# taz.de -- Liberale Frauen-Vorsitzende über Gender: „Wir wollen keine Casti… | |
> Anfang der 70er Jahre war die FDP die erste Partei, die für | |
> Gleichberechtigung eintrat. Katja Grosch möchte, dass Frauen sich bei den | |
> Liberalen wieder wohler fühlen. | |
Bild: Doch, es gibt schon Frauen in der FDP, aber die Männer machen sich ganz … | |
taz: Frau Grosch, der FDP-Vorsitzende Christian Lindner hat vergangene | |
Woche angekündigt, die FDP weiblicher machen zu wollen. Dank Brüderle und | |
Kubicki gilt die Partei als Hort der Machos und Herrenwitze. Kann Lindner | |
überhaupt Erfolg haben? | |
Katja Grosch: Auf jeden Fall. Es gibt genügend Frauen bei der FDP, die wie | |
ich seit vielen Jahren für die Gleichstellung eintreten. Ich freue mich | |
sehr, dass das jetzt auch in der Parteispitze angekommen ist. | |
Bisher scheint das Engagement nicht viel genützt zu haben. Ihr Frauenanteil | |
liegt bei einem knappen Viertel, im FDP-Präsidium sind fünfzehn Männer und | |
drei Frauen. Warum? | |
Natürlich gibt es bei der FDP zu wenig Frauen. Ich selbst bin aber erst | |
seit drei Jahren dabei – was vorher war, dazu kann ich nichts sagen. | |
Allerdings hatte die FDP schon einmal große Ziele für Frauen: Anfang der | |
70er Jahre war sie die erste Partei, die für Gleichberechtigung eingetreten | |
ist. Das ist unterwegs vielleicht irgendwann verloren gegangen. | |
Der Kampf um Gleichberechtigung ist deutlich älter als die FDP. | |
Aber wir waren die erste Partei, die das ins Wahlprogramm aufgenommen hat. | |
Es ist doch so: Frauen und Männer sind verschieden, ja, aber die | |
Gesellschaft verändert sich. Nun müssen wir zu einem Konsens finden, mit | |
dem alle leben können. Ich glaube, dass in der Gesellschaft mittlerweile | |
auch angekommen ist, dass Frauen viel dazu beitragen können, was Männer | |
ergänzt. | |
Geht es Ihnen um Ergänzung oder um eigene Inhalte? | |
Uns geht es um Inhalte. Wir haben eine Arbeitsgruppe von zwölf Frauen und | |
zwei Männern eingesetzt, zu der ich auch gehöre. Wir haben schon einen | |
Maßnahmenkatalog erstellt, den wir jetzt abarbeiten wollen. Die Ergebnisse | |
werden wir auf unserem Bundesparteitag im Mai vorstellen. | |
Worum wird es gehen? | |
Es wird ein Prozess sein: Wir werden uns mit gendergerechter Sprache | |
beschäftigen, mit der Frage, ob die FDP ein frauenfreundlicher Arbeitgeber | |
ist, mit der Frage, ob wir die Quote brauchen, um mehr Frauen in die Partei | |
und den Vorstand zu bringen oder ob das freiwillig geht. Haben wir | |
Vorbilder? Welche Mentoringprogramme greifen und sollen intensiviert | |
werden, welche Kampagnen können wir fahren? Wie können Beruf und Familie | |
besser vereinbart werden? All so etwas. Aber das wird alles erst | |
erarbeitet. | |
Wie erleben Sie selbst die FDP – wo sehen Sie die größten Baustellen? | |
Ich persönlich habe keine negativen Erfahrungen gemacht. Aber wir müssen | |
daran arbeiten, dass sich Frauen bei uns wohler fühlen. Wir brauchen mehr | |
Frauen, die uns unterstützen, die aktiv mitmachen wollen. Gleichzeitig | |
wollen wir keine Castingshow à la Heidi Klum, nur um mehr Frauen ins Boot | |
zu holen. Uns geht es um Inhalte. | |
Sie sind Vorsitzende der Liberalen Frauen. Die FDP schlägt in der Debatte | |
um den Paragrafen 219 a einen Kompromiss vor, die Liberalen Frauen wollten | |
ihn abschaffen. Haben Sie diesen Machtkampf gegen die Männer verloren? | |
Wir vertreten unsere Meinung und die ist: Die Frau muss selbstbestimmt sein | |
und sich unter Zugang zu allen relevanten Informationen für oder gegen ein | |
Kind entscheiden können. Wir sind ganz klar für die Abschaffung des | |
Paragrafen 219 a und arbeiten daran auch weiter. | |
Die Liberalen Frauen sind entstanden, weil FDP-Frauen Kritik an der | |
Frauenförderpolitik der eigenen Partei hatten. Wenn die Frauen jetzt | |
gefördert werden – braucht es Ihre Vereinigung dann noch? | |
Die wird es immer brauchen. Es gibt einfach Themen, die nur Frauen | |
betreffen und die insofern auch nur von Frauen behandelt werden sollten. | |
Der Paragraf 219 a StGB zum Beispiel schränkt die Informationsfreiheit von | |
Frauen in empfindlicher Weise ein und sollte ersatzlos gestrichen werden. | |
Da haben die Einwürfe unseres Gesundheitsministers Jens Spahn einfach | |
nichts zu suchen. | |
11 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Patricia Hecht | |
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