# taz.de -- Ruhe in der Elfenbeinküste: Versöhnung kommt nicht so schnell | |
> Bei den Senatswahlen in der Elfenbeinküste wurde erneut deutlich, wie | |
> tief gespalten das Land sieben Jahre nach Kriegsende bleibt. | |
Bild: Die Schatten der Vergangenheit: Gemälde des ivorischen Malers Abdoulaye … | |
ABIDJAN/COTONOU taz | „Schrecklich“ ist das Wort, das Ivoire Estelle Zadi | |
einfällt, wenn sie auf die Krise von 2010 bis 2011 angesprochen wird. „Zu | |
dieser Zeit war ich noch Studentin und lebte mit den beiden jüngeren | |
Brüdern meiner Mutter zusammen. Eines Abends wurde einer von ihnen | |
erschossen und starb quasi vor meinen Füßen. Das war ein schwerer Schlag | |
für mich. Es hat sehr lange gebraucht, bis ich das vergessen habe.“ | |
Zwischen Dezember 2010 und April 2011 kamen in der Elfenbeinküste mehr als | |
3.000 Menschen gewaltsam ums Leben. Auslöser war eine heiß umkämpfte | |
Stichwahl um das Präsidentenamt. Amtsinhaber Laurent Gbagbo erkannte seine | |
Niederlage gegen Herausforderer Alassane Ouattara nicht an, ging gegen die | |
Opposition vor und wurde schließlich im April 2011 von Rebellen gemeinsam | |
mit französischen Eingreiftruppen verhaftet. Er muss sich vor dem | |
Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verantworten, während Ouattara | |
die Elfenbeinküste regiert. | |
Auch Jahre später kommen Ivoire Estelle Zadi die Erinnerungen hoch. Von | |
selbst spricht die junge Frau, die als Jahrgangsbeste das Jurastudium an | |
der Universität von Bouaké abgeschlossen hat, die Krise aber nicht an. Sie | |
sagt auch nicht, wen sie für den Tod ihres Onkels verantwortlich macht – | |
obwohl sie politisch in der Allianz des Präsidenten Ouattara als | |
Verantwortliche für junge Frauen aktiv ist. Gerade unter Studenten sei all | |
das ein „sensibles Thema“, mahnt sie: „Eine Aussage, die vielleicht nicht | |
ganz passend ist, kann schnell zu Gewalt führen.“ | |
Denn die Krise ist längst nicht verarbeitet. Die Gbagbo-Anhänger | |
boykottierten die Wahlen von 2015. Ouattara, der mit 84 Prozent der Stimmen | |
gewann, kündigte an, sich in seiner zweiten Amtszeit besonders der | |
Aussöhnung und dem friedlichen Zusammenleben widmen zu wollen. | |
Doch als am vergangenen Samstag die gewählten Gemeinderäte des Landes den | |
Senat wählten, die zweite Kammer des ivorischen Parlaments, boykottierte | |
die Opposition erneut. Das bescherte der Regierungskoalition bei den | |
Senatswahlen zwar einen Sieg. Aber sie holte nur 50 der 66 zur Wahl | |
stehenden Sitze. | |
Noch umkämpfter als die Senatswahl wird nun die nächste | |
Präsidentschaftswahl. Während des letzten Urnengangs 2015 bestand noch die | |
Hoffnung, dass es 2020 tatsächlich zu einem Generationswechsel kommen | |
könnte, da Ouattara versichert hatte, dann nicht mehr anzutreten. | |
Davon ist heute nichts mehr zu spüren. Alle voraussichtlichen Akteure haben | |
ihre Wurzeln in der Zeit der Krise. Parlamentspräsident Guillaume Soro war | |
einst politischer Führer der Rebellen, Premierminister Amadou Coulibaly | |
diente unter Gbagbo als Agrarminister – ein wichtiger Posten im größten | |
Kakaoexportland der Welt. | |
## Warten auf den Showdown 2020 | |
Offen will es im Moment keiner sagen, aber es wird mittlerweile immer mehr | |
darüber spekuliert, dass die Wahlen 2020 erneut eskalieren könnten. Denn | |
ungelöst ist beispielsweise die Spaltung innerhalb der Armee. Vergangenes | |
Jahr meuterten Soldaten, die während der Krise als Rebellen Ouattara | |
unterstützt hatten, und verlangten mehr Geld. | |
Ein Jahr später heißt es zwar, dass die Situation besser sei. Mit Hamed | |
Bakayoko gibt es einen neuen Verteidigungsminister, der die | |
Restrukturierung und Verkleinerung der Streitkräfte umsetzen soll. Doch das | |
kann Jahre dauern. | |
Bei den Senatswahlen zeigte sich, wie umstritten der Umgang der Regierung | |
mit den Meuterern ist: in Bouaké, der ehemaligen Rebellenhauptstadt, die | |
auch Zentrum der Meutereien war, siegten Unabhängige gegen die | |
Regierungsallianz, obwohl diese die Mehrheit der Kommunalpolitiker stellt. | |
„Die Krise hat bis heute einen großen Einfluss auf die Gesellschaft und das | |
politische Leben“, sagt in Abidjan Abraham Denis Yaurobat, Präsident der | |
Menschenrechtsorganisation APDH (Aktionen zum Schutz der Menschenrechte). | |
Ein Problem sei: Zwischen Regierung und Opposition gibt es keinen Dialog. | |
Helfen könnte nach Ansicht von Yaurobat eine Verringerung des Einflusses | |
der Parteien. „Solange dieser so stark bleibt, wird es stets eine | |
Partisanenlogik geben.“ | |
29 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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