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# taz.de -- Proteste gegen Antisemitismus in London: Labour unter Druck
> Jüdische Verbände in London demonstrieren gegen Antisemitismus in der
> Labour-Partei. Abgeordnete solidarisieren sich mit dem Protest.
Bild: Parteiübergreifend gegen Antisemitismus: Vorne die Abgeordneten Sajid Ja…
London taz | Als sich am Montagabend auf dem Londoner Parliament Square
jüdische und einige nicht-jüdische Demonstranten zum Protest gegen [1][den
Antisemitismus] in der Labour-Partei versammelten, war es nicht in der
Dimension der 1930er Jahre, als sich das jüdische London gegen die
faschistischen Blackshirts stellte. 500 bis 700 Personen folgten nach
Polizeiangaben dem Aufruf des jüdischen Dachverbandes „Board of Deputies“
(Bod) und des Rates jüdischer Vertretungen „Jewish Leadership Council“
(JLC), gegen den Antisemitismus in der Labour-Opposition zu demonstrieren.
Die Organisatoren sprachen von kurzfristiger Mobilisierung in den sozialen
Medien, die dennoch respektable Mengen aufgebracht hatte. Unter den
Teilnehmern waren zahlreiche Parlamentsabgeordnete, darunter mindestens 15
von Labour selbst – einschließlich prominenter Figuren wie Harriet Harman,
Yvette Cooper und Chuka Umunna. Viele der Versammelten trugen schwarze
Plakate mit den Worten „Enough is Enough“ (Genug ist genug), einige auch
sarkastisch „Labour for all, not for Jews“, (Labour ist für alle, aber
nicht für Juden).
In der Mitte des Platzes auf einer kleinen Erhöhung mit Lautsprecheranlage
sprachen die Bod- und JLC-Vorsitzenden die Menge an. Jonathan Goldstein
(JLC) erwähnte das bevorstehende Pessachfest, wo traditionell das Lied
Dajenu (Es ist uns genug) gemeinsam gesungen wird. „Wir haben auch genug
vom Antisemitismus. Dieser ist nicht ok in einer politischen Partei des
Mainstreams“, bemerkte er und wurde mit lauter Zustimmung begrüßt.
Johnathan Arkush (Bod) griff in seiner Ansprache auf, dass trotz ihrer
antisemitischen Äußerungen die Labour-Politiker Ken Livingstone, Jacqui
Walker und Chris Williamson immer noch in der Partei seien. Der
Labour-Abgeordnete Wes Streeting schloss sich der Forderung an, dass diese
Personen aus der Partei zu verschwinden hätten. Arkush forderte einen
Kulturwechsel auf allen Ebenen bei Labour. Beim Antisemitismus seien da
Dinge akzeptabel, die beispielsweise bei Sexualverbrechen unmöglich wären.
„Wenn Juden Argumente zum Antisemitismus erheben, schieben manche die
Schuld auf die Geschädigten. Dies ist völlig inakzeptabel.“
Mehrere weitere Labour-Abgeordnete meldeten sich hierauf zu Wort. John Mann
entschuldigte sich dafür, dass es zu dieser Versammlung kommen hatte
müssen, denn „jüdische Arbeiter standen an der Wiege der Partei“, erinner…
er. Antizionismus sei nur eine Ausrede für Rassismus. Er forderte, dass
alle Antisemiten aus der Partei ausgeschlossen werden sollten.
Nach ihm berichtete die ehemalige Chefin der Londoner Bezirksverwaltung
Haringey, die auf Druck des Corbyn-treuen Flügels ihren Posten räumen
musste, vom Widerstand in ihrem Ortsverein gegen eine Resolution zur
Bekämpfung des Antisemitismus, und von einem jüdischen Genossen der mit
antisemitischen Bemerkungen angegriffen wurde.
Luciana Berger aus Liverpool las antisemitische Begebenheiten aus nur der
vorherigen Woche vom Blatt: Die Suspendierung eines Stadtrates wegen
Holocaustverleugnung. Die Einstellung eines Holocaust-Geschichtstrainings,
weil ein Genosse behauptet hatte, es sei von israelischen Geldern getragen.
Ein anderer Genosse, der behauptete, Antisemitismus sei im Namen der
Meinungsfreiheit zu akzeptieren.
Berger, die einst selbst antisemitische Attacken erleben musste, für die
zwei Personen zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden, forderte die Menge
auf, der jüdischen Arbeiterbewegung beizutreten, um den Kampf zu stärken.
Louise Ellman, eine weitere Labour-Abgeordnete aus Liverpool, erklärte zum
großen Beifall der Versammelten den Kampf gegen Antisemitismus zum Kampf
der Gesellschaft allgemein und nicht nur der jüdischen Gemeinschaft.
## Debatte ist noch lange nicht beendet
Zum Gegenprotest mobilisierte der jüdische Labour-Verband „Jewish Voices
for Labour (JVL) an die 200 Personen. Das sorgte für ausgiebigen
Argumentationsaustausch. JVL-Vizepräsidentin Leah Levane wollte
sicherstellen, wie sie der taz sagte, dass alle wissen, dass sie sich nicht
vom Bod oder der JLC vertreten sehe. „Parteiführer Corbyn leidet seit 2015
unter ständigen Attacken durch konservative Kräfte. Er ist kein Antisemit!“
Sie vertrete Personen, die sich gegen die Besetzung palästinensischer
Gebiete aussprechen würden sowie gegen Rassismus und Antisemitismus.
Während sie sich äußerte, musste sie sich Beschimpfungen von Umstehenden
wie, „Schämt Euch“ gefallen lassen.
Die Debatte um Corbyn und Antisemitismus scheint noch lange nicht beendet.
Politisch scheint Labour jedoch unter immensem Druck zu stehen. Alle Augen
sind nun auf den nächsten Schritt des Parteichefs gerichtet.
„Ich war immer eine Labourwählerin“, sagt die Demonstrantin Rebeka Jones,
eine 53-jährige Südlondonerin. Corbyn könne sie aber nicht wählen, bis der
der Antisemitismus aus der Partei verbannt sei. „Antisemitismus ist ein
Hassverbrechen wie alle anderen und muss so behandelt werden“, fordert sie.
Alia Derriey, 17, aus Südwestlondon, fühlte sich von Labour angesprochen –
und vom Antisemitismus in der Partei abgestoßen.
27 Mar 2018
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## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn
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