# taz.de -- EU plant militärisches Schengen: Schneller an die Ostfront | |
> Die EU-Kommission will die „militärische Mobilität“ in Europa fördern … | |
> und das mitten in der Krise mit Russland. Die zivile Mobilität hingegen | |
> hinkt. | |
Bild: Schon wieder nach Osten? | |
Brüssel taz | Freie Fahrt für westliche Panzer: Nach diesem Motto hat die | |
EU-Kommission am Mittwoch eine neue, umstrittene Initiative gestartet. Der | |
Vorschlag der Brüsseler Behörde, der in Anlehnung an die Reisefreiheit im | |
Schengen-Raum auch „militärisches Schengen“ genannt wird, ist Teil der | |
geplanten Verteidigungsunion der 28 EU-Staaten. Vor dem Hintergrund [1][der | |
Skripal-Krise] ist es aber auch eine weitere Warnung an Russland | |
Als Reaktion auf den Giftgasanschlag auf den ehemaligen russischen | |
Doppelagenten Sergej Skripal in Großbritannien hatten [2][mehrere | |
EU-Staaten] am Montag und Dienstag Dutzende russische Diplomaten | |
ausgewiesen. EU-Ratspräsident Donald Tusk hat weitere Strafmaßnahmen | |
angekündigt. Außerdem will sich die EU besser gegen ABC-Waffen und | |
„hybride“ Bedrohungen etwa im Internet schützen. Nun kommt noch die | |
Initiative der Kommission hinzu. | |
Sie zielt darauf ab, Truppen und schweres militärisches Gerät wie Panzer | |
schneller in mögliche Einsatzgebiete zu transportieren. Dabei geht es | |
offenbar um die Verlegung an die Ostgrenze zu Russland, auch wenn die | |
EU-Kommission dies am Mittwoch nicht offen sagen wollte. | |
Verkehrskommissarin Violeta Bulc vermied sogar den Begriff „militärisches | |
Schengen“, unter dem der Plan seit Wochen in Brüsseler EU-Kreisen gehandelt | |
wird. | |
Stattdessen ist nun von „militärischer Mobilität“ die Rede. „Es geht da… | |
öffentliche Gelder effizienter einzusetzen und das Verkehrsnetz besser | |
auszurüsten, um eine zügige und nahtlose Mobilität auf dem ganzen Kontinent | |
zu gewährleisten“, so Bulc. Dabei handele es sich um eine Frage der | |
kollektiven Sicherheit. Wie teuer die Aufrüstung von Autobahnen und | |
Bahngleisen wird, ließ die EU-Kommission offen. | |
## Bekommt das Militär Vorfahrt? | |
Dabei ist eben diese Aufrüstung letztlich entscheidend. Auch in Deutschland | |
ist oft nicht genug Geld für die Ausbesserung von Schlaglöchern und maroden | |
Brücken da. Die „zivile Mobilität“ leidet seit Jahren unter einer massiven | |
Investitionslücke. Bekommt das Militär nun Vorfahrt? | |
Unbeantwortet blieb auch die Frage, ob sich auch neutrale Staaten wie | |
Österreich oder Irland an der EU-Initiative beteiligen müssen. Sie stehen | |
der Verteidigungsunion skeptisch gegenüber und verweisen auf die Nato, die | |
zuerst fürs Militär zuständig sei. Österreich hat sich auch nicht an der | |
Ausweisung russischer Diplomaten beteiligt. „Nichts wird ohne die | |
Zustimmung der Mitgliedstaaten geschehen“, beschwichtigte Bulc. | |
Tatsächlich muss auch dieser Vorschlag noch von den EU-Mitgliedsländern | |
abgesegnet werden. Im Dezember wurde die sogenannte ständige strukturierte | |
Zusammenarbeit (englisch abgekürzt: Pesco) aus der Taufe gehoben. Sie soll | |
die EU auf dem Weg zur Verteidigungsunion voranbringen. Bis 2019 wird die | |
EU-Kommission ermitteln, welche Teile des transeuropäischen Verkehrsnetzes | |
für Militärtransporte geeignet sind. | |
Weniger flott geht es beim Abbau der Grenzkontrollen zwischen den | |
Schengen-Staaten voran. Nach 2015, als sehr viele Flüchtende nach Europa | |
kamen, waren sie immer wieder verlängert worden. Ursprünglich wollte die | |
EU-Kommission bereits im vergangenen Jahr die Reisefreiheit | |
wiederherstellen. Doch Deutschland, Frankreich und andere EU-Staaten | |
setzten eine Verlängerung durch. Wenn es dabei bleibt, könnte die | |
„militärische Mobilität“ schneller Fortschritte machen als die zivile. | |
28 Mar 2018 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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