Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Landwirte pflücken Schoten zu früh: Vanille verliert an Aroma
> Weil das Gewürz teuer geworden ist, haben Bauern Angst vor Diebstahl und
> ernten früher. Dadurch sinkt die Vanille-Qualität. Betroffen ist auch
> Bio-Ware.
Bild: Teure Ware: grüne Vanilleschoten auf Madagaskar
Berlin taz/dpa | Natürliche Vanille schmeckt immer weniger nach Vanille.
Ausgerechnet der seit Jahren anhaltende Anstieg der Vanillepreise ist nach
Ansicht von Experten für Qualitätsmängel bei dem begehrten Gewürz
verantwortlich. Betroffen ist auch Bio-Ware.
Als Reaktion auf die hohen Preise und aus Angst vor Diebstählen werde
Vanille oft viel zu früh geerntet, beklagt der Chef der Vanille-Exporteure
aus Madagaskar, Georges Geeraerts. Während der Anteil an dem wertvollen
Vanillin bei guter Qualität zwischen 1,8 und 2 Prozent liege, habe sich der
Durchschnittswert in den vergangenen drei Jahren halbiert – auf nun nur
noch 0,9 Prozent bis 1 Prozent. Madagaskar, der Inselstaat vor der Ostküste
Afrikas, ist mit einem Anteil von vier Fünfteln der mit großem Abstand
weltweit wichtigste Vanille-Exporteur.
Vanillekapseln würden erst sehr spät beginnen, ihr Aroma voll zu
entwickeln, sagt Geeraerts. Während die Kapsel ihre Größe bereits nach drei
Monaten erreiche, seien dazu weitere sechs Monate notwendig. Von besonderer
Bedeutung seien insbesondere die letzten beiden Monate. Doch so lange
wollten viele nicht warten.
„Hochwertige Vanille ist nicht mehr zu bekommen“, stellt auch der Hamburger
Vanille-Großhändler und Importeur Bernd Hachmann fest. „Die Kunden haben
seit sechs bis sieben Jahren keine gute Vanille mehr gesehen“, so der
Experte. Das Aroma sei einfach schwächer. Durch die anhaltende Knappheit
werde die Ware den Händlern jedoch nach wie vor „aus den Händen gerissen“.
Wegen einer Naturkatastrophe in Madagaskar ist der Vanillepreis nach
Angaben von Hachmann seit 2017 noch einmal um 100 Euro auf derzeit rund 600
Euro pro Kilo gestiegen. Damit ist das Gewürz teurer als manches
Edelmetall.
## Madagaskar will Qualitätsproblem in den Griff bekommen
„Der niedrigere Vanillin-Gehalt betrifft auch den Bio-Markt“, sagte
Hachmann der taz. „Auch die Bio-Vanille kommt ja aus Madagaskar.“ Da aber
die Kontrollen bei Bio besser seien, „ist es wahrscheinlich, dass diese
Produktart weniger betroffen ist“, ergänzt Geeraerts. Tatsächlich
berichtete der deutsche Bio-Anbieter Rapunzel, dass die Vanillin-Gehalte
seiner Lieferungen dieses Jahr bislang im Schnitt 1,2 bis 1,7 Prozent
betragen hätten. „Wir werden von dem Trend auch nicht verschont, stehen
aber etwas besser da als der gesamte Markt“, sagte Sprecherin Eva Kienel
der taz. Sie führte das darauf zurück, dass die Firma sehr langfristig mit
ihren Lieferanten zusammenarbeite. Der Öko-Hersteller Sonnentor teilt
lediglich mit, dass er zu wenig Messdaten zum Vanillin-Gehalt seiner Ware
habe, um einen Trend zu erkennen.
Madagaskar werde versuchen, das Qualitätsproblem mit Exporteinschränkungen
in den Griff zu bekommen, kündigt Geeraerts an. So lange noch nicht
ausreichend gereifte Kapseln geerntet würden, dürfe Vanille nur mit einer
Erlaubnis des zuständigen Ministeriums ausgeführt werden. Erste kleinere
Erfolge dieser Maßnahme seien schon zu erkennen, meinte er.
Eine ganz andere Idee zur Lösung kommt dagegen aus den Niederlanden.
Bereits in absehbarer Zeit könnte dort der kommerzielle Anbau von Vanille
im Gewächshaus beginnen, sagt Forscher Filip van Noort von der Universität
Wageningen. Voraussetzung sei jedoch, dass sich bis dahin genügend
Geldgeber für das ehrgeizige Projekt fänden. Wie es den Wissenschaftlern
genau gelingen könnte, den Anbau der als anspruchsvoll geltenden Orchidee
in großem Stil in den Griff zu bekommen, wollte van Noort nicht verraten.
## Gewächshaus-Vanille könnte Preise drücken
Der Forscher zeigt sich naturgemäß von der Qualität des unter dem Namen
„Nedervanille“ erzeugten Produkts überzeugt. Gleichzeitig sei bei einer
Markteinführung der Gewächshaus-Vanille wieder mit fallenden Preisen zu
rechnen, meint er. So weit ist es aber noch nicht. Vanille bleibt vorerst
sehr teuer.
Für deutsche Verbraucher spielt das kaum eine Rolle. Ein großflächiger
Produktionsstopp oder deutliche Preiserhöhungen wegen des teuren Rohstoffes
seien nicht in Sicht, betonten Vertreter der industriellen und
handwerklichen Eisproduktion. Vanille-Eis führt seit Jahren die Hitliste
des Bundesverbands der deutschen Süßwarenindustrie an und gilt als kaum
verzichtbar im Sortiment. Nur vereinzelt haben Eisdielen das bei Kunden so
beliebte Vanille-Eis aus dem Angebot gestrichen.
Experimentierfreudige Vanille-Liebhaber können die Zucht der meterlangen
Schlingpflanze auch zu Hause in Angriff nehmen. Notwendig für eine
erfolgreiche Ernte sei jedoch eine Bestäubung der Pflanze von Hand, räumte
ein Händler ein. Ein Aufwand mit ungewissem Ausgang, den viele Verbraucher
scheuen dürften.
25 Apr 2018
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Landwirtschaft
Lebensmittel
Bio
Madagaskar
Genuss
Kochen
Indischer Ozean
## ARTIKEL ZUM THEMA
Wahl in Madagaskar: Junger Exputschist wird Präsident
Andry Rajoelina gewinnt die Stichwahl. Präsident war er schon mal nach
einem Putsch 2009. Sein Konkurrent erkennt den Wahlsieg nicht an.
Werdegang einer Orchideen-Art: V wie Vanille
Vanille war früher Exot und ist heute überall – so teuer wie nie. Wie aus
einer kleinen Schote der beliebteste Geschmack der Welt wurde.
Die Wahrheit: Vive le Vanillegockel!
Wenn Nachbarn an der kulinarischen Front Hilfe brauchen, geht es schon mal
kapriziös zu. Guten Appetit …
Lizenz für Tiefseebergbau unterzeichnet: Im Rohstoffrausch vor Madagaskar
Die Bundesregierung unterzeichnet einen Lizenzvertrag für die
Rohstoffförderung im Indischen Ozean. Auch andere Staaten schielen dorthin.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.