritikauszeichnungen wie dem britischen Mercury Prize. | |
Natürlich wird man das Problem mit antisemitischem und frauenverachtenden | |
Rap oder rassistischem Rock nicht dadurch los, dass man einen Preis | |
abschafft. Doch die Auseinandersetzung um Texte von Bushido, Kollegah, | |
Farid Bang, Frei.Wild und Co. muss ohnehin woanders ausgetragen werden. Auf | |
den Schulhöfen, an den Straßenecken, in den Jugendhäusern, in den Familien. | |
Popkultur spiegelt die ganze Gesellschaft, sie zeigt auch, was gerade gut | |
ankommt; und leider sind das auch: Verschwörungstheorien, Israelhass und | |
Machismo. | |
Diesem Denken noch den roten Teppich auszurollen, ist geschichtsvergessen. | |
Dass der Echo nun aus der Poplandschaft verschwindet, ist ein erster, | |
kleiner Schritt in die richtige Richtung. | |
26 Apr 2018 | |
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## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
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