# taz.de -- Förderung des Wissenschaftstransfers: Hemmschwellen abbauen | |
> Mit dem Förderprogramm „Innovative Hochschule“ soll auch der Kontakt | |
> zwischen Wissenschaft und Bürgern gefördert werden. | |
Bild: Universitäten suchen verstärkt den Kontakt zu ihrem regionalen Umfeld | |
BERLIN taz | „Blue Square“ nennt die Ruhr-Uni Bochum den fünfstöckigen | |
Wissens-Bau in der Innenstadt, dessen Fenster abends bläulich schimmern. | |
Mark Frömmrich spricht lieber von der „Universität zum Anfassen“, denn hi… | |
soll auch sprachlich ein, wie er sagt, „niedrigschwelliger Zugang zur | |
akademischen Welt“ geboten werden. Frömmrich ist für die | |
Wissenschaftskommunikation der RUB zuständig und „Blue Square“ ist das | |
Bochumer Leitprojekt für die sogenannte „Dritte Mission“, mit der | |
Hochschulen sich stärker dem gesellschaftlichen und regionalen Umfeld | |
zuwenden wollen. | |
Inzwischen ist ein landesweiter Öffnungsprozess in Gang gekommen, der neben | |
den beiden Hauptmissionen jeder Hochschule, die Lehre und die Forschung, | |
auch als dritte Aktivität den Transfer in die Wirtschaft und den Kontakt | |
zur Bürgerschaft fördert. Vor Kurzem fand in Berlin die | |
Auftaktveranstaltung für die Bund-Länder-Initiative [1][„Innovative | |
Hochschule“] statt, die dafür in den nächsten fünf Jahren 550 Millionen | |
Euro bereitstellt. Das Thema beschäftigt auch den Wissenschaftsrat, der in | |
seiner letzten Sitzung im Januar ein [2][Papier zu den „regionalen | |
Kooperationen wissenschaftlicher Einrichtungen“ (pdf-Datei)] | |
verabschiedete. | |
Bochum, nach Nokia- und Opel-Wegzug mitten im wirtschaftlichen | |
Strukturwandel, braucht dringend wissenschaftliche Auffrischung für die | |
nachindustrielle Ökonomien. Mark Frömmrich ist mit seinem | |
Kommunikationsansatz zufrieden, der seit 2013 an die 5.600 Besucher zu | |
Vorträgen und Veranstaltungen in den „Blue Square“ gelockt hat. „Besonde… | |
gut besucht sind aktuelle Themen, etwa zur Digitalisierung“, sagt er. 59 | |
Prozent der Besucher kommen aus der Stadt, nur 31 Prozent sind | |
Uni-Angehörige. Die ältere Generation schätzt die Gratis-Vorlesungen: 70 | |
Prozent der Besucher sind über 50, die unter 30-jährigen sind nur zu 20 | |
Prozent dabei. | |
Die 29 Projekte von insgesamt 48 Hochschulen und 23 außerwissenschaftlichen | |
Partnern hatten zum Programmstart allerdings überwiegend konventionellen | |
Technologietransfer und gewohnte Innovationslyrik im Angebot. Die | |
Technische Hochschule Wildau will sieben neuen „Transferscouts“ durch die | |
Labore schicken, die zudem „Testbeds“ und „Showrooms“ für neue | |
Technikanwendungen anbieten sollen. Die Pädagogische Hochschule Heidelberg | |
will sich im „bidirektionalen Transfer von Bildungsinnovationen im | |
außerschulischen Bereich“ engagieren. Wo Projekte konkret beschrieben | |
werden, wirken sie mitunter schräg. | |
Die Hochschule Anhalt arbeitet mit 35 regionalen Partnern an der | |
Digitalisierung der Lebenswissenschaften. Im Kontext von „Smart Farming“, | |
der digitalisierten Landwirtschaft, sollen Drohnen entwickelt werden, die | |
im Kornfeld die Brutplätze von Singvögeln ausfindig machen, und die Daten | |
dem Mähdrescher meldet, bevor Unheil geschieht. Die „innovative Hochschule“ | |
ist erkennbar ein Programm mit Suchprozess, das sein Profil noch finden | |
muss. | |
## Virtuelle Super-Uni | |
In der Theorie ist der Wissenschaftsrat schon einen Schritt weiter. Zwar | |
stellt sein Papier Fortschritte in den letzten Jahren fest und nennt dabei | |
konkret die „Universitätsallianz Ruhr“, der virtuellen Super-Uni aus | |
Bochum, Dortmund und Duisburg-Essen, dem „Forschungscampus Mittelhessen“ | |
und den Spitzencluster Ostwestfalen-Lippe („It’s OWL“). Ein Verbund neuer… | |
Typs ist die „Mainzer Wissenschaftsallianz“, deren Netzwerk aus der | |
Beteiligung am Wettbewerb des Stifterverbandes „Stadt der Wissenschaft“ | |
entstand. | |
Der Wissenschaftsrat empfiehlt mehr „Initiativen zur gesellschaftlichen | |
Verankerung von Wissenschaft“ in der Region. „Viele wissenschaftliche | |
Einrichtungen nehmen den Doppelcharakter der Region als Gelegenheits- und | |
Verantwortungsraum noch nicht hinreichend wahr“, schreibt das Gremium. Im | |
Austausch mit der Zivilgesellschaft werde der Wissenschaft dabei „ein | |
besonderes Maß an Kommunikationsfähigkeit abverlangt“. Nicht zuletzt | |
benötige die neue Vernetzung einen intensiveren Erfahrungsaustausch. „Es | |
fehlt insbesondere“, bemängelt der Wissenschaftsrat, „ein übergreifender | |
Dialog darüber, welche Formen der Koordination welchen Zielen besonders | |
dienlich sind.“ | |
7 Apr 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bmbf.de/de/innovative-hochschule-2866.html | |
[2] https://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/pm_0218.pdf | |
## AUTOREN | |
Manfred Ronzheimer | |
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